Orofaziale Granulomatose
Die orofaziale Granulomatose ist eine seltene, entzündliche Erkrankung des Mundraums und Gesichts. Sie umfasst verschiedene Krankheitsbilder wie das Melkersson-Rosenthal-Syndrom und die Cheilitis granulomatosa. Charakteristisch sind wiederkehrende oder dauerhafte Schwellungen der Lippen und andere chronisch-entzündliche Veränderungen der Mundschleimhaut.
Warum bekomme ich eine Orofaziale Granulomatose?
Die genaue Ursache der orofazialen Granulomatose ist nicht abschließend geklärt. Folgende Faktoren werden diskutiert:
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genetische Veranlagung
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Fehlsteuerung des Immunsystems
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Infektionen
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allergische Reaktionen (v. a. auf Lebensmittelzusatzstoffe bzw. Zahnmaterialien)
Mehr zur Rolle von Allergien beim Mundschleimhaut-Befund:
→ Allergische Reaktionen im Mundraum
Typische Symptome der orofazialen Granulomatose
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Lippenschwellungen (ein- oder beidseitig, im Verlauf chronisch und dauerhaft möglich)
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„Pflasterstein“-artige Verdickungen bzw. Schwellungen am Zahnfleisch
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Lingua plicata („Faltenzunge“)
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Zahnfleischentzündung (Gingivitis)
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Zahnfleischwucherungen (Gingivahyperplasie)
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Aphten und Läsionen der Mundschleimhaut
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Fissuren an Schleimhaut und Zahnfleisch
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wiederkehrende Gesichtsschwellungen (Wangen, Augenlider)
Wie sichert man die Diagnose orofaziale Granulomatose?
Die Diagnose basiert auf dem klinischen Bild, unterstützt durch:
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Biopsie aus betroffenen Bereichen (Nachweis von Granulomen)
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Blutbild (Ausschluss anderer Erkrankungen)
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Allergietests
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Koloskopie (Screening auf Morbus Crohn)
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Röntgen Thorax (bei V. a. Sarkoidose)
Differenzialdiagnose: Was kann es noch sein?
Da es sich um ein seltenes Krankheitsbild handelt, ist die Abgrenzung zu ähnlichen Erkrankungen entscheidend. Typische Differenzialdiagnosen sind:
Differenzialdiagnose | Abgrenzungskriterium |
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Angioödem | plötzliche Schwellung durch Flüssigkeitseinlagerung, ohne persistierende Granulome |
Morbus Crohn | granulomatöse Veränderungen im Gastrointestinaltrakt; oraler Erstmanifestation möglich |
Sarkoidose | systemische Erkrankung mit Granulomen in Lunge und Lymphknoten |
Infektionen | z. B. Herpes-Simplex, Syphilis (Lues), Diphtherie |
Trauma / Reizungen | mechanisch bedingte Lippenschwellung durch Verletzung, Biss oder Schlag |
Behandlungsmöglichkeiten
Eine kausale Heilung ist derzeit nicht möglich. Ziel der Therapie ist die Symptomkontrolle und Verbesserung der Lebensqualität.
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Ziel der Behandlung: Linderung der Symptome, Vermeidung dauerhafter Gewebeveränderungen
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Frühe Stadien: topische Kortikosteroide (z. B. als Salbe oder lokal appliziert)
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Progrediente Verläufe: systemische Kortikosteroide oder Immunsuppressiva (z. B. Azathioprin, Methotrexat, TNF-α-Hemmer in Einzelfällen)
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Therapieresistente Läsionen: chirurgische Reduktion v. a. bei massiver, entstellender Lippenschwellung
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Seltene Spontanremissionen sind beschrieben, aber kaum prognostizierbar
Prognose & Verlauf der Orofaziale Granulomatose
Der Verlauf ist individuell unterschiedlich. Ein früher Therapiebeginn verbessert meist die Chancen auf eine längerfristige Rückbildung der Beschwerden. Wichtig ist eine sorgfältige interdisziplinäre Abklärung (u. a. in Zusammenarbeit mit Hausarzt, Dermatologie und ggf. Gastroenterologie).
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist die orofaziale Granulomatose ansteckend?
Nein, es handelt sich nicht um eine Infektionskrankheit.
Worauf sollte ich bei wiederholten Lippenschwellungen achten?
Bei anhaltenden oder rezidivierenden Schwellungen empfiehlt sich eine fachärztliche Abklärung, um seltene Ursachen wie die orofaziale Granulomatose rechtzeitig zu erkennen.
Tipp: Nutzen Sie auch das implantate.com-Glossar zu sonstigen Erkrankungen der Mundhöhle & Mundschleimhaut für weiterführende Infos.
implantate.com-Fazit
Die orofaziale Granulomatose ist eine seltene, schwer therapierbare Entzündungserkrankung an Lippen, Mundschleimhaut und Gesicht. Sie stellt ein diagnostisches und therapeutisches Problem dar, da die Ursachen unklar sind und eine enge Differenzialdiagnostik (v. a. gegenüber Morbus Crohn und Sarkoidose) notwendig ist. Für Patienten gilt: frühe Diagnosestellung, zeitnaher Therapieversuch mit Kortikosteroiden und interdisziplinäre Abklärung sind entscheidend, um Krankheitsfolgen möglichst gering zu halten.
IMPLANTAT-SPEZIALISTEN IN IHRER NÄHE
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- Keita Dyami: Orofaziale Granulomatose. Dissertation, Universität Würzburg (2022), mit umfassender Übersicht zu Klinik, Diagnose und Therapie. PDF Volltext
- Sutter E et al.: „Diagnostik und Therapie der orofazialen Granulomatose“. Quintessenz Zahnmedizin 11/17. Umfassender Übersichtsartikel für die zahnärztliche Praxis. Online lesen
- Grave B, McCullough M, Wiesenfeld D: „Orofacial granulomatosis – a 20-year review“. Oral Dis 2009;15:46–51. (Literaturzitierung im oben verlinkten Quintessenz-Beitrag, wichtige Übersichtsarbeit zur Langzeitentwicklung) Zum Artikel
- Bornstein MM: Das Melkersson-Rosenthal-Syndrom. Swiss Dental Journal, 2023. Klinische Einordnung, Differenzialdiagnose und Fallbeispiele. PDF
- Melkersson-Rosenthal-Syndrom. DocCheck Flexikon – Lexikonartikel mit weiteren wissenschaftlichen Literaturangaben. Zum Artikel
- Cheilitis granulomatosa – Case Library. Kasuistik zur Diagnostik und Verlaufsbewertung, Kosmetische Medizin (2014). Zum Artikel
- Cheilitis granulomatosa und interdisziplinäre Zusammenarbeit (Zahnmedizin, Dermatologie): Quintessenz Parodontologie 2015/04. Zum Artikel