30. Kongress der DGI: Was eine Implantattherapie erfolgreich macht

Wenn der DGI-Kongress 2016 zum zweiten Mal in Hamburg stattfindet, ist auch der Kongresspräsident derselbe: DGI-Pastpräsident Priv. Doz. Dr. Gerhard Iglhaut, Memmingen, hat diese Aufgabe übernommen. Das Motto der Tagung lautet: „Qualität sichern – der Erfolgskorridor in der Implantologie.“ Damit knüpfen PD Dr. Iglhaut und seine Kollegen an den erfolgreichen DGI-Kongress im Jahr 2010 in Hamburg an.
Erfolgsfaktoren im Zentrum. Doch während die Teilnehmer damals darüber diskutierten, wie sich Misserfolge erkennen und beherrschen lassen, geht es dieses Mal darum, jene Faktoren zu beschreiben, welche eine Therapie erfolgreich machen. Rund 90 Experten aus neun Ländern werden diese Faktoren in allen Foren des Kongresses beleuchten – in der Implantatchirurgie ebenso wie in der Implantatprothetik. Die Erfolgsfaktoren Material und Therapiekonzept, Technologie und Innovation und die Ästhetik stehen im Mittelpunkt des Forums Implantatprothetik und Zahntechnik. Im Forum Wissenschaft geht es um aktuelle Entwicklungen bei Materialien und chirurgischen Techniken. Im Forum Assistenz geht es um die präventive Betreuung des Implanttpatienten, aber auch um das Gehirn zwischen Reizüberflutung und Multitasking sowie um den professionellen Umgang mit Erstattungsschwierigkeiten.
Der Blick über den fachlichen und nationalen Tellerrand ist dem Kongresspräsidenten ebenso wichtig wie dem DGI-Präsidenten Prof. Dr. Frank Schwarz, Düsseldorf. Dies spiegelt das Programm der Tagung wieder, in dem internationale Referenten sowie Experten anderer Fachrichtungen zu Wort kommen. Die Internationalität und Interdisziplinarität wird etwa deutlich im Forum Praxis und Wissenschaft, in dem Referenten aus Ungarn, Spanien, Frankreich und Italien Ihre Sicht der Dinge beschreiben. (Die Vorträge werden simultan übersetzt.) Zu den Höhepunkten gehören sicherlich auch die Präsentation der Peri-X-Studie der DGI zur Implantat-Unverträglichkeit sowie die Diskussion der aktuellen Leitlinien für die Implantologie, an denen viele Fachgesellschaften mitgewirkt haben.
Die nexte Generation der DGI bestreitet nicht nur gemeinsam mit der Osteology Foundation ein eigenes Forum, sondern organisiert die Tischdemonstrationen „Implantologie für Einsteiger“ und zeichnet vor allem auch für den Festabend verantwortlich, der unter dem Motto steht: „Never stand still.“ Die AG Keramik beteiligt sich ebenfalls wieder an der Tagung und hat ihr 16. Symposium integriert.
Die bewährte Struktur mit verschiedenen Foren macht den Kongress zu einer Plattform für das ganze Team. Dieses Konzept wird in Hamburg beibehalten – allerdings wird es kleine Änderungen geben. Beispielsweise werden die DGI-Landesverbände stärker in die Programmgestaltung eingebunden. Sie erhalten in Hamburg erstmals ein eigenes Forum, das die Landesverbände Norddeutschland und Niedersachsen gestalten. Das Thema: Praxisnahe Implantitis-Therapie.
Überblick und Orientierung. Wie immer sind dem Kongress am 24.November sieben Workshops der Sponsoren vorgeschaltet und die begleitende internationale Fachmesse „Implant expo“ bietet Überblick und Orientierung zu den neuesten Trends und Produkten in der und für die Implantologie.

Nachgefragt bei Prof. Dr. mult. Robert Sader, Frankfurt
Knochen- und Weichgewebschirurgie gehören zusammen!
Experten diskutieren beim 30. DGI-Kongress in Hamburg das Thema Vertikale Augmentation. Prof. Dr. mult. Robert Sader, Frankfurt, wird dabei die biologischen Erfolgsparameter bei der komplexen Rehabilitation beleuchten. Die Redaktion hat bei ihm nachgefragt.

Ab wann ist eine Rehabilitation bei vertikalem Knochenverlust für Sie komplex?
Biologisch gesehen bedingt der Allgemeinzustand des Patienten die Komplexität. Komplex wird die Rehabilitation etwa bei einem älteren multimorbiden Patienten, dessen Begleiterkrankungen die knöcherne Rehabilitation beeinflussen. Das ist etwa der Patient mit Diabetes oder die Patientin mit einer Bisphosphonat-Behandlung. Und dann gibt es noch die individuell unterschiedliche Wahrnehmung eines Falles als komplex, gemeint ist damit jene persönliche Grenze, ab der Kollege oder die Kollegin der Meinung ist, dass ein Patient besser an einen Spezialisten überwiesen wird – wobei dieser sich durchaus in der eigenen Praxis finden kann, das ist nicht berufsgruppenspezifisch gemeint.

Wenn es um Erfolgsparameter geht – welcher fällt Ihnen da zunächst ein?
Wenn es um den Therapieerfolg geht, müssen wir die Bedeutung von Knochen und Weichgewebe als absolut gleichwertig ansehen. Wir haben uns in den letzten Jahrzenten vorwiegend um den Knochen gekümmert, aber inzwischen rückt das Weichgewebe stärker in den Fokus – zu Recht. Die Weichgewebschirurgie wird wichtiger werden. Davon bin ich überzeugt. Ich bin auch der Meinung, dass man beides nicht voneinander trennen kann. Wer Knochenchirurgie macht, sollte auch die zugehörige Weichgewebschirurgie beherrschen. Hier besteht sicherlich auch noch Bedarf in der Fortbildung.

Wird die Knochenchirurgie an Bedeutung verlieren?
Die Industrie versucht natürlich Konzepte zu entwickeln, die möglichst einfach sind und von möglichst vielen Kolleginnen und Kollegen angewendet werden können. Wir werden aber nie ohne Chirurgie auskommen. Die neuen Konzepte, etwa die kurzen Implantate, werden ihren Stellenwert bekommen. Wenn wir sicher sind, wo und wann diese funktionieren, muss man in solchen Fällen nicht mehr augmentieren.

Was bedeutet dies für die Implantologie?
Das System wird sich insgesamt weiterentwickeln. Wir haben die kurzen Implantate, wir haben für spezielle Situationen die Zygoma-Implantate. Aber eigentlich wissen wir noch viel zu wenig über die echte Biomechanik von Implantaten. Es gibt keinen Zahn, der aussieht wie ein Zylinder oder eine Schraube. Die Form eines Zahnes entwickelt sich aber nach biomechanischen Gesichtspunkten. Die Weiterentwicklung der CAD/CAM-Verfahren wird uns die Möglichkeit eröffnen, Implantate zunehmend individualisiert herzustellen. Solche Entwicklungen gibt es ja bereits in anderen Bereichen der Medizin. Wenn es gelingt, gleichzeitig die Kosten zu verringern, werden wir hier irgendwann auch noch eine ganz andere Tür aufstoßen und ganz andere Implantatformen bekommen.

Warum sollte man den 30. Kongress der DGI auf keinen Fall versäumen?
Der Kongress ist in der allgemeinen Tagungsflut ein Jour fixe in der Implantologie, der den state of the art abbildet, der aber gleichzeitig auch die Trends zeigt, wohin sich das Gebiet in den nächsten Jahren entwickelt. Hier stehen die Zeichen ganz sicher auf mehr Interdisziplinarität und Interprofessionalität, die verschiedenen medizinischen und zahnmedizinischen Bereiche werden nicht nur enger zusammenarbeiten, sondern sich auch stärker durchdringen.

Letzte Aktualisierung am Sonntag, 15. Mai 2016