Zahnersatz: Womit Sie bei Kronen und Brücken rechnen müssen


Seit Januar gelten neue Abrechnungsregeln für den Zahnersatz. Doch für Patienten ist das neue System nur schwer durchschaubar.

Nicht nur Zähne können mitunter schmerzen – auch der Preis für die
Reparatur kann richtig wehtun. Seit sich die Zuzahlungsregeln für
Kronen, Brücken und Prothesen im Januar geändert haben, müssen viele
Patienten kräftig draufzahlen. Zumindest dann, wenn sie mehr als den
Standardzahnersatz im Mund haben möchten. Allerdings haben sie
gleichzeitig auch eine größere Wahlfreiheit gewonnen – für ein
Zahnimplantat etwa gaben die Kassen früher nichts dazu, jetzt zahlen
sie einen Zuschuss.

Der Eigenanteil der gesetzlich Versicherten hat sich seit der
Neuregelung deutlich erhöht. Bekamen Patienten bei einer Brücke, die
rund 1555 Euro kostete, im vergangenen Jahr noch 869 Euro von der Kasse
dazu, beträgt der Zuschuss in diesem Jahr nur noch 467 Euro, hat der
Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen ausgerechnet.

Nach Zahlen der AOK Bayern ist der Anteil der preiswerten
Standardversorgungen in den ersten fünf Monaten von 67,2 Prozent der
Fälle im vergangenen Jahr auf 40,2 Prozent zurückgegangen. Dadurch habe
sich der Eigenanteil im Durchschnitt von 599 auf 878 Euro erhöht, also
fast verdoppelt.

Grund ist die neue Abrechnung für den Zahnersatz. Während die Kassen im
vergangenen Jahr noch einen prozentualen Zuschuss zur neuen Brücke oder
Krone zahlten, gibt es seit Januar einen festen Zuschuss für die
Regelversorgung. Für diesen Standard-Zahnersatz in einfacher Ausführung
mit preiswertem Material ändert sich nichts. „Die Kosten für die
Regelversorgung sind gleich geblieben“, sagt Dörte Elß,
Patientenberaterin der Verbraucherzentrale Berlin. Wie hoch der
Zuschuss ist, hängt neben dem Befund des Zahnarztes aber auch weiterhin
davon ab, ob der Patient vorher regelmäßig zum Zahnarzt gegangen ist.

Teuer wird es immer dann, wenn der Patient die Luxus-Variante wählt,
also statt der Standard-Metallkrone mit Keramikverblendung die Krone
aus Vollkeramik. Die Mehrkosten – dann nämlich, wenn während der
Behandlung Komplikationen auftreten. Ohnehin gehe aus dem Heil- und
Kostenplan nicht klar hervor, nach welchem Satz der Zahnarzt
Privatleistungen abrechnet. „Das ist eine völlige Blackbox“, sagt ein
Sprecher des Bundesverbands der Innungskrankenkassen. Die KZBV weist
den Vorwurf zurück.

Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten Patienten vor Beginn der
Behandlung möglichst eine zweite Meinung einholen, die einschätzen
kann, welche Behandlung angemessen ist und welche unnötig und
überteuert ist. „Ich kann die Versicherten nur auffordern, sich bei
ihrer Kasse beraten zu lassen“, sagt Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte
von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Patientenberaterin Elß
fordert die Benennung einer von Kassen und Zahnärzten unabhängige
Beratung. „Wie soll ich sonst beurteilen, welche Behandlung angemessen
ist und welche nicht?“

Um Versicherten zu helfen, ihren Eigenanteil beim Zahnersatz zu senken,
bieten die Deutsche BKK und die DAK vom 1. Juli an ein neues
Internetprogramm an, das auch anderen Kassen offen stehen soll. Unter
der Adresse www.caredental.de können Patienten sehen, welche Labors die
Krone oder Brücke zum günstigsten Preis anfertigen. In der Testphase
haben sich bislang 15 Labors aus Deutschland beteiligt.

Wer sparen will, kann seinen Zahnarzt auch fragen, ob er mit einem
ausländischen Zahntechniklabor zusammenarbeitet. „Der Preis ist in
Polen oder Ungarn deutlich niedriger und die Qualität nicht schlechter
als in deutschen Labors“, sagt Patientenberaterin Elß. Heikel kann das
nur werden, wenn die gelieferte Krone oder Brücke defekt ist. Schon
sorgen sich die Innungen, dass man Arme bald an den Zähne erkennen
kann. So hätten die Kassen zwei Jahrzehnte lang die Kosten für
Prothesen übernommen, die fest an den Zähnen befestigt werden, sagt
Generalsekretär Walter Winkler. „Das hat die Zähne stabilisiert, auch
Ältere kamen damit gut zurecht“, sagt er. Seit Anfang Januar zahlten
sie im Regelfall nur noch einen Festzuschuss für herausnehmbare
Klammerprothesen. Vielen Einkommensschwachen sei der Zuschuss zu
gering, sie wählten die Billigvariante. „Das hat zu einer
Verschlechterung der Versorgung geführt“, schimpft er. Die
Zahntechniker fordern jetzt schnelle Nachbesserungen, um zum alten
Versorgungsniveau zurückzukehren. Natürlich nicht ganz uneigennützig,
denn auch die eigenen Umsätze sind seit Anfang Januar um 50 Prozent
zurückgegangen. 20 Prozent davon entfallen nach Angaben Winklers auf
die Teleskopprothesen.

„In Deutschland gefertigter Zahnersatz wird zwei Jahre lang kostenlos
repariert oder ersetzt“, sagt Elß. „Diese Möglichkeit hat man beim
Zahnersatz aus dem Ausland nicht.“ Darum, rät die
Verbraucherschützerin, sollte man tunlichst schon im Vorfeld abklären,
wer in solchem Fall wie lange die Gewährleistung übernimmt.

Quelle: Der Tagesspiegel

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999