Gesundheitspolitische Mogelpackung: keine Einsparungen durch Zuzahlungen für Arztbesuche

Die Bundesregierung verkauft ihre neuen „Sparpläne“ im Gesundheitswesen als innovativen Weg zur Stabilisierung der Krankenkassenfinanzen. Das Rezept: Zuzahlungen für ambulante Arztbesuche sollen die Patientennachfrage steuern und Kosten senken. Doch das ist Augenwischerei.

Keine Ahnung vom Krankenkassensystem? Nebelkerzen werfen!

Was die offiziellen Verlautbarungen verschweigen: Die meisten ambulanten ärztlichen Leistungen sind bereits streng budgetiert. Die Ausgaben der Krankenkassen steigen oder sinken durch mehr oder weniger Facharztbesuche kaum, da die Gesamtvergütungen fixiert sind.  Steigt die Nachfrage über das Budget hinaus, zahlen nicht die Krankenkassen drauf, sondern die Ärzte bekommen weniger Honorar pro Leistung. Die geplanten Zuzahlungen schaffen also keine Einsparungen für die Kassen, sondern belasten nur Patienten zusätzlich.

Es profitiert keiner von einer Zuzahlung für Arztbesuche

Die geplanten Zuzahlungen schaffen also keine echten Einsparungen für die Kassen, sondern belasten:

  • Patienten durch zusätzliche Kosten
  • Ärzte durch zusätzlichen Verwaltungsaufwand
  • Das Versorgungssystem durch mögliche Behandlungsverzögerungen

Wo die Milliarden wirklich versickern: Der Krankenhaus-Komplex

102,2 Milliarden Euro verschlingt der Krankenhaussektor jährlich – das sind 32,7 Prozent aller GKV-Ausgaben. Zum Vergleich: Die komplette ambulante ärztliche Versorgung kostet nur 50,3 Milliarden Euro.

Das deutsche Krankenhaus-Paradox:

  • 40 Prozent mehr Betten als EU-Durchschnitt
  • Patienten landen schneller und häufiger im Krankenhaus
  • 30 Milliarden Euro Zusatzgeschenke in vier Jahren (Corona-Hilfen, Energie-Hilfen, Inflations-Hilfen)
  • Bundesrechnungshof-Urteil: „ineffiziente Strukturen“

Der Anreiz-Wahnsinn: Lukrative Leistungen ohne Bremse

Während ambulante Ärzte budgetiert sind, können Krankenhäuser bei lukrativen Eingriffen praktisch unbegrenzt abrechnen. Das schafft Fehlanreize: Warum ambulant behandeln, wenn die Klinik mehr bringt?

Praxisgebühr-Déjà-vu: 330 Millionen Euro Verschwendung

Die Geschichte lehrt uns: Von 2004 bis 2012 kostete die Praxisgebühr 330 Millionen Euro nur für die Verwaltung – bei null Steuerungseffekt. Der Bundestag schaffte sie 2012 einstimmig ab: 548 zu 0 Stimmen.

Warum sie scheiterte:

  • Keine nachhaltige Reduzierung der Arztbesuche
  • Massive Bürokratie in den Praxen
  • Sozial Schwache verzichteten auf nötige Behandlungen

Wo können die Kassen wirklich einsparen?

Statt Patienten zu gängeln, die systemgerechten Hebel nutzen:

1. Krankenhaus-Zuzahlungen bei teuren Eingriffen

Wo wirklich Geld fließt, dort auch Eigenverantwortung einfordern. Eine Zuzahlung bei elektiven, teuren Krankenhausleistungen würde echte Steuerungseffekte erzielen – nicht bei budgetierten Hausarztbesuchen.

2. Überkapazitäten abbauen

40 Prozent mehr Betten bedeuten 40 Prozent mehr Fixkosten. Hier liegt das Milliardensparpotenzial, nicht bei 10-Euro-Praxisgebühren.

3. Fehlanreize bei der Krankenhausvergütung korrigieren

Ambulant vor stationär – aber nur, wenn die Vergütungsanreize stimmen. Solange Kliniken für viele Leistungen mehr bekommen als Praxen, bleibt das Lippenbekenntnis.

Fazit: Echte Reform statt Ablenkungsmanöver

Die geplanten Zuzahlungen sind symptomatische Kosmetik statt struktureller Therapie. Sie belasten Patienten, ohne das System zu verbessern.

Die Wahrheit: Wer bei 102 Milliarden Euro Krankenhausausgaben nicht anpackt, aber 50-Millionen-Euro-Zuzahlungen von Patienten einsammelt, betreibt politisches Kleingedrucktes statt Gesundheitspolitik.


Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 22 September 2025