Mundprobleme durch die Einnahme von Medikamenten
Man muss keine exotische Krankheit haben, um an Medikamente zu geraten, die Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen auslösen. Einige Medikamente schwächen generell die Immunabwehr oder beeinträchtigen die Wundheilung, zum Beispiel Immunsuppressiva oder Kortikosteroide. Durch die Einnahme wird man anfälliger für Infekte und Verletzungen heilen nur langsam. Das kann das Risiko für Entzündungen erhöhen, auch im Mundraum.
Die meisten Deutschen nehmen regelmäßig Medikamente ein, viele täglich. Einige nehmen jeden Tag mehrere Präparate in Kombination ein.
Zu den am häufigsten eingenommenen Medikamenten zählen:
- Blutdrucksenkende oder Blutdrucksteigernde Mittel,
- Herzmedikamente,
- Durchblutungsfördernde Mittel,
- Schilddrüsenpräparate
Auch Medikamente wie die Pille und andere Hormonpräparate, blutzuckersenkende Medikamente oder Mittel gegen Erkältungsbeschwerden, Antibiotika, Kortison und Antidepressiva gehören zu den gängigen Arzneien.
Dauer der Einnahme und Wechselwirkung von Medikamenten
Während manche Medikamente nur vorübergehend eingenommen werden, wie zum Beispiel Mittel gegen Grippesymptome oder Antibiotika, kann von der dauerhaften Einnahme vieler Präparate das Leben abhängen. Bei chronisch Kranken oder im Rahmen einer Therapie, werden nicht selten zwei oder mehr Medikamente parallel verordnet. Es kann also sehr undurchsichtig werden, welches Medikament zu Problemen führt oder ob es nur durch die Wechselwirkung mit anderen Mitteln nicht vertragen wird und welche Rolle vorliegende Krankheiten oder die individuelle Genetik spielen.
Bei Beschwerden, ob allgemein, diffus oder auf den Mundraum bezogen, sollte der Haus- oder Zahnarzt aufgesucht werden.
Arznei: Unverträglichkeiten, Allergien
Allergien können sich auf verschiedene Arten äußern, zum Beispiel durch Atemnot, Magen-Darm-Probleme, Juckreiz und Ausschlag, Akne. Probleme in der Mundhöhle, wie gerötetes, geschwollenes Zahnfleisch oder eine wunde Zunge, sind typische Anzeichen einer allergischen Reaktion. Ob es sich bei vorliegender Beeinträchtigung um eine Reaktion auf ein eingenommenes Medikament handelt, sollte mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden. Bei bestätigter Unverträglichkeit ist eine Umstellung der Medikation ratsam. Ein Medikament selbstständig abzusetzen, weil man einen Zusammenhang vermutet, ist keine gute Idee und nicht zu empfehlen.
Zahnfleischwucherungen hervorgerufen durch Medikamente
Die Einnahme bestimmter Medikamente kann eine Gingivahyperplasie auslösen. Hierbei schwellen die Zahnfleischpapillen stark an und überwuchern die Zähne. Eine Schwellung kann lokal begrenzt sein, aber auch das gesamte Zahnfleisch betreffen. Eine mangelhafte Zahnhygiene verstärkt in der Regel die Symptomatik.
Medikamente, die Zahnfleischwucherung hervorrufen können, sind:
- Cyclosporin A (enthalten in Immunsupressiva),
- Diltiazem (enthalten in Herzmedikamenten),
- Valproat (enthalten in Medikamenten gegen Epilepsie),
- Nifedipin (enthalten in Blutdrucksenkern)
- weitere.
Nach Absetzen des verursachenden Medikaments, falls möglich, bildet sich das Zahnfleisch häufig von alleine wieder zurück. Dabei kann es bis zum Erreichen der ursprünglichen Form einige Monate dauern. Das Anschwellen und Wuchern von Zahnfleisch kann auch andere Ursachen haben. Gingivahyperplasie kann Folge von Mangelerscheinungen oder eine allergische Reaktion sein.
Mundtrockenheit als Nebenwirkung einiger Medikamente
Eine häufige Nebenwirkung mancher Medikamente ist Mundtrockenheit (Xerostomie). Werden verschiedene Präparate eingenommen, die sich auf die Speichelproduktion auswirken, addiert sich die Wirkung. Ein verminderter Speichelfluss führt zu Problemen im Mund, denn der Speichel erfüllt viele Funktionen, von der Verdauung bis zum Schutz von Zähnen und Zahnfleisch. Gründen und Auswirkungen von Mundtrockenheit haben wir ein gesondertes Kapitel gewidmet: >> Mundtrockenheit
Geschmacksveränderungen, Geschmacksverlust durch die Einnahme von Medikamenten
Eine weitere Begleiterscheinung von Mundtrockenheit, kann ein vermindertes Geschmacksempfinden sein. Geschmacksstoffe werden durch Proteine im Speichel gebunden. Die Proteine wirken aber auch direkt auf Geschmacksrezeptoren im Mund ein. Unser Speichel bestimmt zum einen, wie wir den Geschmack von Lebensmitteln wahrnehmen, lässt sich zum anderen aber auch durch das, was wir essen, beeinflussen. Wenn einem etwas nicht schmeckt, kann es also damit zusammenhängen, dass man es normalerweise nicht isst und der Speichel sich noch nicht durch die Produktion bestimmter Proteine darauf einstellen konnte.
Indirekter Einfluss von Medikamenten auf den Geschmackssinn: Pilzbefall
Ein verminderter Geschmackssinn kann auch indirekt mit der Einnahme von Medikamenten zu tun haben. Ein Pilzbefall im Mund (Mundsoor) wird durch eine Einnahme von Medikamenten (zum Beispiel Kortison, Antibiotika) begünstigt. Soor tritt in Form von weisslichem Belag in Erscheinung und kann sich über den gesamten Mundraum erstrecken und Geschmacksknospen auf der Zunge blockieren. Dadurch können Reize der Geschmackswahrnehmung nicht richtig empfangen und an das Gehirn weitergeleitet werden. Ein pelziges Gefühl auf der Zunge und Schluckbeschwerden sind weitere Symptome. Wird Soor nicht behandelt, breitet sich der Pilz über die Speiseröhre bis in den Magen-Darm-Trakt aus. >> Mehr über Mundsoor
Geschmacksstörung durch die Einnahme von Medikamenten
Es gibt eine Vielzahl von Medikamenten, die den Geschmackssinn beeinflussen. Das kann bedeuten, dass der Geschmacksinn verschwindet oder nur eingeschränkt funktioniert, oder man Geschmack intensiver oder verfälscht wahrnimmt. In der Regel sind arzneimittelbedingte Störungen des Geschmackssinns nur temporär und verschwinden nach Absetzen der Medikamente.
Medikamente, die störend auf den Geschmackssinn wirken können:
Ein (vollständiger) Geschmacksverlust oder eine eingeschränkte oder überempfindliche Geschmackswahrnehmung kann ua. durch folgende Medikamente ausgelöst werden:
- Triazolam
- Ofloxacin
- Cisplatin
- Nifedipin
- Hydrochlorothiazid
- Diltiazem
- Selegilin
- Levodopa
- Morphinsulfat
- Enalapril
- Carbamazepin
- Captopril
- Metronidazol
Eine Beeinträchtigung des Geschmacksempfinden kann durch den Gebrauch von Chlorhexidin Mundspülung entstehen.
Fazit Geschmacksstörung
Geschmacksstörungen können Begleiterscheinung von Erkältungen, zum Beispiel ein bekanntes Symptom von Covid-19, anderer Krankheiten oder Therapien sein. Ursache eines verminderten Geschmackssinns kann direkt oder indirekt mit der Einnahme von Medikamenten zu tun haben. Zusätzlich werden Geschmacks- und Riechempfinden mit zunehmendem Alter schwächer. Ein geringes Geschmacksempfinden ist ein Verlust von Lebensqualität. Die Ursache sollte abgeklärt werden. Der erste Ansprechpartner kann der Zahnarzt oder Hausarzt sein.
Dysbalance der Mundflora nach Einnahme von Antibiotika, Kortison und weiteren
Selbst ein stabiles Immunsystem kann durch die Einnahme von Medikamenten aus der Balance geraten, und somit gegen Bakterien, Viren und Pilze schlechter gewappnet sein. Antibiotika und Kortison sind klassische Beispiele für Medikamente, die den Körper aus dem Gleichgewicht werfen.
Durch die Behandlung mit Antibiotika, besonders bei Breitbandantibiotika, werden nicht nur schädliche, sondern auch gesundheitsfördernde Bakterien eliminiert. Es kann zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Die Abwesenheit vieler Keime hat zur Folge, dass der Lebensraum Mundhöhle wieder neu besiedelt werden kann und es können sich Keime vermehren, die vorher in ihrer Ausbreitung gehemmt wurden. Das können per se schädliche Keime sein, oder welche, die ab einer gewissen Anzahl nicht gut für den Organismus sind. Ein Beispiel sind Hefepilze, sie sind fast immer Teil der natürlichen Mundflora. Wie bei vielen Dingen, macht auch hier die Dosis das Gift.
Eine explosionsartige Ausbreitung von Hefepilzen kann zum Beispiel durch das Inhalieren von kortisonhaltigem Asthmaspray begünstigt werden.
Auswirkungen von Chemotherapeutika auf die Mundhöhle
Genau wie die Bestrahlungstherapie (s.u.), schwächt auch eine Chemotherapie den gesamten Körper und führt zu einer herabgesetzten Immunabwehr und Anfälligkeit für Infekte jeglicher Art. Durch den gestörten Gewebestoffwechsel funktioniert die Wundheilung deutlich schlechter. Das zeigt sich auch in der Mundhöhle: Zahnfleischentzündungen, Parodontitis, Blutungsneigung und langwierige Verletzungen mit hoher Entzündungswahrscheinlichkeit. Einige Chemotherapeutika können zudem eine Mundschleimhautentzündung hervorrufen, dazu zählen:
- Cytosin
- Doxorubicin
- Bleomycin
- Arabinosid
- weitere
Eine Krebstherapie zehrt den Körper aus. Schmerzende, brennende und blutende Mundschleimhaut macht es nicht einfach, seine Zähne und Zahnzwischenräume penibel zu pflegen. Dabei ist gerade bei einer schwachen Immunabwehr und hoher Entzündungsneigung eine strenge Zahnpflege äußerst wichtig, für den Zahnerhalt und die Allgemeingesundheit.
Verfärbungen von Zunge und Zähnen
Die Verfärbung von Zähnen und Zunge kann durch eine längere Verwendung von Mundspüllösungen entstehen, die Chlorhexidin enthalten. Auch Zinnfluorid in Mundspülungen kann Verfärbungen verursachen.
*Verfärbungen im Mundraum können auch andere Ursachen haben, wie zum Beispiel (hoher) Tabakkonsum oder färbende Genussmittel wie Kaffee.
Haarzunge nach Antibiotikabehandlung
Neben anderen möglichen Auslösern, können auch Antibiotika mitverantwortlich für eine schwarze Haarzunge (Lingua villosa nigra) sein. Dabei handelt es sich bei den schwarzen Haaren nicht um tatsächliche Behaarung, sondern um verlängerte Fadenpapillen auf der mittleren und hinteren Zunge. Die braune, schwarze oder auch grünliche Färbung entsteht durch den Kontakt der Papillen mit Lebens- oder Genussmitteln, sowie Mikroorganismen. Die „haarige Pracht“ verursacht meist ein pelziges Gefühl, Brennen und Juckreiz. Ein metallischer Geschmack und Mundgeruch sind ebenfalls typisch. Neben Antibiotika stehen noch weitere Medikamente unter Verdacht, eine Lingua villosa zu begünstigen. Darunter:
- Medikamente, die Mundtrockenheit verursachen,
- Medikamente gegen Pilzbefall (Antimykotika) ,
- Psychopharmaka ,
- weitere.
Problemen, die die Zunge betreffen, haben wir ein eigenes Kapitel gewidmet, wo wir uns u.a. folgenden Themen widmen:
>> Haarige Zunge durch Antibiotika
>> Brennende Zunge und Zungenbelag
>> Verfärbungen auf der Zunge