Das Burning-Mouth-Syndrom (BMS): Ursachen, Symptome und Behandlung

Definition und Einordnung

Das Burning-Mouth-Syndrom (BMS) ist eine chronische neuropathische Schmerzerkrankung im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich, die durch anhaltende brennende Schmerzen oder Missempfindungen der Mundschleimhaut charakterisiert ist. Die Weltgesundheitsorganisation definiert BMS als eine Erkrankung mit brennenden, schmerzhaften oder dysästhetischen Empfindungen der Mundschleimhaut, die täglich mehr als 2 Stunden über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten auftreten, ohne dass spezifische Schleimhautläsionen oder Laborbefunde vorliegen.

BMS wird als neuropathische Erkrankung klassifiziert. Aktuelle Forschungen zeigen, dass BMS mit einer Small-Fiber-Neuropathie (SFN) assoziiert ist, bei der periphere kleine Nervenfasern (Aδ- und C-Fasern) geschädigt sind.

Epidemiologie und Betroffene

BMS betrifft weltweit etwa 1,73% der Allgemeinbevölkerung, wobei in zahnmedizinischen Praxen eine deutlich höhere Prävalenz von 7,72% beobachtet wird. Die Erkrankung zeigt eine deutliche Geschlechts- und Altersverteilung: Frauen sind 3-7 mal häufiger betroffen als Männer, wobei insbesondere peri- und postmenopausale Frauen im Alter zwischen 50-70 Jahren erkranken.

Moderne Pathophysiologie: Small-Fiber-Neuropathie

Neurobiologische Grundlagen

Die moderne Forschung hat eindeutig gezeigt, dass BMS primär auf einer Small-Fiber-Neuropathie (SFN) beruht. Dabei sind die kleinen, unmyelinisierten C-Fasern und die dünn myelinisierten Aδ-Fasern des Trigeminusnervs geschädigt. Diese Fasern sind für die Schmerz- und Temperaturwahrnehmung verantwortlich.

Wissenschaftliche Befunde

Systematische Untersuchungen mittels Hautbiopsien zeigen bei BMS-Patienten eine signifikante Reduktion der Nervenfaserdichte um 30-60% im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen. Zusätzlich finden sich:

  • Überexpression von Schmerzrezeptoren: Erhöhte TRPV1- und P2X3-Rezeptoren, die für die Schmerzwahrnehmung und Temperaturregulation zuständig sind
  • Veränderte Natriumkanäle: Überexpression von Nav1.7 und Unterexpression von Nav1.9, was zu veränderter Nervenerregbarkeit führt
  • Erhöhte Artemin-Expression: Ein Wachstumsfaktor, der kleine Nervenfasern reguliert und bei BMS-Patienten vermehrt exprimiert wird

Klinische Symptome des

Die Symptomatik des BMS ist charakteristisch und umfasst:

Primäre Symptome

  • Brennende Schmerzen: Meist bilateral, häufig an Zungenspitze und -rändern
  • Dysgeusie: Geschmacksstörungen, oft metallischer oder bitterer Beigeschmack
  • Xerostomie: Mundtrockenheit
  • Glossodynie: Schmerzen und Brennen der Zunge

Begleitsymptome

  • Kribbeln und Taubheitsgefühle
  • Globusgefühl (Fremdkörpergefühl im Rachen)
  • Subjektive Zungenveränderungen
  • Schlafstörungen
  • Verschlechterung bei Stress und Müdigkeit

BMS-Patienten leiden häufig unter Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhten Cholesterinwerten, Schilddrüsenunterfunktion und gastroösophagealem Reflux sowie Stimmungsstörungen.

Diagnose des Burning-Mouth-Syndrom (BMS)

Die Diagnose erfolgt nach dem Ausschlussverfahren durch:

Klinische Untersuchung

  • Gründliche Anamnese mit Schmerzcharakteristika
  • Inspektion der Mundschleimhaut
  • Neurologische Untersuchung

Differentialdiagnostik

Ausschluss sekundärer Ursachen für orale Beschwerden:

Häufige Differentialdiagnosen:

  • Mundsoor (Candidose): Pilzbefall der Mundschleimhaut
  • Nährstoffmangel: Vitamin B12-, Folsäure- oder Eisenmangel
  • Medikamentennebenwirkungen: Besonders trizyklische Antidepressiva und ACE-Hemmer
  • Sjögren-Syndrom
  • Xerostomie: Primäre Mundtrockenheit
  • Aphthöse Stomatitis: Rezidivierende Schleimhautdefekte
  • Allergische Reaktionen: Auf Nahrungsmittel oder Dentalwerkstoffe
  • Sodbrennen: Refluxbedingte Verätzungen
  • Traumatische Nervenschäden: Nach zahnärztlichen Eingriffen

Spezielle Diagnostik der Small-Fiber-Neuropathie (SFN)

Bei Verdacht auf SFN können ergänzend durchgeführt werden:

  • Quantitative sensorische Testung (QST)
  • Hautbiopsie zur Bestimmung der Nervenfaserdichte
  • Corneale Konfokalmikroskopie

Aktuelle Therapie des BMS

Erstlinientherapie

Topisches Clonazepam gilt als Goldstandard: Topisches Clonazepam (0,5-1 mg 3x täglich als Mundspülung) zeigt in randomisierten kontrollierten Studien eine signifikante Schmerzreduktion bei 41-67% der Patienten. Die topische Anwendung reduziert systemische Nebenwirkungen erheblich.

Zweitlinientherapie

Gabapentin und Pregabalin: Antikonvulsiva wie Gabapentin (300-2400 mg/Tag) oder Pregabalin (150 mg/Tag) zeigen moderate Wirksamkeit, wobei Gabapentin sowohl allein als auch synergistisch mit Alpha-Liponsäure wirksam ist.

Kombinationstherapie

Die Kombination aus Clonazepam mit Alpha-Liponsäure, Gabapentin oder Nortriptylin führt bei über zwei Dritteln der Patienten zu einer deutlichen Symptomverbesserung.

Ergänzende Therapien

  • Alpha-Liponsäure (600 mg/Tag): Antioxidative Wirkung mit moderater Evidenz
  • Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie bei psychosozialen Begleitfaktoren
  • Photobiomodulation: Low-Level-Lasertherapie als experimenteller Ansatz

Prognose und Verlauf des Burning-Mouth-Syndrom

BMS ist eine chronische Erkrankung mit variabler Prognose. Während eine komplette Heilung selten ist, kann bei vielen Patienten durch geeignete Therapie eine deutliche Besserung der Symptome erreicht werden. Die rechtzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend für den Therapieerfolg.

Neue Erkenntnisse und Ausblick

Aktuelle Forschung untersucht neue Therapieansätze wie Natriumkanalblocker und gezielte Behandlung der Small-Fiber-Neuropathie. Auch die Rolle von Herpesviren (HHV-6B) als mögliche Auslöser wird erforscht.

Die moderne Medizin versteht BMS heute nicht mehr als psychosomatische Erkrankung, sondern als echte neuropathische Schmerzerkrankung mit objektivierbaren Nervenschäden. Diese Erkenntnis hat zu gezielteren und wirksameren Therapieansätzen geführt.


implantate.com-Fazit:

Das Burning-Mouth-Syndrom ist eine komplexe neuropathische Erkrankung, die eine spezielle Expertise in der Diagnostik und Therapie erfordert. Durch moderne Behandlungsansätze können die meisten Patienten eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden erfahren.

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Kouri, M., et al. (2024) „Small Fiber Neuropathy in Burning Mouth Syndrome: A Systematic Review.“ International Journal of Molecular Sciences, 25(21), 11442.

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Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 30. Juli 2025