Implantatprothetik in stark reduziertem und unbezahnten Kiefer: Nicht unter Druck setzen lassen!
Bestimme ersteres den Therapieplan, werde dies sowohl für den Patienten als auch für die Zahnarztpraxis riskant. Richte man sich nach dem wissenschaftlichen Maximum, gehe dies nicht selten an den Möglichkeiten des Patienten vorbei. Hilfreich sei hier ein wissenschaftlicher Korridor, wie die DGI ihn erarbeitet habe, der individuelle Lösungen auf fundiertem fachlichen Boden ermögliche. Misserfolge seien weder für den Patienten noch für den Ruf der Praxis wünschenswert. Oft helfe aber auch schon die Frage, ob eine Implantatlösung tatsächlich die beste ist – in mancher Situation seien andere Verfahren eher angezeigt. Professor Zöllner, der Prothetik lehrt und auch in eigener Praxis tätig ist, zeigte einige Fälle, in denen die Regeln der Parodontologie und Zahnerhaltung die implantologische Entscheidungsfindung erheblich beeinflussen: "Nicht vergessen: Implantate ersetzen keine Zähne, sondern nur fehlende Zähne!" Wie hilfreich wissenschaftliche Korridore sein können, ging er an mehreren Beispielen durch: "Wieviele Implantate hätten Sie hier gesetzt?" fragte er anhand von Fallbildern, und meinte: "Hier beispielsweise wäre es auch mit weniger Implantaten gegangen – das kommt den Patientenwünschen entgegen und erfüllt die Empfehlungen der Wissenschaft." Letztlich käme es auf die Kompetenz und Erfolgsbilanz der jeweiligen Praxis an: "Ihre persönliche Qualität entscheidet – die Wissenschaft liefert die Mittel." Vorgaben der Kostenträger der Patienten allerdings hätten mit Wissenschaft nichts zu tun und sollten bei der Therapieentscheidung nicht als Vorgabe dienen. Aber auch im eigenen Bereich sei Vorsicht vor "üblichem" Vorgehen notwendig: "Ein Beispiel: Bei der Planung der Implantatprothetik müssen wir über Okklusionskonzepte nachdenken – und zwar frühzeitig. Sonst erwischt uns das Thema beim Chipping."
Curriculum mit Augenhöhe: von und mit Zahntechnik lernen
Aufgaben wie diese machen beispielhaft deutlich, wie sinnvoll oder gar notwendig Team-Fortbildung ist: „Ich bin ein absoluter Fan unseres DGI-Curriculums ‚Implantatprothetik und Zahntechnik’“, sagte Professor Zöllner, „weil das Konzept Augenhöhe als Maßstab vorgibt und hier nicht Zahnärzte den Zahntechnikern beibringen, was sie zu tun haben, sondern gemeinsam erlebt wird, welche Leistungen auch die Zahntechnik von den Zahnärzten braucht und vor allem: warum. Und weil erlebt und nicht gelernt wird, dass man gemeinsam zu weitaus besseren weil nachhaltigeren Erfolgen kommen kann.“ Perfekter Partner in diesem Wittener Kurs war ZT Frank Löring, in dessen Labor ein Großteil des ausgeprägten Hands-on-Programms nach den Grundlagen aus Wissenschaft und Theorie stattfand. In entspannt lockerer Form führte er unter anderem durch die Welt der Keramik und ihrer verschiedenen jeweils sinnvollen – und weniger sinnvollen – Einsatzgebiete. Unter anderen beeindruckte eine schwarz-weiss-Präsentation zu den Gesetzen der Ästhetik bei Zahnersatz: „Achten Sie auf den Helligkeitswert, der macht es später aus. Die Zahnfarbe kriegt ihr immer hin.“ In der Kommunikation mit dem Labor müsse die Zahnarztpraxis bedenken, dass ein Farbtonvergleich anhand eines Fotos oder auch einer Datei nutzlos sei: „Weil die Farben in den Einstellungen abweichen, kommen unterschiedliche Werte heraus.“ Er empfahl daher den Vergleich mit Originalzahnmustern und entsprechender Wert-Angabe. Sowohl Professor Zöllner als auch ZT Löring stellten die besonderen Anforderungen an Implantat-Prothetik und hier noch einmal die großen Unterschiede zwischen Frontzahn- und Seitenzahnbereich heraus – nicht zuletzt mit Blick auf die unterschiedlich einwirkenden Kaukräfte. Zu den lebendig diskutierten Themen zwischen Dozenten, Zahnärzten und Zahntechnikern gehörte auch die Schablonentechnik. Professor Zöllner: „Die Zahntechniker empfehlen sie dringend – und die Chirurgen nutzen sie mitunter ungern, auch wenn der Sinn ihnen bewusst ist. Wir müssen also herausfinden und lösen, was während der Chirurgie stört und was die Anforderungen für uns als Zahntechniker und Prothetiker sind.“ Wie auch bei anderen Diskussionsthemen zeigte sich hier, wie wichtig der direkte Austausch ist – so kamen einige Punkte auf der einen und der andern Seite zusammen, die beide Bereiche näher zueinander brachten. Belohnung für den Kurs: hervorragende Bewertung seitens der Teilnehmer. Das Resümee von Professor Zöllner: „Die demografische Entwicklung ist ein ganz klarer Auftrag an uns Zahnärzte und auch an die Zahntechniker, sich gemeinsam mit sinnvollem, altersgerechtem und nachhaltig stabilem Zahnersatz zu befassen. Der Kurs hat eindrucksvoll gezeigt, dass das auf Augenhöhe geht – und unglaublich Spaß macht.“
Hinweis: Die nächste Serie startet am 12./13.10.2012
Infos und Anmeldung bei Marion Becht: HYPERLINK "mailto:info@dgi-fortbildung.de"info@dgi-fortbildung.de / T: 0621-68124451