Bläschen im Mund?

Blasen und Wunden der Mundschleimhaut und ihre Ursachen

Bläschen und Schleimhautveränderungen im Mund gehören zu den häufigsten Beschwerden in der Mundgesundheit. Hinter diesen Symptomen kann ein breites Spektrum an Ursachen stehen – von harmlosen Irritationen über virale Infektionen bis hin zu Autoimmunerkrankungen und seltenen Tumoren. Für Patienten ist es deshalb wichtig, grundlegende Unterschiede und Warnhinweise zu kennen, um einschätzen zu können, wann ein Arztbesuch erforderlich ist. Der folgende wissenschaftlich fundierte Leitfaden gibt eine systematische Übersicht über die häufigsten Differenzialdiagnosen, ihre charakteristischen Merkmale und diagnostischen Kriterien.

Wieist der Unterschied zwischen Aphten, Blasen Wunden im Mund?

  • Vesikel (Bläschen): Kleine, mit Flüssigkeit gefüllte Erhebungen der Mundschleimhaut (≤ 1 cm Durchmesser)
  • Bullae: Größere Blasen (> 1 cm Durchmesser)
  • Ulzerationen: Tiefergehende Gewebedefekte nach Blasenruptur, die über die Basalmembran (Barriere unterhalb der Zellschicht) hinausgehen und Nervenendigungen freilegen
  • Erosionen: Oberflächliche Schleimhautdefekte, die die Basalmembran nicht durchbrechen

Da Bläschen im Mund aufgrund der ständigen mechanischen Beanspruchung und der zarten Beschaffenheit der Mundschleimhaut rasch platzen, ist es selten möglich, intakte Vesikel oder Bullae intraoral zu beobachten. Dies erschwert die unmittelbare klinische Diagnose erheblich, da meist nur noch Erosionen oder Ulzerationen sichtbar sind.

Herpes - Aphten im Mund

Erst Bläschen Dann Aphten. Hier: Stomatitis herpetica

Wie kann man Bläschen und Schleimhautschäden unterscheiden?

So zeigen sich die wichtigsten Schleimhauterkrankungen

Erkrankung Lokalisation Erscheinungs-bild Charakteristische

Merkmale

Lokale Irritation
/Trauma
Wangen, Lippen, Zunge (mechanisch beanspruchte Stellen) Einzelne randständige Läsionen Eindeutiger Zusammenhang mit Bissverletzung, Prothesen, scharfen Zähnen, schnelle Abheilung
Rezidivierende aphthöse
Stomatitis
Bewegliche Schleimhaut (Lippen/Wangen innen, Zungenrand, weicher Gaumen) Runde Ulzera mit gelblich-weißer Auflagerung und rotem Rand Sehr schmerzhaft, keine Vesikel-Vorstufe, nicht ansteckend, wiederkehrend (7-10d)
Herpes simplex (HSV-1) Lippenrand und angrenzende Haut, bei Kindern auch intraoral Gruppierte kleine Vesikel → Ulzera → Krusten Prodromalsymptome (Kribbeln 12-36h), hochansteckend, Primärinfektion schwerer
Herpes zoster (Gürtelrose) Einseitige Verteilung entsprechend Dermatom, selten rein intraoral Bläschen auf gerötetem Grund, streng einseitig Starke neuralgiforme Schmerzen, meist >50 Jahre, bei Immunsuppression häufiger
Hand-Fuß-Mund-Krankheit Zunge, Wangenschleimhaut, Gaumen + Hautläsionen an Händen/Füßen Kleine ovaläre Vesikel → Ulzera Häufig Kinder, leichtes Fieber, Coxsackievirus A16, sehr ansteckend, selbstlimitierend
Pemphigus vulgaris Mundschleimhaut Erstmanifestation (71%), besonders Wangenschleimhaut (30%) Schnell platzende Blasen → persistierende schmerzhafte Erosionen Positiver Nikolsky-Test, 40-60J, oft monatelange Diagnoseverzögerung, chronisch
Bullöses Pemphigoid Primär Haut, nur 10-25% mit oraler Beteiligung Kleine, langsam entstehende, weniger schmerzhafte Läsionen Subepidermale Blasenbildung, meist >70J, Medikamenten-assoziiert (Amlodipin)
Mukosales Pemphigoid (MMP) Primär Schleimhäute (91%), besonders Gingiva (64%) Desquamative Gingivitis, subepidermale Blasenbildung Vernarbungstendenz, 50-70J, chronisch-progressiv, „High-risk“ bei extraoraler Beteiligung
Orale Candidose (Soor) Zunge, Gaumen, Wangentaschen Weißliche abwischbare Beläge → rote erosive Bereiche Brennen, Geschmacksstörung, bei Erwachsenen meist Grunderkrankung, Immunsuppression
Bakterielle Infektionen Variable Lokalisation, häufig Gingiva Ulzerationen mit Schwellung und Eiterbildung Fieber, lokale Lymphadenopathie, nach Zahnbehandlungen, bei Immunschwäche
Systemerkrankungen Multiple Lokalisationen Polymorphe Manifestationen, multiple Ulzera Gleichzeitige Läsionen an Augen, Haut, Genitalien (Morbus Behçet, Zöliakie, EM)

So kann man blasenbildende Munderkrankungen unterscheiden

Klinischer Verlauf und Schmerzcharakteristik

  • Herpes simplex: Prodromalsymptome (Kribbeln/Brennen), gruppierte Vesikel, Spontanheilung in 7-10 Tagen
  • Aphthöse Stomatitis: Erscheint als Papula (nicht Vesikel), sehr schmerzhaft, keine Ansteckungsgefahr
  • Pemphigus vulgaris: Sehr schmerzhafte, schnell zerfallende Blasen, persistierend ohne Therapie

Lokalisation und Verteilungsmuster

  • Herpes simplex: Primär unbeweglich Schleimhaut (Gingiva, harter Gaumen) und Lippenrand
  • Aphthöse Stomatitis: Ausschließlich bewegliche Schleimhaut
  • Hand-Fuß-Mund-Krankheit: Charakteristische zusätzliche Hautmanifestationen an Händen und Füßen
  • Systemische Begleitsymptome

Fieber und Lymphknotenschwellung: Besonders bei viralen Infektionen (Herpes, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, EBV-Mononukleose)

Chronischer Verlauf mit extraoralen Manifestationen: Hinweise auf Autoimmunerkrankungen (Pemphigus, Pemphigoid)

Nahaufnahme des Mundinneren, die einen Abschnitt roten, geschwollenen Zahnfleischgewebes und die Seite der Zähne zeigt, an einem davon sind sichtbare Zahnsteinablagerungen zu sehen.

Bläschen, Aphten, flächige Erosionen. Hier:  Soorstomatitis

Warnhinweise: Wann ist eine ärztliche Abklärung erforderlich?

Unbedingt (zahn)ärztlich abklären lassen sollten Sie:

  • Andauernde Läsionen: Bläschen oder Ulzera, die länger als 14 Tage bestehen
  • Schwere Symptomatik: Starke Schmerzen, Schluckbeschwerden, Unfähigkeit zu essen oder trinken
  • Allgemeine Krankheitsszeichen: Fieber, Lymphknotenschwellung, allgemeine Krankheitssymptome
  • Wiederkehrende Veränderungen: rezidivierende Läsionen ohne erkennbare Ursache
  • Auftreten an verschiedenen Körperegionen: Gleichzeitige Blasen und Geschwüre an Haut, Genitalien und Augen
  • Risikopatienten: Immunsuppression durch Erkrankung oder Medikamente
  • Desquamative Gingivitis: Chronische Zahnfleischveränderungen mit Blasenbildung

Diagnostisches Vorgehen beim Arzt

Klinische Untersuchung

  • Anamnese: Dauer, Schmerzcharakter, Rezidivneigung, Medikamenteneinnahme, Grunderkrankungen
  • Klinische Inspektion: Form, Größe, Lokalisation und Verteilungsmuster der Läsionen
  • Nikolsky-Test: Bei Verdacht auf Pemphigus – Auslösung von Erosionen durch seitlichen Druck

Weiterführende Diagnostik

  • Mikrobiologische Abstriche: Erregernachweis bei Verdacht auf virale oder bakterielle Infektionen mittels PCR oder Kultur
  • Zytologie (Tzanck-Test): Nachweis akantholytischer Zellen bei Pemphigus
  • Histopathologie: Bei Verdacht auf Autoimmunerkrankungen oder Tumoren
  • Direkte Immunfluoreszenz: Goldstandard für Pemphigus (IgG interzellulär) und Pemphigoid (IgG linear basal)
  • Serologie: ELISA für Anti-Desmoglein-3-Antikörper bei Pemphigus, Anti-BP180 bei Pemphigoid

Differenzialdiagnostische Kurzübersicht

Erkrankung Vesikel/Ulzera Primärlok. & Verlauf Ansteckend & Alter
Herpes simplex Vesikel ++, Ulzera + Lippen/Gingiva, rezidivierend Ja, alle Altersgruppen
Herpes zoster Vesikel ++, Ulzera + Einseitig, akut Ja, meist >50 Jahre
Pemphigus vulgaris Vesikel ++, Ulzera ++ Mundschleimhaut, chronisch Nein, 40-60 Jahre
Bullöses Pemphigoid Vesikel +, Ulzera + Haut >> Mund, chronisch Nein, >70 Jahre
Mukosales Pemphigoid Vesikel +, Ulzera ++ Gingiva, chronisch Nein, 50-70 Jahre
Aphthöse Stomatitis Keine Vesikel, Ulzera ++ Bewegliche Schleimhaut, rezidivierend Nein, alle Altersgruppen
Hand-Fuß-Mund Vesikel +, Ulzera + Mund + Extremitäten, selbstlimitierend Ja, hauptsächlich Kinder
Candidose Keine Vesikel, Ulzera + Zunge/Gaumen, bei Immunsuppression Gering ansteckend, alle Altersgruppen

Legende: ++ = sehr häufig/stark ausgeprägt | + = häufig/mäßig ausgeprägt

Herausforderung für Zahnarzt und Arzt

Häufige Fehldiagnosen bei Mundschleimhauterkrankungen

Viele Patienten mit oralen Manifestationen von Pemphigus vulgaris werden initial als rezidivierende aphthöse Stomatitis, Morbus Behçet, Erythema multiforme oder erosiver Lichen planus der Mundschleimhaut fehldiagnostiziert.

Prognostische Faktoren

Bei Pemphigus vulgaris zeigt sich eine durchschnittliche Diagnoseverzögerung von 6 Monaten, wobei Männer später zur Diagnose kommen als Frauen. 76% der Patienten entwickeln eine therapierefraktäre Erkrankung.

Therapeutische Konsequenzen

Eine frühzeitige Diagnose oraler Autoimmunerkrankungen ermöglicht den Einsatz niedrigerer Medikamentendosen über kürzere Zeiträume und kann die Ausbreitung auf die Haut verhindern.

implantate.com-Fazit

Bläschen und Ulzera im Mund haben viele mögliche Ursachen. Die Eigenbeobachtung von Lokalisation, Verlauf, Schmerz und Zusatzsymptomen hilft, der zugrundeliegende Erkrankung auf die Spur zu kommen. Jedoch sollte man bei unklaren, langanhaltenden oder immer wiederkehrenden Beschwerden einen Zahnarzt oder Dermatologen (Hautarzt) zur Abklärung und zum Ausschluss schwerwiegender Erkrankungen konsultieren..

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