HINTERGRUND: Manch ein Zahnimplantatverlust mag durch eine bakterielle Kontamination bei der Implantation bedingt sein. Infektionen rund um Biomaterialien sind schwierig zu behandeln, und beinahe alle infizierten Implantate müssen entfernt werden. Grundsätzlich ist die antibiotische Prophylaxe bei Operationen nur bei den Patienten angezeigt, die ein Risiko für eine infektiöse Endokarditis besitzen, für Patienten mit reduzierter Empfängerreaktion, sollte die Operation in infizierten Bereichen durchgeführt werden, in Fällen ausgedehnter und zeitaufwendiger operativer Interventionen und wenn großflächig Fremdmaterial implantiert wird.
Um die Infektionen nach einer Zahnimplantation zu minimieren, werden verschiedene prophylaktische und sytemische Therapiepläne mit Antibiotika empfohlen. Wenn Antibiotika verwendet werden müssen, empfehlen neuere Protokolle die kurzzeitige Antibiotikaprophylaxe. Mit der Verabreichung von Antibiotika können unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, von einer Diarrhö bis hin zu lebensgefährlichen allergischen Reaktionen reichend. Eine weitere große Sorge, die mit der weit verbreiteten Verwendung von Antibiotika verbunden ist, gilt der Selektionierung antibiotikaresistenter Bakterien. Die Verwendung prophylaktischer Antibiotika in der Zahnimplantologie wird kontrovers beurteilt.

STUDIENZIELE: Die Bewertung der nutzbringenden und schädlichen Effekte systemischer und prophylaktischer Antibiotikagaben bei Zahnimplantationen gegenüber nichtantibiotischen Placeboverabreichung und, wenn Antibiotika von Vorteil sind, Art, Dosierung und Dauer der höchsten Wirksamkeit herauszufinden.

SUCHSTRATEGIE: Durchsucht wurden die Datenbanken The Cochrane Oral Health Group's Trials Register, das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL), MEDLINE und EMBASE bis zum 2. Juni 2010. Verschiedene Zahnmedizin-Magazine wurden manuell durchsucht. Sprachbegrenzungen gab es keine.

AUSWAHLKRITERIEN: Randomisierte kontrollierte klinische Studien (RCTs) mit einer Nachuntersuchung von mindestens 3 Monaten, welche die Gabe von verschiedenen prophylaktischen Antibiotika-Therapieplänen gegenüber dem Verzicht auf Antibiotika bei Patienten verglich, die sich einer Zahnimplantation unterzogen. Die Ergebnisparameter lauteten Zahnersatzverlust, Implantatverlust, postoperative Infektionen und unerwünschte Begleiterscheinungen (Magen-Darm-Probleme, Überempfindlichkeit, etc.)

DATENSAMMLUNG UND ANALYSE: Die Auswahl lesbarer Studien, die Bewertung der methodologischen Qualität der Studien sowie die Datenextraktion wurden zweifach und unabhängig von einander von zwei Prüfern durchgeführt. Bezeichnet wurden die Ergebnisse als Random-Effects-Modelle unter Verwendung von Risk Ratios (Rrs) für dichotome Resultate mit Konfidenzintervallen (CIs) von 95%. Die Heterogenität wurde einschließlich der sowohl klinischen als auch methodologischen Faktoren geprüft.

HAUPTERGEBNISSE: Vier RCTs wurden identifiziert: drei davon verglichen 2 g Amoxicillin prägoperativ gegenüber einem Placebo (927 Patienten) und die andere verglich 1 g Amoxicillin prägoperativ plus 4 mal 500 mg täglich über zwei Tage verabreicht gegenüber keiner Einnahme von Antibiotika (80 Patienten). Die Metaanalyse der vier Studien zeigte eine statistisch signifikant höhere Anzahl an Patienten, die einen Implantatverlust in jener Gruppe erlitten, die keine Antibiotika erhalten hatten: RR = 0,40 (95% CI 0,19 bis 0,84). Die Patientenanzahl, die behandelt werden musste (NNT), um zu verhindern, dass ein Implantatverlust erfolgen würde, lautet 33 (95% CI 17 bis 100), basierend auf einer Patientenimplantatverlustrate von 5% bei Patienten, die keine Antibiotika erhielten. Die anderen Ergebnisse waren statistisch nicht signifikant und es wurden nur zwei geringfügige unerwünschte Nebenwirkungen vermerkt, eine davon in der Placebogruppe.

SCHLUSSFOLGERUNGEN DER AUTOREN: Es besteht ein Nachweis, der empfiehlt, dass 2 g Amoxicillin, oral, 1 Stunde präoperativ verabreicht, signifikant den Verlust von Zahnimplantaten, die unter gewöhnlichen Bedingungen eingebracht wurden, verringern kann. Es wurde von keinen signifikanten unerwünschten Nebenwirkungen berichtet. Es scheint sinnvoll zu sein, die Verwendung einer Einzeldosis von 2 g Amoxicillin prophylaktisch vor der Zahnimplantation zu empfehlen. Noch ist aber unbekannt, ob Antibiotika postoperativ nutzbringend sind, und welches dabei am effektivsten ist.