Diskussions-Forum Zahnimplantate und Zahnersatz

Antwort auf: Zahnverlust Oberkiefer Zahn 27-Ist ein Implantat an dieser Stelle unbedingt notwendig?

Sie sind momentan nicht bei implantate.com registriert und eingeloggt. Daher schalten wir Ihren Beitrag erst nach eine kurzen Kontrolle frei. Wir freuen uns auf eine aktive Teilnahme am Forum und empfehlen Ihnen, sich bei implantate.com zu registrieren. So werden Ihre Beiträge sofort freigeschaltet.

HIER geht es zur Registrierung

Schon registriert? Hier geht es zum Login.

Vorschau Zurück

Zahnverlust Oberkiefer Zahn 27-Ist ein Implantat an dieser Stelle unbedingt notwendig?

Dente
Mitglied seit 04. 04. 2023
2 Beiträge

Hallo,
Mein vorletzter Zahn im Oberkiefer links (Position 27) musste vor ca. 4 Monaten entfernt werden, da er leider einen Risss hatte.
Die Nachbachzähne 28 (Weisheitszahn) und 26 sind vorhanden und gesund. Gegenkieferbezahnung ist auch da, die Zähne im Unterkiefer haben immer noch Kontaktfläche zu den Zähnen im Oberkiefer.
Mein Zahnarzt hat mir empfohlen ein Implantat zu setzen. Er hat bereits eine Volumentomographie durchgeführt und gesehen, dass nicht genug Knochensubstanz da ist. Also, es wäre aus seiner Sicht ein Sinuslift mit Knochenaufbau notwendig, als Füllungsmaterial würde er Bioss nehmen .
Mein Zahnarzt meinte auch, ohne Implantat würden die Nachbachzähne mit der Zeit in die Lücke hineinkippen.
Meine konkrete Fragen:

1) Ist es unbedingt notwendig ein Zahn in dieser Position (27) zu ersetzen?

2) Falls jemand hier eine ähnliche Situation gehabt hat und sich gegen ein Implantat entschieden hat: gab es da mit der Zeit Probleme (Zahnverschiebung, Kippen, oder noch andere)? Habt ihr eure Entscheidung langfristig bereut?

Ich vergleiche nur ganz objektiv die zwei Möglichkeiten (Lücke sein lassen oder Implantat setzen). So wie ich mich bereits informiert habe, gibt es bei so einer OP mit Sinuslift viele Risiken (z.B. Risiko der Kieferhöhleneröffnung mit Materialabwanderung und/oder Einbluten in die Kieferhöhle, Nervenbeschädigungen, usw.). Die Kosten sind auch sehr hoch (ich habe keine Zusatzversicherung).

Wenn ich die Lücke einfach lasse, kenne ich bisher nur das Risiko dass die Nachbachzähne sich etwas verschieben. Das klingt für mich als ein viel geringeres Risiko im Vergleich mit dem Implantat.
Ich würde mich sehr über Ihre Rückmeldungen und persönliche Erfahrungen freuen, damit ich mich besser entscheiden kann.
VG, RR



Agnes
Mitglied seit 25. 10. 2008
512 Beiträge

hallo Dente,

1) Nein, muss man nicht. Die Risiken einer Implantation mit Knochenaufbau mittels tierischen Knochenersatzmaterials (KEM) bei Vorschädigung des Kieferknochens durch den vorangegangenen Riss sind um einiges höher als bei gesundem und stabilem Knochen. Wenn Keime durch den Riss in den Kieferknochen gewandert sind (und das ist fast immer so) würde sich das KEM nicht in humanen Knochen umwandeln - mit allem Drum und Dran, d. h. keine bzw. mangelhafte Osseointegration, Periimplantitis und schlimmstensfalls eine Osteomyelitis. Ganz abgesehen vom Gesundheitsschaden würden sehr hohe Folgebehandlungen und -kosten auf dich zukommen.

2) Mein Fall entsprach zwar nicht eins zu eins deiner Situation, aber hätte man mich damals vollumfänglich über alle Risiken aufgeklärt, wäre ich nicht in die Falle gelaufen. Riss Rückseite Frontzahn 11, Unfall vor 30 Jahren mit stets ungeklärten Schmerzen (da Riss an der Rückseite ungewöhnlich und offensichtlich lange nicht bemerkt). Erstes Implantat mit künstlichem KEM wuchs nicht ein, Folgeimplantat (mit Bio oss) schmerzte über knapp 6 Jahre, es wurde keine Ursache gefunden. Zahnarztwechsel, es waren bereits erhebliche Kosten für zwei Implantationen und Prothetik entstanden (ich hatte zum Glück eine Zusatzversicherung)

Es folgten 90 erfolglose Behandlungen. Nach langer Beratungsphase und Untersuchungen -> Entfernung zweites Implantat durch MKG-Chirurg, bei der festgestellt wurde, dass 2/3 der Frontseite des Implantats (lippenseitig) nicht mit Knochen bedeckt war. War weder auf den (zahlreichen) Rö-Aufnahmen, OPGs noch DVT zu sehen gewesen (!). Weitaus schlimmer war, dass die knöcherne Gaumenplatte hinter dem Implantat zu 1/3 "zerbröselt" war (vermutlich durch die Keime) -> 3-stündige Operation mit Kiefer- und Gaumenrekonstruktion mit Knochentransplantation und Fixierung mittels Titanschrauben. Die Nachbarzähne 12 und 21 standen 8 Monate lang am Abgrund da ich keine Übergangsprothese tragen konnte und auch nicht durfte. Mein (neuer) Zahnarzt riet mich dringend davon ab ein drittes Implantat an der Stelle inserieren zu lassen, er meinte, die Nachbarfrontzähne würden NICHT in die Lücke kippen. Eine Marylandbrücke um die Frontlücke zu schließen würde es auch tun. Dafür mussten allerdings die gesunden Nachbarzähne von der Rückseite abgeschliffen werden. Nach 8 Monaten Ausheilungszeit -> Entfernung der Titanschrauben und erneut schwierige Entscheidung! Das Zahnfleisch hatte sich zurückgebildet und damit schied die Marylandbrücke aus. Drittes Implantat gesetzt mit Zahnfleischmodellierung. Nach langer Leidenszeit endlich (fast) alles gut!

Das erste Implantat wurde Ende 2006 gesetzt. Zwar erreichte ich durch die Explantation des zweiten Implantats 2013 größtenteils Beschwerdefreiheit und durch das dritte Implantat 2014 an der Stelle auch eine Lösung, aber eigentlich bin ich heute, knapp 17 Jahre später, immer noch in Behandlung. Die Nachbarzähne stehen stabil und sind nicht gewandert. Die Zahl der vollkeramischen Prothesen allerdings - auch der billigeren zwischenzeitlichen - die ich gehabt habe, sind nicht mehr zu zählen... Von daher weiß man im Voraus nie was da für Kosten noch auf einen zukommen.

Alles Gute!



Dente
Mitglied seit 04. 04. 2023
2 Beiträge

Hallo Agnes,

vielen Dank für Ihre ehrliche und ausführliche Antwort.
Sie haben über Aspekte geschrieben die ich bisher nicht berücksichtigt habe z.B. Folgekosten bei Misserfolg. Diese Kosten musste ich dann auch privat bezahlen, da ich bisher keine Zusatzversicherung hatte.
Es ist für mich schon eine Kostenfrage aber eigentlich hauptsächlich eine Frage der Notwendigkeit (da Implantate mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind) .

Und es geht auch darum zu wissen wie es anderen Menschen geht, die in so einer Situation kein Implantat gesetzt haben. Diese Erfahrungsberichte sind sehr hilfreich für meine Entscheidung.

Von den was ich bisher gehört habe (auch aus anderen Foren) tendiere ich aktuell sehr stark dafür, mich gegen ein Implantat zu entscheiden.
In einem anderem Forum hat mir ein Zahnarzt sogar direkt geschrieben, dass aus seiner Sicht für meinen Fall ein Implantat nicht nötig sei.

Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Viele liebe Grüße und Danke nochmal dass Sie sich die Zeit genommen haben meine Frage zu beantworten.



Agnes
Mitglied seit 25. 10. 2008
512 Beiträge

Hallo Dente,

nichts zu danken, ich lese und schreibe in diesem Forum schon seit 15 Jahren. Ich schreibe auch immer für die stillen Mitleser mit, die sich hier im Voraus einer Implantatsetzung informieren wollen. Man sieht an der Anzahl der Aufrufe schon das da Interesse besteht. Mein ehrenamtliches Engagement ;-)

Mir waren die zwei Aspekte - Kosten und Risikoeinschätzung - schon klar. Erfahrungsberichte sind grundsätzlich eine gute Sache, nur dachte ich, dass kaum jemand, der sich KEIN Implantat hat setzen lassen und die Lücke belässt von seinen Erfahrungen in einem Implantatforum berichten würde. Daher meine Ausführungen mit der Meinung meiner Behandler zu meiner Lücke im Frontzahnbereich.

Gleichzeitig wollte ich noch mal auf das Risiko von Knochenersatzmaterial bei vorhandenem Knochenabbau hinweisen. Hat sich der Knochen bereits abgebaut aufgrund der Vorerkrankung, kann es vorkommen, dass Erreger/Bakterien bis zum Knochenmark durchgedrungen sind und dort eine Infektion mit Name "Osteomyelitis" in Gange setzen. Auf dem Aufklärungsbogen des KEMs wird auf die Gefahr hingewiesen, doch die Patienten können die Risiken dennoch nicht einschätzen. Auch verwenden immer noch einige Behandler dieses Material, ohne mit dem Patienten vorher darüber zu sprechen.

Diese Art von Entzündung ist sehr schwer zu diagnostizieren und verursacht anfangs zwar diffuse Beschwerden, aber keine auffällige. Nach und nach verschlimmert der Zustand sich. Die Patienten durchlaufen einen Arztmarathon, werden sogar in Universitätskliniken vorstellig - und letztendlich überall abgewiesen. Bis sie zu einer Spezialsprechstunde auf Osteomyelitis stoßen. Die chronische Form ist besonders schwer zu diagnostizieren. Der Knochen stirbt von innen ab (Knochennekrose). Im fortgeschrittenen Zustand kann die Erkrankung zur Amputation der Gesichtsknochen führen. Es gab hier so einen Fall... tragisch.

Diese zusätzliche Info noch bis zur endgültigen Entscheidungsfindung.
Suchbegriffe im Netz: "Osteomyelitis" + "Knochenmarkentzündung" + "Kieferknochen"



  • 1