Das ist genau die Frage, die ich mir früher auch gestellt habe. Hätte sie mir jemand beantwortet, wären mir sechs qualvolle Jahre, mehrere Operationen und einen Haufen Geld erspart geblieben.
Ein Implantat kann in einem schrägen Winkel zum Kieferknochen gesetzt sein. Trotzdem kann es zum Teil einen Verbund mit dem Knochen eingehen. Wenn aber von einer Seite die Knochenummantelung fehlt, dann gibt es keine stabile Verankerung im Knochen. Das gilt vor allem bei Frontzähnen, weil der Kiefer dort sehr schmal ist. Deshalb sollte von allen Seiten GENÜGEND Knochen vorhanden sein, damit die dünne Wand bei Belastung standhält. Beim Abbeißen wird eine hohe Kraft auf das Implantat ausgeübt.
Beispiel für ein Implantat, das von der vestibulären (= Frontseite) Seite nur zu einem Drittel mit Knochen bedeckt ist. Der fehlende Knochen war weder auf Röntgenaufnahmen (Zahnfilm, Panoramaschicht) noch auf DVT zu sehen. Dennoch war das restliche Implantat mit dem Knochen verwachsen.
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In der Physik gilt: Kraft mal Kraftarm = Last mal Lastarm. Das ist das sog. „Hebelgesetz“. Die Kraft ist umso höher, je länger der Hebelarm (= Lastarm) ist. Das bedeutet, je länger die Krone + unbedeckte Implantatseite, desto höher ist die Kraft, die beim Abbeißen auf das kleine Stück Knochen über dem Implantat ausgeübt wird. Beim Abbeißen entstehen dadurch Risse im Knochen. Das verursacht natürlich Schmerzen.
Gesetzt dem Fall, dass dein Implantat nicht stabil verankert ist (und davon muss beim Mitdrehen des Implantats beim Einschrauben des Abutments nach drei Monaten ausgegangen werden), könnte es später massive Probleme geben. Im Klartext bedeutet das: auch wenn dein Implantat jetzt wieder teilweise einen Verbund mit dem Knochen eingehen würde, du später, wenn die Prothetik drin ist, damit trotzdem nicht abbeißen kannst. Du würdest dir immer wieder selber Schmerzen zufügen. Folge: Belastungsvermeidung. Bei den Ausweichversuchen beißt man sich immer wieder auf Lippe, Wangeninnenseite und Zunge, das Gesicht wird ganz schief, möglicherweise leidet auch das Sprechen darunter.
Deshalb ist es unseriös dem Patienten die Option „Abwarten“ anzubieten, ohne eine eingehende Untersuchung durchzuführen. Es KANN sein, dass die Verknöcherung noch nicht abgeschlossen war. Nur in diesem Fall könnte es noch was werden, aber mit mindestens 6 Monate Wartezeit. Da aber Schmerzen beim Eindrehen entstanden sind, ist die Variante mit der fehlenden Knochenwand viel wahrscheinlicher. Solche Implantate werden in der Fachwelt „Spinner“ genannt (engl. für „Dreher“).
Die funktionelle Beeinträchtigung, verursacht durch fehlenden oder zu dünnen Knochen, kannst du zum ersten Mal beurteilen, wenn die vollständige Prothetik eingebracht ist. Erst wenn die Krone drauf ist und du damit versuchst abzubeißen, wird über den Hebelarm ( = Krone + freiliegender Teil des Implantats) eine Kraft auf das Implantat ( = Lastarm) ausgeübt. Dann muss der Knochen dieser Kraft standhalten, wenn nicht, bricht womöglich einen Teil des Kieferknochens ein. Das tut extrem weh und verursacht ständiges quälendes Pochen und Hämmern im Kiefer.
„Abwarten“ bis der knochen wieder mit der Implantatoberfläche verbunden ist, birgt deshalb ein hohes gesundheitliches und finanzielles Risiko, denn wenn die Prothetik fertig ist, verlangt der ZA natürlich Bezahlung. Und der Patient riskiert eine Explantation – unter extrem hohen Risiken.