Zahntechniker schlagen Alarm: Umsatzrückgänge von 30 Prozent im Jahr 2005


KREIS PEINE. Die Bohrer sirren kreischend, die Puster zischen Luft in den Raum: Die Geräusche in dem roten Backsteinbau in Broistedt erinnern zwar an Zahnarzt, aber hier entstehen Brücken, Kronen und Implantate. Doch die Geschäftigkeit im Dentallabor trügt. Die Zahntechniker schlagen Alarm. Die Gesundheitsreform hat ihnen kräftige Einbußen beschert.

„Bundesweit haben wir im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von rund 30 Prozent hinnehmen müssen“, bezieht sich Jürgen Dyck auf Daten der niedersächsischen Zahntechniker-Innung. Der 55-Jährige übt seinen Beruf seit 40 Jahren aus. 1982 hat er die Meisterprüfung bestanden und sich ein Jahr später selbständig gemacht.

Krankenkassen zahlen nur noch Festzuschüsse

Eins der wenigen schlechten Jahre seitdem sei 2005 gewesen, Grund dafür die Gesundheitsreform, erläutert Dyck. Früher hätten die Krankenkassen prozentual die Kosten für Zahnersatz übernommen, nun gebe es Festzuschüsse. Lutz Wolf, Obermeister der Zahntechniker-Innung Niedersachsen, erläutert die Auswirkung: Wer einige früher übliche Leistungen haben möchte, müsse nun mehr zuzahlen.

„Bestimmte Leistungen werden nicht mehr bezuschusst“, sagt Lutz Wolf. Dazu gehöre zum Beispiel die Teleskopversorgung, eine bestimmte Technik bei Zahnersatzverbindungselementen. Die Nachfrage sei um 80 Prozent zurückgegangen. Das habe Folgen.

„Einige Patienten bleiben aufgrund des Eigenanteils ganz weg, andere nehmen möglichst einfachen Zahnersatz“, erzählt der Obermeister. „Dabei geht es hier um die Gesundheit.“ Die Forderung der Innung sei deshalb, zum alten Versorgungssystem zurückzukehren.

Wolf betrachtet besorgt, dass Patienten Zahnersatz im Ausland bestellen. „Zahnersatz wird individuell angefertigt.“ Die genaue Passung und zum Beispiel die Farbe könne nur in enger Abstimmung mit dem Zahnarzt oder mit dem Patienten direkt angepasst werden. „Wer kann schon dafür nach China fahren?“

Die Auswirkungen dieser Entwicklungen laut Wolf: Die Zahl der arbeitslosen Zahntechniker sei vom Jahr 2004 auf 2005 landesweit stark gestiegen. Auch Jürgen Dyck hat zunächst Mitarbeiter entlassen, nach einigen Monaten einige jedoch wieder einstellen können. Zurzeit beschäftigt er in seinem Betrieb 24 Mitarbeiter.

„Eigentlich ein Traumberuf“

Die Patienten seien verunsichert und deshalb zurückhaltend, hat auch Heinz-Werner Twachmann beobachtet. Der Chef des Dentallabors „dentaline“ in Peine setzt auf Aufklärung und Beratung. „In Deutschland bekommt man wenigstens eine Grundversorgung“, ist er froh. Danach gebe es die Bandbreite von dem Basismodell bis zur neuesten Entwicklung. Bei der Wahl gingen die Patienten auch davon aus, was sie sich leisten könnten.

Im Vergleich zur Baubranche, habe sich die Situation bei den Zahntechnikern stabilisiert, skizziert Jürgen Dyck. Er wünscht sich „ein bisschen Ruhe in der Branche“. Denn eigentlich sei Zahntechniker ein Traumberuf. Die Implantate und der Ersatz seien mittlerweile sehr nah an der Natur. „Man sieht so viele glückliche Menschen.“

Von Petra Sandhagen

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999