Zahnmedizinische Forschung reicht weit über die Mundhöhle hinaus


Kardiovaskuläre Erkrankungen, die zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen
können und zu den häufigsten Todesursachen hierzulande zählen, stehen
in Zusammenhang mit chronischen Entzündungen in der Mundhöhle. Das haben
epidemiologische Studien in den vergangenen zehn Jahren belegt.,
Darüber hinaus haben aktuell erste Interventionsstudien gezeigt, dass
durch parodontale Therapie Marker der subklinischen Atherosklerose
positiv beeinflusst werden können. Experimentelle Studien zur Rolle der
parodontalen Infektion bei der Atherogenese haben mehrere plausible
Mechanismen nachgewiesen. Pathogene parodontale Bakterien spielen dabei
eine wichtige Rolle. Sollten sich in weiteren Studien die positiven
Auswirkungen parodontaler Behandlung in der Prävention der
Atherosklerose bestätigen, hätte dies angesichts der hohen Verbreitung
der Parodontitis und kardiovaskulärer Erkrankungen bedeutende
gesundheitsrelevante Implikationen.

Für viele noch ein Traum – aber bald schon Realität? Die Züchtung neuer
Zähne ist im Tierversuch bereits gelungen. Dazu beschäftigt sich die
dentale Stammzellforschung mit sogenannten adulten Stammzellen, die aus
fast allen Organen und Geweben der Mundhöhle isoliert werden können.
Solche Stammzellen können "reprogrammiert" werden und sind für
Anwendungen in der Mundhöhle geeignet. Die Neubildung von Zähnen im
lebenden Organismus wird mit verschiedenen Ansätzen angestrebt, z.B. mit
Transplantations- oder molekulargenetischen Verfahren und hat 2009
erstmalig zur erfolgreichen Zahnkeimbildung mit dem Entstehen eines
okklusal (in die Kaufläche hinein) belastbaren Zahns bei der Maus
geführt. Für den künftigen Einsatz beim Menschen wird eine enge
Verknüpfung zwischen biomedizinischer Forschung, Zahnmedizin und
Dentalindustrie angestrebt.

Wie geht man mit einer sogenannten verkürzten Zahnreihe um? Diese Frage
stellt sich vielen Menschen, denn häufig gehen Backenzähne vor den
Frontzähnen verloren. In der Folge können Einschränkungen beim Kauen
oder langfristig auch negative Auswirkungen auf die Mundgesundheit
entstehen. Welche Therapie hier am sinnvollsten wäre, das Anhängen,
Implantieren oder Belassen, prüft die bundesweit bisher größte
durchgeführte randomisierte Therapiestudie der prothetischen
Zahnmedizin. Sie ist mit 14 universitären Studienzentren angelegt und
wird Ende 2010 abgeschlossen. Die Ergebnisse werden unter den
Gesichtspunkten gesundheitlicher Nutzen, Patientenzufriedenheit und
Kosteneffizienz eine Neubewertung der Therapie ermöglichen.

Biofilme in Wasserleitungen führen zu Verkeimungen, an Zahnoberflächen
sorgt ein solcher Biofilm für die Volkskrankheit Karies. Bestimmte
Mikroorganismen im ausgereiften bakteriellen Zahnbelag verstoffwechseln
niedermolekulare Kohlenhydrate zu organischen Säuren, welche die
Zahnoberfläche entmineralisieren – es entsteht Initialkaries. Für eine
wirksame Kariesprophylaxe wird an der weiteren Aufklärung der
Bioadhäsionsprozesse auf Zahnoberflächen geforscht. So soll die
Entstehung pathogener Biofilme als Ursache der Karies verhindert oder
modifiziert werden.

Eine Weltpremiere feiert zur Eröffnung der Pressekonferenz der
computeranimierte Film "3D – Kommunkation der Zellen – Die
Osseointegration", der mit spektakulären Bildern in die Welt der
Thrombozyten, Fibroblasten oder Markophagen entführt. Unter
Osseointegration versteht man den direkten funktionellen und
strukturellen Verbund zwischen dem organisierten, lebenden Knochengewebe
und der Oberfläche eines belasteten Zahnimplantats. Im Film werden
komplexe biodynamische Prozesse dramaturgisch und didaktisch so
gestaltet, dass diese in der Aus-, Fort- und Weiterbildung eine
wertvolle Unterstützung in der Wissensvermittlung bieten. Mit diesem
Film startet die Exzellenzinitiative "Lebendige Wissenschaft", in der
sukzessiv alle relevanten biomedizinischen Prozesse in der ZMK als
3-D-Computerfilmanimationen produziert und in einer 3-D-Filmbibliothek
der zahnmedizinischen Fachwelt zur Verfügung gestellt werden sollen.

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 14 November 2010