Die Wiener Gebietskrankenkasse begründete ihre Entscheidung mit der Auffassung, dass ein Setzen von Implantaten in den Kiefer ähnlich wie eine Brustvergrößerung oder ein Facelift als Privatsache in der Freizeit oder im Urlaub vorgenommen werden müsse. Eine Krankmeldung für diese Art der chirurgischen Eingriffe sei ungültig.
Anfang Juli wurden einem 50-jährigen Grafiker aus Österreich an einem Freitag zwei Implantate in den Kiefer gesetzt. Den Operationstermin legte der Arbeitgeber-freundliche Angestellte extra auf den Tag vor dem Wochenende, weil er hoffte, mit den Wochenendtagen zusammen insgesamt weniger Fehltage zu haben. Vollgepumpt mit Antibiotika und starken Schmerzmitteln stellte er sich anschließend bei seinem Hausarzt vor, weil er sich nicht in der Lage fühlte zu arbeiten. Der Hausarzt schrieb ihn aufgrund seiner Beschwerden inklusive Montag zwei Tage krank.
Circa zwei Wochen später benachrichtigte die Wiener Gebietskrankenkasse den Arbeitgeber des Grafikers, dass die Krankmeldung ungültig sei und die Krankschreibung „aus medizinischen Gründen“ aberkannt würde. Die genauen medizinischen Gründe sind der Redaktion nicht bekannt und auf der homepage der Krankenkasse auch nicht nachvollziehbar. Laut Anmerkungen des Hausarztes unseres Grafikers käme dieses jedoch immer mehr vor. Begründung der Krankenkasse: Nach Auffassung der Wiener Gebietskrankenkasse seien chirurgische Operationen für Zahnimplantate grundsätzlich wie Schönheitsoperationen einzustufen, diese haben in der Freizeit vorgenommen zu werden.
Die WHO hat es 1948 definiert, Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens, und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen. Die Art des Leistungskataloges der jeweiligen Krankenkasse spielt dort keine Rolle.
Obwohl der angestellte Grafiker in seinen 33 Berufsjahren bisher sehr selten krank zu Hause geblieben ist, kam es zu keiner kulanten Einzelfallentscheidung zugunsten des Versicherten. Es stellt sich abschließend noch die Frage, ob es dem österreichischen Hausarzt vielleicht nur an Spitzfindigkeit gemangelt hat. Hätte er seinen Patienten nur wegen der medizinisch notwendigen Extraktion von zwei Zähnen krankgeschrieben (und wären die Implantate am gleichen Tag gesetzt worden), wäre der Krankenschein vielleicht wahrheitsgemäß ausgefüllt und trotz Implantation gültig geblieben.
Bei deutschen gesetzlichen und privaten Versicherungen ist die Anerkennung von durch den Arzt bescheinigten Krankheitstagen nach einer Zahnimplantation durch die Versicherung völlig in Ordnung. Wer krank oder gesund ist, dies gilt unabhängig vom Eingriff und wird hier immer noch vom (Zahn-)Arzt bestimmt.
Trotz anderem Handeln widerspricht die Wiener Gebietskrankenkasse gemäß den Angaben auf ihrer homepage dieser Auffassung nicht unbedingt. Dort steht: „Ein von der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt festgestellter Krankenstand bleibt solange aufrecht, wie Sie arbeitsunfähig krank sind und sich nachweislich in ärztlicher Behandlung befinden. Grundsätzlich ist die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt auch für Ihre Gesundmeldung zuständig.“. Im Fall des Grafikers aus Wien offenbar nicht, dort kann das auch die Krankenkasse.
Quelle: www.unzensuriert.at/content/0018213-Krankenkassa-verweigert-Zahn-Operierten-den-Krankenstand