Tag der Zahngesundheit: Mehr Genuss mit 65 plus!


Was sich bei den Vorträgen der Referenten aus Zahnärzteschaft,
Krankenkassen und zahnmedizinischer Wissenschaft zum diesjährigen Motto
„Gesund beginnt im Mund – mehr Genuss mit 65 plus!“ sehr deutlich
zeigte, ist der große Gewinn an mundgesundheitsbezogener Lebensqualität
als Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen. „Ein Zahnersatz kann heute
wichtige ästhetische und funktionelle Anforderungen erfüllen“, sagte die
wissenschaftliche Referentin, Prof. Dr. Ina Nitschke, Präsidentin der
Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin, „und auch ein
greisenhaftes Gesicht, wie es sich bei Zahnverlust einstellt, ist heute
vermeidbar. Das gehört zu den vielen Errungenschaften der modernen
Zahnheilkunde, um die uns frühere Generationen beneiden würden.“
Entsprechende Anerkennung gab es vom Vertreter des Spitzenverbandes der
Gesetzlichen Krankenkassen, Dr. Michael Kleinebrinker: „Die
durchschnittliche Mundgesundheit der über 65-Jährigen hat sich in den
letzten Jahren deutlich verbessert. So ist die Anzahl der
Totalprothesenträger in den letzten Jahren gesunken, gleichzeitig
bleiben bei den Senioren immer länger und immer mehr die eigenen Zähne
erhalten.“ Zu dieser erfreulichen Entwicklung trägt auch bei, dass die
Zielgruppen präventionszahnmedizinischer Maßnahmen sich erweitert haben:
Wie Professor Oesterreich erläuterte, ist für die Prävention neben den
Kindern und Jugendlichen mittlerweile auch die ältere und alte,
teilweise auch pflegebedürftige Bevölkerung als Zielgruppe von großer
Bedeutung. Die intensive Forschungsarbeit der Zahnärzteschaft, die
sowohl medizinische als auch soziale Aspekte im Blick hat, habe dazu
beigetragen, neue Erkenntnisse über die Chancen und Probleme dieser
Patientengruppen in der Zahnarztpraxis zu gewinnen. Es zeige sich, dass
der Wunsch der Menschen im Alter von „65 plus“ nach hoher Lebensqualität
und aktiver Beteiligung am sozialen Alltag einen starken Einfluss auf
die Entwicklung entsprechender zahnmedizinischer Verfahren und Produkte
ausgeübt habe – eine Entwicklung, die sich als stete Herausforderung an
das Fach zeige, allerdings auf bereits eindrucksvollem Niveau.
„Zielsetzung unserer Bemühungen“ sagte Professor Oesterreich, „ist die
sogenannte Kompression der Morbidität, d.h. die Verschiebung der
Krankheitslast für den einzelnen Patienten in einen möglichst kurzen
endständigen Lebensabschnitt.“

Körper, Seele, Alltagswelt

Wie
erheblich die Anstrengungen sind, die zur Sicherung der oralen und
systemischen Gesundheit der älteren Bevölkerung beitragen, zeigte sich
an einer Vielzahl von Aufgaben und Maßnahmen, die bei der
Pressekonferenz dargestellt wurden. Menschen verändern sich beim
Älterwerden nicht nur biologisch, sondern auch im Hinblick auf ihre
Allgemeingesundheit, auf ihre seelische und auch soziale Situation. Die
biologischen Verhältnisse im Mund können beim Alterungsprozess zu
Gewebeabbau führen, sodass beim Hinzutreten von Risikofaktoren
Krankheiten ausgelöst werden, die zum Zahnverlust führen. Die
gesundheitliche Situation kann die Mundgesundheit durch Auswirkungen
chronischer Erkrankungen und regelmäßiger Medikation belasten.
Andererseits wirken sich beispielsweise entzündliche
Parodontalerkrankungen auch auf die im Alter oft geschwächte
Allgemeingesundheit aus. Seelische Belastungen wie geänderte
Alltagsabläufe im Ruhestand oder auch der Verlust eines Partners haben –
wie jeder andere Stress auch – Einfluss auf das Immunsystem und damit
auch auf den Heilungsprozess. Die sozialen Veränderungen und der Wunsch,
am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und sich „jugendlich“ zu
fühlen, so Professorin Nitschke, erfordern von der Zahnmedizin
Behandlungen, die sowohl in Funktion als auch in Bezug auf Ästhetik und
Komfort sehr anspruchsvoll sind. Alle diese Konstellationen
patientenindividuell zu beachten, sei eine große Aufgabe, der sich ihr
Berufsstand aber gerne stelle. Allerdings sei auch der Patient selbst
aufgerufen, seinen Teil zu dieser Entwicklung beizutragen.
„Die
gesetzlichen Krankenkassen stellen einen umfangreichen
Behandlungskatalog zur Verfügung“, sagte Dr. Kleinebrinker, und empfahl
der Altersgruppe 65 plus, die Angebote rund um die Früherkennung auch
konsequent zu nutzen: „Es muss alles getan werden, dass die Menschen
nicht nachlässig mit der Vorsorge umgehen. Auch Senioren sollten die
üblichen Kontrolluntersuchungen wahrnehmen!“ Regelmäßige Mundhygiene,
auch in den Zahnzwischenräumen, und sorgfältige Prothesen-Hygiene seien
unumgänglich, wie alle Referenten betonten – zudem gebe es vielfältige
spezielle Hilfsmittel, die z.B. auch bei nachlassender Mobilität eine
gute Mundhygiene ermöglichen. Professor Oesterreich: „Die regelmäßige
und individuelle präventionsorientierte Betreuung in der zahnärztlichen
Praxis, auch zur Optimierung der eigenen Mundhygiene, besitzt für diese
Bevölkerungsgruppe ebenso einen erheblichen Stellenwert.“

Disziplinen übergreifende Aufgaben

Dass
die gewünschte Sicherung der oralen und systemischen Gesundheit der
älteren Bevölkerung keine Aufgabe allein für die Zahnärzteschaft sein
kann, wurde in den Ausführungen der Referenten mehr als deutlich.
Professor Oesterreich: „Die Ursachen für Unterschiede in der Gesundheit
und für das Entstehen von Erkrankungen sowie die Bedingungen für
gesundheitsbewusstes Verhalten sind mehrdimensional. Grob
zusammengefasst sind die dafür verantwortlichen Bereiche zu unterteilen
in Gesundheits(versorgungs)system(-Politik), sozio-ökonomisch-kulturelle
Umfeldrisiken und biologisch-somatische sowie Umwelt-Risiken.“ Die
Bundeszahnärztekammer habe als Zielsetzung für das Jahr 2020 festgelegt,
dass „die Häufigkeit der vollständigen Zahnlosigkeit in der
Altersgruppe 65 bis 74 Jahre auf möglichst 15 Prozent reduziert werde.
Die 4. Deutsche Mundgesundheitsstudie (2005) weist noch rund 23 Prozent
aus. Da mehr natürliche Zähne aber auch mehr Erkrankungen wie
Wurzelkaries und Parodontitis mit sich bringen, müsse von einer
deutlichen fachlichen, aber auch ökonomischen Herausforderung
ausgegangen werden. Auch dies zeige, so Professor Oesterreich, dass
nicht nur die Zahnärzteschaft und die Krankenkassen, sondern auch
Politik und Gesellschaft gefragt und gefordert sind, die Bewältigung der
Herausforderungen durch den demografischen Wandel und dem damit
verbundenen Ziel, „gesund älter zu werden“, aktiv und kreativ in Angriff
zu nehmen.

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 12 September 2012