Zahnschmerzen: wer schonmal welche hatte, weiß, wie zermürbend sie sein können. Was aber tun, wenn der Zahnarzt garnicht der richtige Ansprechpartner für die empfundenen Schmerzen ist? Experten zufolge leiden immer mehr Patienten unter stressbedingten Zahnbeschwerden.
Kopfsache: Erhöhter Stress verursacht Zahnleiden
Der Zahnarzt und Gutachter der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) Mike Jacobs aus Dillingen verfolgt den Trend schon seit einiger Zeit: Patienten kommen mit Zahnleiden in die Praxis, ohne dass ihre Beschwerden mit einer konventionellen Zahnbehandlung zu heilen sind. „Sowohl die Zahl der Beschwerden als auch deren Intensität haben sich in den letzten 30 Jahren vergrößert“, erklärte Jacobs der Deutschen Presse-Agentur.
Nächtliches Zähneknirschen: falsche Art der Stressbewältigung
Der Trend der Stresszunahme lies sich schon in dem Bericht der Krankenkassen ablesen: 2016 wurden gesetzlich Versicherten rund 1,6 Millionen Aufbiss-Schienen verschrieben, damit konnte ein Anstieg von knapp 16 Prozent seit 2012 beobachtet werden. Das Knirschen (Bruxismus) ist oft psychosomatisch bedingt, eine falsche Art der Stressbewältigung. Die Zunahme der Knirscher wird mit erhöhtem Stress im Job und Alltag begründet.
Psychosomatischer Stress als Auslöser für Zahnschmerzen
Gegen Bruxismus lässt sich eine Aufbiss-Schiene verschreiben. Doch nicht alle stressbedingten Zahnleiden haben ihren Ursprung im Knirschen. „Mein größter Misserfolgs-Fall war ein Patient, der mit ein und demselben Problem insgesamt – mit Nachbehandlungen – über 150 Mal zur Behandlung kam, und kein Mensch konnte ihm helfen“, führte Jacobs an. Erst später habe sich herausgestellt, dass der Patient unter einer Depression gelitten habe.
„Lebensweltliche Belastungen“ des Patienten könnten sich schnell auf die neurologischen Strukturen der Gesichtsbahn übertragen. Das führe dazu, dass Zahnärzte oft Schmerzen behandelten, deren Ursache gar nicht im Kiefer zu finden sei.“
Kann der Zahnarzt mehr tun, als seinen Job?
Psychosoziale Belastung kann sich auf viele Arten äußern. „Die Zahnmedizin krankt daran, dass der Patient oft nur mit dem Mund als Werkstück wahrgenommen wird.“, so der Gutachter. Eine Intensivierung der interdisziplinären Arbeit und eine Sensibilisierung der Zahnärzte während der Ausbildung sind zwar durchaus wünschenswerte Lösungsansätze, jedoch wird das wohl kaum den Kern des Problems angehen: die Menschen sind grundgestresst und die Tendenz geht nicht gen Entspannung. Dieses Gesellschaftliche Problem wird ein Zahnarzt nicht lösen können, zumal Patienten mit eingebildeten Zahnschmerzen, die wieder und wieder seine Praxis aufsuchen, nicht dazu beitragen, dass sich sein eigenes Stress-Level senkt.
Quelle: dpa