Schnellimplantate nur bei perfekten Voraussetzungen


Die Hersteller von Zahnimplantaten sind mit neuen Entwicklungen den
Wünschen der Patienten gefolgt, die so rasch wie möglich mit
festsitzendem Zahnersatz versorgt sein möchten. „Manches System zeigt
dabei beeindruckende Ergebnisse – auch wenn Langzeiterfahrungen noch
nicht vorliegen“, sagt dazu Dr. Helmut B. Engels, Vorsitzender des
BDIZ/EDI (Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa
e.V.), „es darf aber nicht vergessen werden: Eine schnelle Implantation
in wenigen Minuten, wie es manche Hersteller über neue Systeme
vermarkten, verlangt perfekte Voraussetzungen, und die sind bei den
wenigsten Patienten gegeben.“ Bevor ein Implantat gesetzt werden könne,
seien einige Schritte unverzichtbar: „Ehe man bei dem chirurgischen
Teil der Behandlung, der Aufbereitung des Implantatfaches, angekommen
ist, ist bereits eine Diagnose der Mundverhältnisse und des gesamten
Gesundheitszustandes des Patienten erfolgt, ebenso eine Planung des
späteren Zahnersatzes nach Prüfung aller Alternativen, möglicherweise
auch eine längerdauernde Behandlung der geplanten Implantatregion,
damit der Bereich gesund und fest wird“, sagt Dr. Engels. Gerade wenn
der Zahnverlust, der durch das Implantat ausgeglichen werden soll,
beispielsweise aufgrund von Zahnbetterkrankungen eingetreten sei, müsse
mit oft aufwändigen Vorbereitungsmaßnahmen gerechnet werden: „Es ist
gar nicht selten, dass Menge und Qualität des vorhandenen Hartgewebes,
also des Kieferknochens, nicht ausreichen, um das Implantat zu stützen.
In solchen Fällen müssen wir durch eine sogenannte Augmentation erst
Knochen wieder aufbauen.“ Oft sei auch das Weichgewebe, das Zahnfleisch
nicht in einem Zustand, der eine Implantation möglich mache. „Wenn es,
wie wir es häufig sehen, entzündet ist, muss zuerst die Infektion
ausgeheilt sein. Manchmal hat sich das Gewebe auch so zurückgebildet,
dass wir durch Transplantationen erst einen Ersatz in der
Operationsregion wachsen lassen müssen.“ Zahnersatz sei zudem erst dann
wirklich schön und ästhetisch, wenn wie bei den natürlichen Zähnen ein
kleines rosa Dreieck, die Papille, zwischen den einzelnen Zähnen
sichtbar sei: „Mit entsprechender Vorbereitung und einer ausreichend
langen Ausheilphase ist das bei einer Implantation heute vielfach
realisierbar.“

Die genannten Verfahren zur Vorbereitung einer Implantation seien
einerseits nicht so aufwändig oder belastend, dass sie Patienten von
einer Versorgung abhalten sollten, zudem seien die nötigen technischen
Schritte wissenschaftlich fundiert und stellen in der Regel kein
Behandlungsproblem dar. Andererseits verursachten diese Schritte aber
einen erheblichen Zeit- und oft auch Materialaufwand, der sowohl
eingeplant als auch honoriert werden müsse.
Patienten sollten eher nicht damit rechnen, dass sie nach ein paar
Minuten, wie manche Berichte suggerieren, mit ihren neuen Dritten auf
festsitzenden Implantaten nach Hause gehen können. Dr. Engels: „Eine
schnelle und erfolgreiche Implantatversorgung ist im Interesse der
Patienten – aber auch in unserem, weil wir in kürzerer Zeit mehr
Patienten mit diesem modernen Verfahren behandeln können. Aber die
Natur lässt sich nicht hetzen. Bei einer Implantation gehen ein
Werkstoff, zumeist Titan, und die biologischen Zellen des Körpers eine
haltbare Verbindung ein. Die Technik können wir verbessern und
vereinfachen – die biologischen Gesetze aber (noch) nicht unseren
Wünschen unterordnen.“ Er empfehle daher an Implantaten interessierten
Patienten, sich mit einem erfahrenen Implantologen ausgiebig zu
beraten.

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999