Nanoforscher untersuchen Karies


Bei Karies, der häufigsten Zahnerkrankung, greifen von Bakterien
produzierte Säuren die Zähne an und lösen die in Zahnschmelz, Zahnbein
(Dentin) und Wurzelzement vorhandenen Mineralien heraus. Solange der
äussere Zahnschmelz intakt ist, lassen sich erste Schadstellen durch
Fluoridpräparate und durch eine gute Zahnhygiene in begrenztem Mass
remineralisieren. Was beim Zahnschmelz noch teilweise funktioniert, gilt
aber nicht für das Zahnbein: Sind die Bakterien und Säuren einmal
tiefer ins Dentin eingedrungen, muss der Zahnarzt die betroffene Stelle
weiträumig mit dem Bohrer entfernen, bevor der Zahn mit einer Füllung
rekonstruiert werden kann.

Remineralisierung des Dentins angestrebt
Das Zahnbein besteht nicht nur aus keramischen Komponenten, sondern
enthält etwa zu einem Fünftel auch organisches Material. Bereits früher
wurde vermutet, dass diese organischen Bestandteile – insbesondere
bestimmte Struktureiweisse (Kollagen) – von einer Schädigung unberührt
bleiben und dass ihre Struktur Ausgangspunkte für eine Remineralisierung
bieten könnte. Um diese Hypothese zu überprüfen, nutzten die Forscher
um Prof. Bert Müller vom Biomaterials Science Center der Universität
Basel eine Röntgenstreumethode, um die Kollagendichte von gesunden und
kariösen Zahnstellen miteinander zu vergleichen.

Dazu zersägten die Forscher gesunde und kariöse Zähne in dünne
Scheibchen von 0,2 bis 0,5 Millimeter und untersuchten sie mithilfe
eines als ortsaufgelöste Kleinwinkelröntgenstreuung (Scanning
Small-Angle X-ray Scattering, SAXS) bezeichneten Verfahrens. Bei der
Untersuchung stellten sie fest, dass die Kariesbakterien zunächst nur
die keramischen Komponenten des äusseren Zahnschmelzes und des darunter
liegenden Zahnbeins zerstören. Hingegen bleibt in einem frühen bis
mittlerem Kariesstadium ein erheblicher Teil des kollagenen Grundgerüsts
des Zahns erhalten.

Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass ihr Verfahren künftig nicht
nur die Entwicklung biomimetische Zahnfüllungen ermöglichen wird,
sondern dass auch Kariesbehandlungen entwickelt werden können, welche
auf dem unbeschädigten Kollagengerüst aufbauen und die Remineralisierung
des geschädigten Dentins beispielsweise mit Nanopartikeln erlauben.

Dichte und Orientierung von 60 bis 70 nm grossen Nanostrukturen: Das Farbrad zeigt die Orientierung des Streusignals, die Farbsättigung den Orientierungsgrad und die Farbintensität die Streudichte. Während man die kariöse Schädigung der keramischen Komponenten links) im Zentrum der Zahnscheibe deutlich erkennen kann, ist diese im Kollagen (rechts) unsichtbar.
Dichte
und Orientierung von 60 bis 70 nm grossen Nanostrukturen: Das Farbrad
zeigt die Orientierung des Streusignals, die Farbsättigung den
Orientierungsgrad und die Farbintensität die Streudichte. Während man
die kariöse Schädigung der keramischen Komponenten links) im Zentrum der
Zahnscheibe deutlich erkennen kann, ist diese im Kollagen (rechts)
unsichtbar.
Foto: Biomaterials Science Center der Universität Basel

Originalbeitrag
Hans Deyhle, Oliver Bunk, Bert Müller
Nanostructure of healthy and caries-affected human teeth
Nanomedicine: Nanotechnology, Biology, and Medicine (in press) | doi: 10.1016/j.nano.2011.09.005

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 08 November 2011