Kassen und Leistungserbringer kritisieren den Gesundheitsfonds – moderne Therapien bald unbezahlbar f


Erstmals traten Leistungserbringer und Krankenkassen am
Freitag(11.08.2006) in Stuttgart gemeinsam an die Öffentlichkeit und
gabenden Eckpunkten aus Berlin unisono ein "mangelhaft". Durch den
geplanten Einheitsverband, so der Vorstandschef der
AOKBaden-Württemberg, Dr. Rolf Hoberg, werden die Qualität
medizinischerLeistungen und die Honorare dafür ohne Kenntnis regionaler
Gegebenheiten einheitlich festlegt und damit markwirtschaftliche
Mechanismen noch weiter zurückgedrängt. Keine Kassen(Error! Post not found for word:zahn)ärztliche
Vereinigung und keine Krankenkasse in Baden-Württemberg verhandelt dann
mehr über die beste medizinische Versorgung für die Bevölkerung und
deren Preis.

Nach Ansicht des Kassenchefs gehe es nicht um Besitzstandswahrung oder
gar die Angst vor mehr Wettbewerb. Vielmehr sei es jetztnotwendig,
Patienten und Versicherten reinen Wein einzuschenken darüber, was auf
sie zukommt. Hoberg: "Es wird die regionale Vertragskompetenz in
Selbstverwaltung einfach so abgeschafft, als ob sie Selbstzweck wäre.
Die Folgen sind für alle Beteiligten negativ:Dem Patienten droht eine
Einheitsversorgung, die keine zusätzlichenLeistungen, die sich aus dem
medizinisch-technischen Fortschrittergeben, kennt. Der Patient wird für
solche Zusatzleistungen vielmehr in die eigene Tasche greifen müssen."

Gerade bei den Finanzwirkungen wird für den
Vorstandsvorsitzendendes Landesverbandes der Betriebskrankenkassen in
Baden-Württemberg, Konrad Ehing, das bisherige, überdurchschnittliche
Vergütungsniveau für medizinische Leistungen im Lande nicht länger zu
halten sein,wenn die Eckpunkte bleiben wie sie sind. Ehing: "Wir haben
errechnet, dass bei bundeseinheitlich festgelegten Beiträgen und
Gebühren fürärztliche Leistungen und für Krankenhausbehandlungen über
alle Kassenarten hinweg insgesamt rund 440 Millionen Euro weniger
inBaden-Württemberg zur Verfügung stehen werden." Auch die übrigen
Leistungserbringer werden betroffen sein und das habe Auswirkungenauf
den gesamten Gesundheitsmarkt in Baden-Württemberg.
Der Abfluss dieser Finanzmittel wird dazu führen, dass sich die
Versorgung der Patienten in Baden-Württemberg auf Dauer verschlechtern
wird. "Wir haben in Baden-Württemberg eine langeTradition, die
Versorgungsqualität für die Patienten durch individuelle regionale
Vertragsabschlüsse der KassenärztlichenVereinigung Baden-Württemberg
(KVBW) mit den Kassen zum Wohle derPatienten zu gestalten. Die hiesigen
Regelungen zur Behandlung von Dialysepatienten beispielsweise führen
gemessen am Bundesdurchschnitt zu einer verbesserten Lebenserwartung
der Betroffenen. Auch die Medikamenteneinnahme konnte durch die
verbesserte Dialysequalität eingeschränkt werden. Solche wirkungsvollen
Zusatzangebote gehören mit der Gesundheitsreform dann wohl der
Vergangenheit an," macht der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen
VereinigungBaden-Württemberg, Dr. Achim Hoffmann-Goldmayer, deutlich.

"Für die Patienten bedeuten die Eckpunkte, dass ihnen der Staat
Entscheidungsmöglichkeiten hinsichtlich der gewünschten Versorgung
nimmt und ihnen sehr stark vorschreibt, welche Versorgung sie überhaupt
noch erhalten können", betonte Dr. Peter Kuttruff, Zahnarztund
Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen
VereinigungBaden-Württemberg (KZV BW). Konkretes Beispiel: Mit dem
Festzuschuss-System beim Zahnersatz konnten sich bislang alle
gesetzlich Versicherten auch für moderne zahnmedizinische
Versorgungsformen entscheiden. Sie erhielten in jedem Falle den
Zuschuss für die fest definierte Standardleistung – auch wenn sie
lieber ein Implantat statt einer Krone wollten. "Wenn die Politik nun
diese höherwertigen Leistungen in der Honorierung so limitiert, dass
sie der Zahnarzt gar nicht mehr erbringen kann, ohne auf einem Teil der
Kosten sitzen zu bleiben, können dem Patienten bestimmte Leistungen gar
nicht mehr angeboten werden", so Kuttruff. Diepolitisch geforderte
Souveränität des Patienten werde mit immer mehr Vorschriften und
zentraler Zwangssteuerung untergraben.

"Für die Krankenhäuser ist der Gesundheitsfonds ein weiterer
Schritt in Richtung Zentralismus und Rationierung – er gefährdet die
medizinischen Versorgungskonzepte in den Krankenhäusern. Die
Schlaganfallversorgung, die Versorgung bei Krebserkrankungen und in der
Geriatrie werden darunter leiden," so Rainer Kontermann,Geschäftsführer
bei der Baden-WürttembergischenKrankenhausgesellschaft. Ein weiterer
Abfluss der Mittel ausBaden-Württemberg sei angesichts der bestehenden
finanziellenBelastungen der Krankenhäuser durch
Pauschalkürzungen,Tarifabschlüsse und Mehrwertsteuererhöhung nicht
hinnehmbar.

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Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999