Homöopathie und Hypnose beim Zahnarzt


Manche Zahnärzte arbeiten anders als ihre Kollegen: Da wird massiert und hypnotisiert, nach gestörten Energiebahnen gesucht oder Medizin in homöopathischen Dosen verordnet. Das Feld alternativer Heilmethoden ist auch in der Zahnmedizin groß – Schulmediziner stehen ihnen meist skeptisch gegenüber. In einem Punkt unterscheiden sich die Methoden der Alternativzahnärzte jedoch nicht von der Schulmedizin: «Wir bohren genauso wie andere Zahnärzte auch», sagt Werner Becker vom Bundesverband der naturheilkundlich tätigen Zahnärzte in Deutschland in Köln.

Entscheidend sei vielmehr, was vor und nach dem Griff zum Bohrer passiert, betont Becker. Dabei geht es um den Blick für den ganzen Menschen: «Wir wollen nicht nur die Symptome einer Erkrankung beseitigen, sondern berücksichtigen dabei die Wechselwirkungen im Körper», erläutert der Zahnarzt. Zum Beispiel könne ein kranker Darm zu Störungen im Zahn führen. Dann wäre es mit einer Behandlung des Zahns alleine nicht getan, sondern es käme vielleicht die Sanierung der Darmflora hinzu.

Patienten können diese ganzheitliche Betrachtung laut Becker schon daran erkennen, «dass wir uns mehr Zeit lassen und uns mehr für die Vorgeschichte interessieren». Auch bei Füllungen und Zahnersatz suchen naturheilkundlich tätige Zahnärzte nach Alternativen: Amalgame, Kunststoffe und Metalle könnten den Körper belasten, warnt Becker. «Darum arbeiten wir mit Werkstoffen, die allgemein verträglich sind.» Dies müsste jedoch im Einzelfall ausgetestet werden müsste. Für manche Patienten kämen Metalle wie Gold oder Kundstoffe durchaus in Frage, für andere könnten es auch Gips oder Zement sein.

Dass Wechselwirkungen zwischen Zähnen und anderen Bereichen des Körpers bestehen, bestätigen auch Schulmediziner. «Sie können nach den aktuellen Ergebnissen der interdisziplinären Forschung eine sehr große Rolle spielen», sagt Georg Meyer von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Düsseldorf. Dazu zählten Zusammenhänge zwischen Parodontalerkrankungen und Herzinfarkten wie auch zwischen Kaufunktionsstörungen und Rückenschmerzen.

Zweifel hat Georg Meyer hingegen an der Wirksamkeit alternativer Heilmethoden: Die bisherigen wissenschaftlichen Studien seien ernüchternd: «Es konnte bisher kein Nachweis über die Wirksamkeit dieser Verfahren geführt werden.» Für Peter Minderjahn von der Zahnärztekammer Nordrhein in Düsseldorf sind solche Methoden «Ergänzungen». Sie könnten die klassische Zahnmedizin nicht ersetzen, doch wenn sich Zahnprobleme mit anderen Erkrankungen überlagern, kämen diese Therapien durchaus in Frage. «Eine homöopathische Behandlung kann zum Beispiel bei Kindern interessant sein», sagt der Zahnarzt. Und Hypnose sei vor allem dann sinnvoll, «wenn Patienten Angst vor dem Zahnarzt haben.»

Für andere Zahnärzte wie Wolfgang Güldenstern von der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD) in Filderstadt geht es hingegen nicht um Ergänzungen, sondern um die Grundlagen ihrer Arbeit: Anthroposophische Zahnärzte seien zwar in allen Gebieten der Schulmedizin qualifiziert. «Wir unterscheiden uns aber dadurch, dass wir auf Grundlage eines ganzheitlichen Men-schenbildes neue Methoden einsetzen, die auf eigenen wissenschaftlichen Grundlagen basieren.»

So betrachteten anthroposophische Mediziner ihre Patienten als individuelle Menschen mit verschiedenen Seinsebenen. Krankheit bedeute in diesem Sinn, dass sich diese Ebenen nicht mehr im Gleichgewicht befänden. Die anthroposophische Medizin habe dann verschiedene Möglichkeiten, um dieses Gleichgewicht wieder herzustellen. Dazu zählen zum Beispiel Heilmittel aus natürlichen Substanzen, aber auch Bewegungs- und Kunsttherapien sowie rhythmische Massagen.

Bezahlen müssen die Patienten alternative Methoden meist selbst. «In der Regel übernehmen die Krankenkassen naturheilkundliche Leistungen nicht», erläutert Werner Becker. Ausnahme würden die Versicherungen nur selten machen, etwa «in besonders schweren Fällen» und nach ausführlichem Schriftwechsel. Etwas optimistischer betrachtet Wolfgang Güldenstern die Lage: Einige Betriebs- und Innungskrankenkassen böten anthroposophische Medizin auf Karte an. In einigen anderen Fällen, etwa für Kinder, sei die Kostenübernahme gesetzlich geregelt. Teilweise wüssten darüber die jeweiligen Zahnärzte besser Bescheid als die Kassen. Darum rät Güldenstern Patienten, sich im Zweifelsfall auf beiden Seiten zu erkundigen: beim Zahnarzt und bei der Krankenversicherung.

Quelle: mz-web.de

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999