Die Wikinger haben durch Einkerbungen ihrer vorderen Schneidezähne ihre Zugehörigkeit zu einer Gilde oder einem militärischen Rang angezeigt. Das vermutet Caroline Arcini vom National Heritage Board in Schweden nach Untersuchungen an mehr als 500 Skeletten von vier schwedischen Wikingerfriedhöfen. Zehn Prozent der Männerskelette wiesen tiefe, meist horizontale Einkerbungen der oberen Schneidezähne auf. Die genaue Bedeutung der Kerben ist allerdings noch nicht bekannt.
Die Einkerbungen an den Zähnen der 24 Männerskelette bestanden häufig aus doppelten oder gar dreifachen horizontalen Linien. Frauenskelette mit derartigen Veränderungen fanden sich hingegen nicht. Die Einkerbungen sind mit großer Fingerfertigkeit tief in den Zahnschmelz eingefeilt worden, berichtet Arcini. Es ist nicht sicher festzustellen, ob der Prozess schmerzhaft war, doch zumindest muss er sehr unangenehm gewesen sein, vermutet die Forscherin. Sie schließt daher nicht aus, dass die Einkerbungen ein Zeichen der Fähigkeit sein könnten, Schmerzen zu ertragen.
Allerdings ist die Bedeutung der Zahnkerbungen nicht eindeutig geklärt. Die einzige Gemeinsamkeit der Männer mit Kerben in den Zähnen ist, dass sie alle recht jung starben. Es könnte sich bei den Männern um heroische Kämpfer handeln, die als Zeichen ihrer Verdienste die Einkerbungen vornehmen ließen, so Arcini. Jedoch weist nur ein einziges Skelett Spuren einer Verletzung auf und es ist daher nicht anzunehmen, dass die Männer im Kampf starben. Möglicherweise zeigten die Einkerbungen auch die Zugehörigkeit zu einer Gilde oder einem Clan an oder galten schlicht als Schmuck.
Ornamentale Einkerbungen der Zähne waren um das Jahr 1000 auch in Amerika in Mode. Da die Skelette aus der gleichen Epoche stammen, könnten die Wikinger den Brauch auf ihren Reisen kennengelernt und exportiert haben. Arcini weist darauf hin, dass einige Wikinger von weit entfernten Friedhöfen fast identische Einkerbungen in ihren Schneidezähnen aufweisen. Zukünftige Untersuchungen sollen den Ursprung und die Ausbreitung der Zahnkerbungen preisgeben, hofft die Forscherin.
Quelle: New Scientist