Handy gegen schlechten Atem


Wer regelmäßig und gerne mit Knoblauch gewürzten Speisen zuspricht, kennt den Trick: Man legt beide Hände über Mund und Nase, atmet – und riecht, wie schlimm es ist. Besonders zuverlässig ist diese Methode der Geruchserkennung allerdings nicht. Der japanische High-Tech-Konzern Mitsubishi will nun Abhilfe schaffen. Er hat in seiner Heimat ein Prototyp-Handy vorgestellt, das einen Sensor für schlechten Atem enthält und dem Benutzer darüber mitteilt, wann es Zeit wird, ein Minzbonbon einzuwerfen.

Das Gerät kann aber noch viel mehr: Es beobachtet die körperlichen Aktivitäten des Trägers, misst auch Puls, Körperfett und Schrittgeschwindigkeit.
Der so genannte "Wellness Navigator" sieht aus wie ein ganz normales Slider-Handy mit Touchscreen. Er wurde erstmals auf der Ceatec-Messe in Tokio vom führenden japanischen Mobilnetzbetreiber NTT DoCoMo gezeigt.

Neben den Gesundheits- und Mundfrischesensoren kann das Gerät auch zum Erreichen sportlicher Ziele verwendet werden, etwa, ein Mindestmaß an Bewegung einzuhalten. Außerdem lassen sich Gesundheitsdaten mit Freunden und Familie austauschen und die Kalorienaufnahme kontrollieren, in dem zunächst das persönliche Essverhalten eingegeben und dann auf Knopfdruck "Sünden" wie Pizza einkalkuliert werden.

Einmal personalisiert, liefert das Handy regelmäßig auf den Nutzer abgestimmte Ermutigungsbotschaften: Etwa weiter Sport zu treiben oder immer genug zu schlafen.
Noch ist unklar, wie und wann das Gerät offiziell vermarktet werden soll – Vertreiber NTT DoCoMo nennt bislang auch keine Preise. Zielgruppe seien jedoch neben diätbewussten Frauen auch männliche Geschäftsleute mittleren Alters, die auf ihre Figur achten müssten, sagt Firmensprecherin Makiko Furuta.

Der Wellness Navigator ist nur das letzte Beispiel in einer langen Reihe an japanischen Handy-Innovationen, die allerdings nur langsam auf westliche Märkte vordringen. NTT DoCoMo-Kunden können in Japan längst mit ihrem Telefon Zugfahrkarten, Kinotickets und sogar Lebensmittel bezahlen – ein kurzes "Winken" mit dem Handset über das Lesegerät genügt. Handys dienen in Japan auch als Alkoholtester, was sich insbesondere bei Fuhr- und Taxiunternehmen in dem Land als populär erwiesen hat.

Schritt- und Pulsmesser sind schon seit längerem in kleinen Gerätschaften wie Uhren verfügbar. Doch der "Mundgeruchs-Messer" ist neu – und sorgte bei Technologiefans wie Gesundheitsexperten für das Hauptinteresse an Mitsubishis "Wellness Navigator".

Schlechter Atem besteht aus einer komplexen Mischung aus Gasen, vor allem Sulfiden, die jeder Gegenüber mit einem Atemzug wahrnehmen kann. Eine objektive Erkennung durch Technik ist hingegen schwieriger. Gas-Chromatographen können zwar detaillierte Informationen über die chemische Zusammensetzung des Atems einer Person liefern, doch die sind teuer und nur von Spezialisten zu bedienen. Sulfid-Monitore werden in vielen Kliniken eingesetzt, doch sie benötigen eine ständige Rekalibrierung.

Der Wellness Navigator enthält ebenfalls einen Sensor, der Sulfide erkennen kann und ordnet sie dann auf einer Skala von 1 bis 10 ein. Pat Lenton, Forscherin am "Oral Health Clinical Research Center" der University of Minnesota, ist allerdings skeptisch, dass ein so kleines Handy die Aufgaben hoch spezialisierter Geräte übernehmen könne: "Das halte ich für sehr unwahrscheinlich."

Christine Wu, Professorin am Institut für Zahnfleischheilkunde der University of Illinois in Chicago, die auch im Vorstand der Forschungsgemeinschaft "International Society for Breath Odor Research" sitzt, will ebenfalls nicht ganz daran glauben: "Dazu müsste ich das Gerät erst einmal sehen." Glenn Clark, Professor für Zahnmedizin an der University of Southern California, glaubt auch eher daran, dass es sich "vor allem um ein Gimmick" handele. Eine gute Idee sei ein solcher Ansatz aber schon – er könne zumindest nichts schaden.

Schlechter Atem wird oft durch Bakterien verursacht, die sich auf der Rückseite der Zunge verstecken, kann aber auch auf Probleme an anderer Stelle im Körper hinweisen, etwa Magen-Darm-Erkrankungen, Leber-Schwierigkeiten oder Diabetes. Jeder, dem der Wellness Navigator Mundgeruch bescheinige, solle dem deshalb ärztlich nachgehen, "anstatt nur einfach etwas Mundwasser zu kaufen", meint Beatrice Gandara, Dozentin an der zahnmedizinischen Fakultät der University of Washington.

"Ich finde es toll, dass Handy-Firmen nun im Gesundheitsbereich mitmischen", meint Ray Browning vom "Center for Human Nutrition" an der University of Colorado. Allerdings sei der Nachteil an einem solchen Gerät seine Ungenauigkeit.

Doch selbst wenn der Wellness Navigator keine hochgenauen Angaben zu Mundgeruch oder Körperfett liefert, könne ein solches Handy doch den Menschen helfen, gesundheitliche Ziele zu erreichen. "Es geht nicht um die Zahlen", meint Browning, "es geht darum, sie zu verändern". Personalisiertes Feedback und die Ermutigung, an seinen Zielen festzuhalten, seien ein weiteres Plus solcher Geräte.

"Ein solcher Antrieb ist kritisch – besonders beim Versuch, Veränderungen des gesundheitlichen Verhaltens herbeizuführen", meint John Jakicic vom Institut für Gesundheit an der University of Pittsburgh, der Handy-Technologien und tragbare Gesundheitsmonitore im Zusammenhang mit Gewichtsreduktionsprogrammen untersucht. "Je direkter das läuft, desto besser. Ich bekomme ein Feedback und weiß sofort, woran ich bin."

Quelle: heise.de

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999