Der Zahn: Wunder an Stabilität und Flexibilität


BESSY II ist eine Synchrotronquelle des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie und kann ebenso wie die Synchrotronquelle der ESRF – European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble, Strahlung vom Tetrahertz- bis zu Röntgenstrahlen erzeugen. Mithilfe dieser Strahlung waren die Forscher in der Lage Material-inerte Spannungen des Zahnbeins (Dentins) zu analysieren. Im Dentin existiert eine von der Natur gegebene Biostruktur, welche die enorme Druck-, Zug- und Biegefestigkeit des Materials erklärbar macht. Infolge der Einbettung von mineralischen Nanostrukturen in ein dichtes Netz von Kollagenfasern entsteht ein Gebilde, welches beispielsweise bei Feuchtigkeit zusammenschrumpft, indem es die Mineralpartikel in der Größe reduziert. Diese Dynamik ist mit einer Erhöhung der inneren Spannung verbunden, welches die Belastbarkeit des Dentins erhöht. Dank diesen Prinzips bleiben die inneren Bereiche wie der empfindliche Zahnnerv und die Blutgefäße geschützt.
Negative Faktoren für das Dentin sind offenbar Hitze, nach Erhitzen ist seine Belastbarkeit im Vergleich herabgesetzt.
Jean-Baptiste Forien, Erstautor der Studie, denkt, dass Dentin nur bei einem Gleichgewicht zwischen den Spannungen von mineralischen Nanostrukturen und Kollagenfasern dauerhaft belastbar sein kann. Vergleicht man keramische Materialien mit dem natürlichen Dentin und seiner schützenden Biostruktur ist der Unterschied zwischen den Materialien offensichtlich. Dentin agiert scheinbar aktiv auf Belastung und erhöht die Spannung beispielsweise bei Kaudruck. Keramik kann nicht aktiv reagieren und frakturiert bei einwirkendem zu hohen Druck-, Scher- oder Biegekräften des Kauorgans. Dr. Paul Zaslansky vom Julius Wolff Institut der Charité hofft, Forschern aus der dentalen Werkstoffindustrie mit den aus ihrer Studie gewonnenen Erkenntnissen Hinweise liefern zu können, wie man beständigere Materialien für die Restauration von Zähnen entwickeln könnte.

Quelle:
Jean-Baptiste Forien, Claudia Fleck, Peter Cloetens, Georg Duda, Peter Fratzl, Emil Zolotoyabko, Paul Zaslansky. Compressive Residual Strains in Mineral Nanoparticles as a Possible Origin of Enhanced Crack Resistance in Human Tooth Dentin. Nano Letters. 2015 May 29. doi: 10.1021/acs.nanolett.5b00143.

 

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 20 Juli 2015