Die CSU droht mit einer Blockade der Gesundheitsreform im Bundestag. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Parlament, Peter Ramsauer, kündigte an, dass die CSU-Abgeordneten dem Reformgesetz in der "jetzt vorliegenden Fassung" nicht zustimmen könnten.
Der Entwurf enthalte einen Passus, der faktisch das Ende der privaten Krankenversicherung bedeute und gegen Absprachen in der Koalition verstoße, sagte Ramsauer der "Bild"-Zeitung. "Da machen wir nicht mit."
Damit droht zum ersten Mal die Führung einer der Koalitionsparteien im Bundestag, dem Umbau des deutschen Gesundheitssystems die Zustimmung zu verweigern. Die Warnung – gut sechs Wochen vor der geplanten Abstimmung im Parlament – macht deutlich, auf welch unsicheren Füßen das wichtigste Reformvorhaben der Bundesregierung steht. Vermeiden lassen wird sich die Ablehnung durch eine größere Zahl von Koalitionsabgeordneten oder mehrere unionsgeführte Bundesländer voraussichtlich nur durch Abstriche bei den Reformplänen.
Der Vorstoß des Chefs der Gruppe der CSU-Abgeordneten im Bundestag hat allerdings auch innerparteiliche Gründe. Die CSU steht in Bayern wegen der Bespitzelungsaffäre um die Fürther Landrätin Gabriele Pauli unter starkem Druck. In der zweiten Januarwoche findet das traditionelle Treffen der CSU-Landesgruppe in Kreuth statt, für das die kleinste Koalitionspartei noch nach einem schlagzeilenträchtigen Thema sucht. Von der Grundsatzkritik an der Gesundheitsreform verspricht sich die bayerische Regierungspartei offenbar Erleichterung in ihrer schwierigen Lage.
Bereits am Mittwoch hatte der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Joachim Herrmann, angekündigt, dass es sehr schwierig werde, den Zeitplan der Gesundheitsreform einzuhalten.
Union diskutiert Fonds-Verzicht
Vor allem zwei Punkte der Reform stoßen in der Union auf erhebliche Kritik. In der privaten Krankenversicherung (PKV) könnte der geplante Zwang, auch Patienten mit hohem Krankheitsrisiko ohne Risikoprüfung in einen einheitlichen Basistarif aufzunehmen, zu erheblich höheren Tarifen führen. Branchenvertreter fürchten, dass so die gesamte PKV unter Druck geraten könnte.
Zweitens fürchten vor allem Bayern und Baden-Württemberg, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung der geplante Gesundheitsfonds unkalkulierbare Finanzströme auslösen könnte. Eine Studie hatte prognostiziert, dass bayerische Versicherte durch den stärkeren bundesweiten Ausgleich künftig 1 Mrd. Euro jährlich mehr bezahlen müssen. Diese Zahl, die von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) heftig bestritten wird, hatte in der Union eine Welle der Kritik an den Reformplänen ausgelöst.
Zudem wird der Fonds zunehmend als politisches Risiko gesehen, weil der Bundestag 2008 – kurz vor dem geplanten Fondsstart – einen bundeseinheitlichen Beitragssatz für die gesetzlichen Kassen beschließen müsste.
In der Union werden bereits Szenarien diskutiert, auf die Einführung des Gesundheitsfonds komplett zu verzichten. Der Gemeinschaftstopf soll ohnehin erst 2009 in Kraft treten – deutlich später als die übrigen Elemente des Reformpakets. Auch bei der SPD-Linken gibt es Abgeordnete, die für eine weitere Verschiebung des Fonds in die nächste Legislaturperiode eintreten – und damit für dessen faktische Abschaffung.
Deshalb wird es in Berlin für gut möglich gehalten, dass die Reform Anfang 2007 ohne die Regeln zur PKV oder zum Gesundheitsfonds beschlossen wird. Übrig blieben vor allem einige Einschnitte in das wuchernde System der gesetzlichen Krankenversicherung. So sollen die sechs Spitzenverbände der Kassen durch einen einheitlichen Verband ersetzt werden. Auch Fusionen von Krankenkassen sollen erleichtert werden. Noch umstritten sind die geplanten Sparbeiträge von Apotheken und Krankenhäusern.
CSU gegen Gesundheitsreform: der Entwurf enthalte einen Passus, der faktisch das Ende der privaten Krankenversicherung bedeute
Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999