Bedeutung der Gegenbezahnung für die Wahl des Zahnersatzes bleibt unklar


Die Autorinnen und Autoren halten zusätzliche klinische Vergleiche für
dringend geboten und fordern die wissenschaftliche Zahnmedizin auf,
Kompetenz insbesondere im Bereich der Studienplanung aufzubauen.
Nicht nur eine Frage des Aussehens
Zahnlücken sind nicht nur ein ästhetisches Problem. Sie können sich
auch ungünstig auf die benachbarten Zähne und die Zähne des
gegenüberliegenden Kiefers auswirken: Probleme beim Kauen, Karies,
nächtliches Zähneknirschen und migräneartige Kopfschmerzen sind nur
einige der möglichen Folgeschäden. Schließen lassen sich die Lücken
durch festsitzenden Zahnersatz in Form von Brücken oder durch
herausnehmbare Teilprothesen. Beides lässt sich auch auf Implantate
aufbauen.
Seit Anfang 2005 zahlen die Krankenkassen ihren Versicherten einen
festen Betrag, unabhängig davon, für welche dieser Varianten sich die
Patientinnen und Patienten entscheiden. Der Gemeinsame Bundesausschuss
(G-BA) hatte deshalb das IQWiG beauftragt, anhand der
wissenschaftlichen Literatur zu prüfen, ob je nach Beschaffenheit der
Zähne – oder des Zahnersatzes – im gegenüberliegenden Kieferteil ein
fester oder ein herausnehmbarer Zahnersatz für Patientinnen und
Patienten vorteilhafter ist.
Nur eine Studie stellt direkten Vergleich an
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, ist die
Studienlage unzureichend. Dabei hatten sie sich bei ihrer Recherche
nicht nur auf randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) beschränkt,
sondern auch nicht randomisierte kontrollierte Studien und
unkontrollierte Interventionsstudien einbezogen, sofern diese bestimmte
methodische Voraussetzungen erfüllten. Insgesamt konnten sie 17
Arbeiten in die Bewertung einschließen, wovon allerdings nur eine
einzige Studie die beiden untersuchten Zahnersatzformen im Sinne einer
kontrollierten prospektiven Interventionsstudie direkt miteinander
verglich.
Als Aspekte des patientenrelevanten Nutzens untersuchte das IQWiG die
Funktionsdauer, die Veränderung des Ernährungsverhaltens, die
Patientenzufriedenheit sowie den Aufwand für Prothesenpflege und
-nachsorge.
Wenige schwache Studien liefern lediglich Hinweise auf Vorteile
Das IQWiG und seine externen Sachverständigen fanden lediglich einige
Hinweise, dass Patienten, die im gegenüberliegenden Kiefer bereits eine
Vollprothese haben, mit einem festsitzenden Zahnersatz durchschnittlich
„zufriedener“ sind als Patientinnen und Patienten mit einem
herausnehmbaren. Diese Hinweise stammen allerdings aus zahlenmäßig
geringen und methodisch schwachen Studien. Für die übrigen untersuchten
Aspekte gibt es derzeit weder Belege noch Hinweise auf einen Nutzen.
Das IQWiG kommt daher zu der Schlussfolgerung, dass angesichts der
unzureichenden wissenschaftlichen Untersuchungen keine belastbaren
Aussagen zur Fragestellung des Auftrags möglich sind. Es bleibt also
unklar, von welchem Zahnersatz Patientinnen und Patienten am meisten
profitieren.
Mehr und bessere Forschung in der Zahnmedizin notwendig
Das Institut empfiehlt dringend, weitere klinische Vergleiche
anzustellen. Studien, die hinreichend sichere und interpretierbare
Daten liefern, sind nach Auffassung des IQWiG auch in der Zahnmedizin
notwendig und möglich. Zwar gebe es in diesem Bereich der medizinischen
Versorgung besondere Einschränkungen etwa durch die Art der
Kostenerstattung oder die Unmöglichkeit der Verblindung. Dennoch sollte
die wissenschaftliche Zahnmedizin vermehrt Anstrengungen unternehmen,
sich dem State of the Art der Studienplanung in anderen Bereichen der
Medizin anzunähern und belastbare Evidenz zu schaffen. Der
Abschlussbericht enthält auch Vorschläge für die Planung künftiger
Studien zur Fragestellung des Auftrags (Diskussionsteil).
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG
Ende Juni 2008 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem
Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und
als Abschlussbericht Ende April 2009 an den Auftraggeber versandt. Eine
mündliche Erörterung fand nicht statt, weshalb die Würdigung der
schriftlichen Stellungnahmen in den Diskussionsteil des
Abschlussberichts integriert wurde. Die Stellungnahmen selbst werden
getrennt dokumentiert und – zeitgleich mit dem Abschlussbericht –
veröffentlicht. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen
Sachverständigen erstellt.
Kontakt: Tel. 0221-35685-0, info@iqwig.de
Weitere Informationen:
www.iqwig.de/index.623.html – zum Abschlussbericht

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 26 Juni 2009