Auf den Zahn gefühlt – Materialforschung Zahnimplantate (17. Wissenschaftsapéro der Empa-Akademie/Sc


n der Zahnmedizin setzen sich Implantate gegenüber der herausnehmbaren
Prothese immer mehr als Standardbehandlung durch. Am 17.
Wissenschaftsapéro der Empa-Akademie präsentierten drei Referenten ihre
Erfahrungen aus der Forschung und Praxis in diesem zahnmedizinischen
Trend. Am Wissenschaftsapéro berichtete der Zürcher Uniprofessor Dr.
med. dent. Christoph Hämmerle als erster von drei Referenten über die
Verwendung von Implantaten in der zahnärztlichen Praxis.
Implantate sind eine Revolution in der zahnmedizinischen Versorgung.
Dank ihnen ist es möglich, verlorene Zähne komplett durch
Fremdmaterialien zu ersetzen. Von einem natürlichen Error! Post not found for word:zahn lässt sich der
künstliche optisch nicht unterscheiden und auch die
Funktionstüchtigkeit ist voll gegeben. Nach zehn Jahren sind bis zu 95%
der Implantate noch funktionstüchtig im Mund der PatientInnen.
Allerdings spielen dabei die Lebensgewohnheiten der PatientInnen ein
grosse Rolle. Nikotin-, Alkohol- oder Drogenmissbrauch können die
Erfolgsquote dramatisch verringern. Zahnimplantate stellen künstliche
Wurzeln dar. Sie bestehen heute aus Titan und werden in den
Kieferknochen eingebracht. Innerhalb weniger Wochen wachsen sie in den
Knochen ein. Das umliegende Weichgewebe umschliesst die künstliche
Wurzel. Die Krone, der sichtbare Teil des Zahnersatzes, ist aus Keramik
gefertigt und wird auf die implantierte Zahnwurzel aufgeschraubt. Es
braucht einiges an Erfahrung und Fingerspitzengefühl, um sie so zu
modellieren, dass das dunkle Titan nicht durch die Keramik hindurch
schimmert und so das Erscheinungsbild beeinträchtigt. Mit einer
keramischen Zahnwurzel bestünde dieses ästhetische Problem nicht. Dies
ist aber nicht der einzige Grund, weshalb seit langem das Interesse
besteht, nichtmetallische Werkstoffe für die Zahnwurzel zu verwenden.
Ein Teil der PatientInnen reagiert nämlich auf metallische Werkstoffe
im Mund sehr empfindlich.
Der zweite Referent ist deshalb zuversichtlich, dass Keramik eine
Alternative zum Titan als Implantatwerkstoff sein kann. Dr. Wolfram
Weber von der Metoxit AG in Thayngen stellte dem Publikum die
Forschungsergebnisse von neuen Keramikwerkstoffen vor. Das 1985 in die
Orthopädie eingeführte Zirkonoxid (ZrO2) ebnete den Weg für Anwendungen
im Dentalbereich, da seine Festigkeit mit 1200 MPa diejenige des Titans
sogar noch übertrifft. Während die Biokompatibilität
(Körperverträglichkeit) des keramischen Materials ausser Frage steht,
ist ebenfalls das Anwachsen des Implantates an den Kieferknochen
ausschlaggebend für den klinischen Erfolg. Um dies zu optimieren, sind
die Oberflächeneigenschaften und das Einwachsverhalten der keramischen
Implantate Gegenstand aktueller Forschung. Auf die Interaktion von
Zellen und Material ging im abschliessenden Vortrag Dr. Arie Bruinink
vom MaTisMEd-Team der Empa ein. Für das Anwachsen des Knochens spielt
die Interaktion zwischen Zellen und Material eine entscheidende Rolle.
Die Oberflächenbeschaffenheit des Implantates, d.h. seine
Oberflächenstruktur und -chemie, sowie die Substanzen, die es
freisetzt, bestimmen die Zellreaktionen. Daneben beeinflusst auch die
mechanische Belastung die Funktionalität der Zellen. Um ein besseres
Bild von der Material-Zell-Interaktion zu gewinnen, wird mit
Zellkulturen erforscht, auf welche Umgebung welche Zellen mit welcher
Antwort reagieren. Für die Langzeitbeobachtung wird an der Empa ein
konfokales Laser- Scanning-Mikroskop eingesetzt. Bilder, die nach
bestimmten Zeiteinheiten (z.B. 15 Minuten) von verschiedenen
Fokusebenen des Präparats aufgenommen wurden, werden zu einem Film
zusammengesetzt. Diese Methode erlaubt es, Aufenthaltsort und Migration
einzelner Zellen und deren Form genau zu analysieren und darüber hinaus
das Verhalten einzelner Zellen mit der Oberflächenstruktur in
Zusammenhang zu bringen. In naher Zukunft werden so Aussagen gemacht
werden können, welche Oberflächeneigenschaften für einen bestimmten
Zelltyp wichtig und welche nur von geringer Bedeutung sind.

Was ist der Wissenschaftsapéro? An den regelmässig stattfindenden
Wissenschaftapéros greift die Empa- Akademie fachlich und
gesellschaftlich relevante Fragestellungen auf. Jeweils drei bis vier
ReferentInnen aus Forschung, Politik und Wirtschaft präsentieren in
ihren Vorträgen Ergebnisse und Absichten zu dem behandelten Thema.
Anschliessend stehen sie auch den nicht mit dem Fach vertrauten Gästen
entweder in der Diskussionsrunde oder beim Apéro Rede und Antwort. Der
nächste Wissenschaftsapéro findet als Podiumsdiskusstion statt am 29.
Juni 2004 zum Thema „Nanotechnologie zwischen Chance und Risiko“. Ort:
Empa, Dübendorf, Zeit: 16.30. Es ist keine Anmeldung erforderlich.

Quelle: Eidg.Materialprüf.- u. Forschungsanstalt

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999