Jetzt zieht die einzige „zahnfreundliche“ Teststation in Deutschland um – von der Universitätszahnklinik Jena in die Zahnklinik der Privaten Universität Witten/Herdecke. Gleichzeitig muss sich das Zahnmännchen nicht nur gegen so manches Zahnsymbol und gegen zuckerfrei abgrenzen sondern seine unbestrittene Bedeutung für die Kariesprävention auch international in den Europäischen Gesundheitsbehörden weiter festigen.
Wenn heute immer noch über das Error! Post not found for word:zahn“männchen“ gesprochen werde, sei damit ja ein inzwischen 27-jähriger und ganz passabler junger Mann gemeint, sagte Prof. Dr. Stefan Zimmer, 1. Vorsitzender der Aktion zahnfreundlich e. V. vor der Presse. Denn bereits 1982 wurde dieses Symbol in der Schweiz „in die Welt gesetzt“ und ist seit 1985 auch in Deutschland zuhause. Hier hat sich seine „Familie“ zu einem sehr starken Verein entwickelt, dessen Rückgrat über 510 persönliche Mitglieder sind − vor allem Zahnärzte, Wissenschaftler, Prophylaxefachkräfte, Ernährungsberater und Gesundheits-organisationen. Über 30 nationale und multinationale Unternehmen (Süßwarenfirmen und Rohstoffhersteller, Pharma-, Oral-Care- und Dentalunternehmen) nutzen heute allein in Deutschland das Zahnmännchen: Unter 29 Markennamen sind weit über 100 unterschiedliche Produkte mit dieser Auszeichnung auf dem Markt. Dass sowohl der Anspruch zahnfreundlich als auch das hohe Ansehen in der Zahnmedizin und das damit verbundene Vertrauen des Verbrauchers „Nebenwirkungen“ zeigt, verwundert kaum.
Bedeutung der pH-Telemetrie
Weltweit sind die Kriterien für das Prädikat zahnfreundlich anerkannt:
1. kein pH-Abfall unter 5,7 während und bis 30 Minuten nach dem Verzehr sowie
2. keine größere Belastung der Mundhöhle mit erosiv wirksamer dietätischen Säurezusätzen.
Die für die Auszeichnung mit dem Zahnmännchen notwendigen Tests können global nur in drei Testzentren durchgeführt werden – in Japan, in Zürich und in Jena. In rund 200 Gutachten hat Prof. Dr. Dr. Lutz Stößer von der Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde, Zentrum für Error! Post not found for word:zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZZMK) der Friedrich Schiller Universität Jena seit 1993 nachgewiesen, ob ein zuckerfreies Produkt zahnfreundlich ist oder nicht.
Obwohl das Signet Zahnmännchen erst zehn Jahre später entwickelt wurde, sei der pH-Telemetrietest in der Schweiz bereits in den 70er Jahren mit der Erteilung des Prädikates „zahnschonend“ oder „zahnfreundlich“ in das Lebensmittelrecht integriert worden, betonte Prof. Stößer. „Und auch in den USA sind zuckerfreie Produkte mit Zuckeraustauschstoffen, die den Anforderungen des pH-Telemetrietestes genügen, mit dem Health-Claim „does not promote dental caries“ auslobbar. Selbst in der damaligen DDR bestand eine gesetzliche Regelung zur zahnfreundlichen Auszeichnung von Süßwaren.“
Von Jena nach Witten
Die Teststation in Jena beendet mit der Emeritierung ihres wissenschaftlichen Leiters, Prof. Stößer, ihre Arbeit. „Damit das Zentrum dem weltweiten Netz zahnfreundlicher Organisationen und insbesondere auch dem Wissenschaftsstandort Deutschland nicht verloren geht, haben wir gemeinsam entschieden, die Teststation an die Universität Witten/Herdecke zu transferieren. Dort wurde im vergangenen Dezember nach mehrjähriger Bauzeit das Zahnmedizinisch-Biowissenschaftliche Zentrum (ZBZ) eröffnet, das optimale Bedingungen für die Ansiedelung des Testzentrums bietet“, so Prof. Zimmer. Durch die enge Anbindung an die zahnmedizinische Fakultät der Universität Witten/Herdecke ist die Versorgung mit Testpersonen, die unabdingbar für die Messungen sind, sowie die Anbindung zur Wissenschaft gewährleistet. Mit dem Aufbau der Station wurde bereits begonnen, voraussichtlich wird sie in der 2. Jahreshälfte voll funktionsfähig sein.
Zuckerfrei? Häufig Irreführung der Verbraucher!
„Sowohl für die Zahngesundheit als auch für die Allgemeingesundheit und damit auch für die zunehmenden Gewichtsprobleme ist es unerlässlich, den Zuckerkonsum zu reduzieren. Zuckerfreie Produkte leisten dazu einen wichtigen Beitrag“, betonte Prof. Zimmer. Aber nicht nur die Feststellung, dass die Bevölkerung immer dicker werde, gäbe zu denken, sondern auch einige Fakten, die mit dazu beigetragen haben: Im Durchschnitt verzehrte jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr 31,27 kg Süßwaren im Wert von 112,42 € (ohne Kaugummi). Bonbons hatten daran einen Anteil von 19,42 €, davon waren rund 30 % zuckerfrei, also „frei von Rohrzucker“ (Haushaltszucker). „Diese Produkte können aber durchaus Fruktose, Glukose, Laktose oder Maltose enthalten, die letztendlich auch zu Kariesschäden führen. Für den zahngesundheitsbewussten Verbraucher kann deshalb das Wort zuckerfrei genau so zu Irritationen mit Folgen für die Zähne führen, wie die vielen Zahnsymbole, die Zahngesundheit signalisieren sollen“, so Prof. Zimmer. „Wie viel Aufklärungsarbeit noch notwendig ist, zeigt auch, dass 2008 nach Schätzungen unserer Firmenmitglieder nur 13 Cent pro Kopf für zahnfreundliche Produkte ausgegeben wurden“.
Ein Männchen steht im Walde
Wie schwierig Aufklärung selbst auf der gesundheitspolitischen Ebene ist, zeigte Dr. Albert Bär, Director von Toothfriendly International mit seinem Blick auf die so genannte „Health Claim-Verordnung“ der Europäischen Union auf, mit der alle nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel reguliert werden. Diese Verordnung definiert zum einen die Bedeutung von nährwertbezogenen Auslobungen wie „zuckerfrei“, „ohne Zuckerzusatz“ oder „zuckerarm“. Zum anderen unterstellt sie alle gesundheitsbezogenen Angaben („health claims“) einer Zulassungspflicht.
„Das Zahnmännchen harrt derzeit in einem Wald von über 4.000 anderen sogenannten „health claims“ der Beurteilung auf wissenschaftliche Stichhaltigkeit durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), so Dr. Bär. Allerdings gehe die Health-Claims-Verordnung davon aus, dass sich die gesundheitlichen Vorteile eines Lebensmittels direkt aus der Anwesenheit und nicht auf die Abwesenheit (wie z. B. ohne Zucker) eines Inhaltsstoffes ergeben können.
Der weltweit erste zahnfreundliche Beruhigungssauger
Neben dem zur Zeit etwas unwirtlichen gesetzgeberischen Umfeld im Bereich Lebensmittel ist das Zahnmännchen aber auch in anderen Bereichen der Mundgesundheit aktiv. Dabei gelte ganz prinzipiell, dass für jedes Produkt, das mit dem Signet ausgezeichnet werden soll, die zahnfreundlichen Eigenschaften zuvor durch entsprechende Untersuchungen wissenschaftlich nachgewiesen werden müssen, betonte Dr. Bär. „Eine Neuheit über die wir ganz besonders glücklich sind, ist ein Beruhigungssauger, der sich kürzlich für die Auszeichnung mit dem Zahnmännchen qualifiziert hat.“ Er zeichnet sich sowohl durch einen speziell geformten Schaft wie auch Saugkörper aus. In einer zweijährigen klinischen Studie an der Universitätszahnklinik Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Geburts- und Kinderklinik (Heinrich-Heine Universität Düsseldorf) unter der Leitung von Prof. Zimmer wurde nachgewiesen, dass Kleinkinder, die vom ersten Lebenstag an den neuen Schnuller benutzten ebenso wenig von einer Zahnfehlstellung betroffen sind wie die Kinder der Kontrollgruppe, die jedes Saugobjekt kategorisch ablehnen. Im Gegensatz dazu wiesen etwa 30 % einer Vergleichsgruppe, die einen handelsüblichen Schnuller verwendete, einen sogenannten lutschoffenen Biss auf.