Anstieg der Parodontitis und Konsequenzen


Die aktuellen Ergebnisse der im Jahre 2005 durchgeführten
bevölkerungsrepräsentativen Deutschen Mundgesundheitsstudie IV (DMS
IV), die im Auftrag von Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlicher
Bundesvereinigung durchgeführt wurde, lassen folgende Eckdaten erkennen:
– weitere Verbesserung der Zahngesundheit der Kinder
– Zahngesundheit der Jugendlichen besser als vermutet
– Karieslast (MT-Komponente) der Erwachsenen und Senioren erstmals deutlich gesunken
– Kariessanierungsgrad und prothetisches Versorgungsniveau der Erwachsenen und Senioren auf hohem Stand
– Zunahme von Wurzelkaries bei Erwachsenen und Senioren
– Erwachsenen- und Seniorenpopulation mit höherem Zahnbestand (Ø 3-4 Zähne mehr) als zur DMS III
– Anstieg der Parodontitis, vor allem schwerer Erkrankungen, im Erwachsenen- und Seniorenalter (Tab. 1, 2)
Geht man bei diesen epidemiologischen Ergebnissen der DMS IV von ca. 30
% aller Erwachsenen mit fortgeschrittener Parodontitis aus, sind das
bei ca. 50 Millionen ca. 15 Millionen Patienten, die die Zeichen einer
fortgeschrittenen Parodontitis und damit dringende
Behandlungsnotwendigkeit aufweisen.
Diese Behandlungsnotwendigkeit erhält vor den aktuellen Erkenntnissen
des Zusammenhangs von parodontaler und allgemeiner Gesundheit eine
besondere, auch gesundheitspolitische und gesundheitsökonomische
Bedeutung.

Ausgangslage – Morbiditäts- Mortalitätsstatistiken der Industrieländer

An erster Stelle der Morbiditäts- und Mortalitätsstatistiken der
Industrieländer stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit
atherosklerotischen Gefäßveränderungen und nachfolgenden
thrombo-embolischen Komplikationen.
Verschiedene epidemiologische Studien haben gezeigt, dass die
Parodontitis einen unabhängigen Risikofaktor für Atherosklerose und
ischämische Herz-Kreislauferkrankungen darstellt, deren Sterberate bei
Parodontitis-Patienten höher als bei parodontal Gesunden liegt. Darüber
hinaus erschwert die Parodontitis die Kontrolle/Einstellung des
Diabetes mellitus und stellt ein Risiko für niedergewichtige
Frühgeburten sowie für chronische respiratorische Erkrankungen in der
Seniorenpopulation dar.
Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen der Prävalenz der
Erkrankung (PARODONTITIS) und dem Lehranteil der Fachs PARODONTOLOGIE
im zahnmedizinischen Curriculum, was sich folgerichtig in einer
Unterestimierung der Erkrankung und demzufolge auch der
Parodontitistherapie in der zahnärztlichen Praxis widerspiegeln muss
und widerspiegelt (Abb. 1)!
Schlussfolgerungen
Unter den aufgeführten Aspekten, kommt der Prävention, frühzeitigen
Diagnostik und Therapie der Parodontitis sowie der Vermeidung von
Spätfolgen mit hoher Erkrankungsprogression nicht nur aus
zahnmedizinischer sondern auch aus medizinischer und
gesundheitsökonomischer Sicht höchste Priorität zu.
Folgende Notwendigkeiten bestehen:
Politik / Hochschulpolitik
– Sensibilisierung von Politik, Medien und der breiten Öffentlichkeit
für die beschriebene Risikoproblematik und Steigerung des Bewusstseins
eines jeden Patienten über die Bedeutung dieser Erkrankung,
– Sensibilisierung der Politik, die Ausbildungsmöglichkeiten während
des Zahnmedizinstudiums (Personalkapazität) und die Honorierung der
Parodontitistherapie zu verbessern,
– Sensibilisierung der Bundeszahnärztekammer, des Kassenzahnärztlichen
Bundesvereinigung und des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte, die DGP
in ihren Bemühungen um die Stärkung des Fachs Parodontologie effizient
zu unterstützen,
– Sensibilisierung der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund-
und Kieferheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und
Kieferheilkunde, die Parodontologie als eigenständiges Fach mit
entsprechend der epidemiologischen Daten umfangreichem Lehrdeputat in
der neuen Approbationsordnung zu verankern.
Forschung/Lehre
– Verstärkung der Grundlagen- und klinischen Forschung auf dem Gebiet der Parodontologie,
– Stärkere Anbindung an Medizin – Parodontologie als Bindeglied zwischen Medizin und Zahnmedizin (Parodontale Medizin),
– Erhöhung des Stundenvolumens der Parodontologie in der Lehre,
– Schaffung eigenständiger Polikliniken für Parodontologie an den Universitäten.
Praxis
– Umfänglicher Einsatz des PSI,
– Frühdiagnostik und Frühtherapie mit effizienter Nachsorge koppeln,
– Spezialisierungen.
Weitere Informationen:
www.dgparo.de

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999