Amalgamverbot ab 2025: Was Patienten wissen müssen


Am 1. Januar 2025 trat in der Europäischen Union ein weitreichendes Verbot für Amalgam in Kraft. Die Verordnung 2024/1849 des Europäischen Parlaments zieht die ursprünglich später geplante Einschränkung von quecksilberhaltigem Dentalamalgam um etwa zehn Jahre vor. Was bedeutet das für Patienten und die zahnärztliche Versorgung?

Warum wird Amalgam verboten?

Das Verbot steht im Zusammenhang mit der Minamata-Konvention, einem internationalen Übereinkommen zur Reduktion von Quecksilberemissionen. Ziel ist es, den Quecksilbereintrag in die Umwelt zu minimieren. Mit dem aktuellen Verbot geht die EU über die ursprünglichen Vorgaben des Minamata-Übereinkommens hinaus, das lediglich eine schrittweise Reduzierung ohne zeitliche Begrenzung vorsah.

Ausnahmen vom Verbot

In medizinisch begründeten Ausnahmefällen darf Amalgam weiterhin verwendet werden, wenn der Zahnarzt oder die Zahnärztin dies für einen speziellen Patienten als zwingend notwendig erachtet. Die Herstellung und der Import von Amalgam bleiben für diese Fälle erlaubt, während der Export ab 2025 verboten wird.

Muss ich bestehende Amalgamfüllungen entfernen lassen?

Nein. Experten empfehlen nicht, intakte Amalgamfüllungen präventiv entfernen zu lassen. Der Wissenschaftliche Ausschuss der EU-Kommission zu Gesundheitsrisiken (SCENIHR) kommt zu dem Schluss, dass die Verwendung von Amalgam nicht mit dem Risiko systemischer Erkrankungen verbunden ist. Beim Entfernen von Amalgamfüllungen kommt es zudem zu einer temporär erhöhten Quecksilberfreisetzung.

Welche Alternativen zu Amalgam gibt es?

Als Ersatz für Amalgam stehen verschiedene Materialien zur Verfügung:

Kompositmaterialien

  • Bestehen aus anorganischen Füllkörpern in einer Kunststoff-Matrix
  • Sehr gute Materialeigenschaften für alle Kavitätengrößen, auch im kaulasttragenden Bereich
  • Auf Hochglanz polierbar für ästhetische Ergebnisse
  • Erlauben minimalinvasives Vorgehen
  • Zeitaufwändiger in der Verarbeitung und benötigen spezielle Haftvermittler
  • Erfordern eine saubere, trockene Zahnoberfläche während der Anwendung

Glasionomerzemente (GIZ)

  • Werden aus speziellen Glas-Pulvern und Flüssigkeit angemischt
  • Haften direkt chemisch an der Zahnoberfläche (selbstadhäsiv)
  • Einfachere und schnellere Anwendung als Komposite
  • Weniger abrasionsstabil und frakturanfälliger
  • Geeignet für kleine bis mittelgroße Defekte im Seitenzahnbereich

Kompomere

  • Hybridmaterialien aus Glasionomerzementen und Dentalkompositen
  • Ähnlich kaustabil wie Dentalkomposite
  • Besonders für Milchzahnrestaurationen empfohlen
  • Erfordern ebenfalls Adhäsivtechnik

Was übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen?

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen ab 2025 folgende Restaurationsmaterialien:

  • Im Frontzahnbereich: Adhäsiv befestigte Restaurationen (z.B. aus Dentalkompositen)
  • Im Seitenzahnbereich: Direkte Restaurationen aus selbstadhäsiven Materialien
  • In Ausnahmefällen (z.B. bei großen Kavitäten): Bulkfill-Komposite mit Haftvermittlern

Dies wurde vom GKV-Spitzenverband und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) beschlossen, um sicherzustellen, dass alle GKV-Versicherten auch nach dem Amalgamverbot eine qualitativ hochwertige, mehrkostenfreie Versorgung erhalten können.

Gibt es weiterhin die Möglichkeit einer Zuzahlung für aufwändigere Behandlungen?

Ja. Wie bisher können gesetzlich versicherte Patienten über die Grundversorgung hinausgehende Leistungen wählen (gesetzliche Mehrkostenregelung). Die Krankenkasse übernimmt dann die Kosten in Höhe der GKV-Versorgung, während der Patient die Mehrkosten selbst trägt. Zu diesen aufwändigeren Leistungen zählen:

  • Adhäsiv befestigte Restaurationen im Seitenzahnbereich
  • Restaurationen in Mehrschicht- und Mehrfarbentechnik
  • Einlagefüllungen
  • Goldhämmerfüllungen

Weitere Informationen zu den Kosten von Zahnfüllungen

Wer entscheidet über das verwendete Material?

Der behandelnde Zahnarzt oder die Zahnärztin entscheidet in Abstimmung mit dem Patienten, welches konkrete Füllungsmaterial im jeweiligen Fall verwendet wird. Die Entscheidung sollte individuell auf Basis verschiedener Faktoren getroffen werden, wie:

  • Compliance des Patienten
  • Kariesrisiko
  • Ausmaß an vorhandener Restzahnsubstanz
  • Kavitätengröße
  • Möglichkeit einer Trockenlegung während der Behandlung

Wichtig ist, dass Patienten vor der Behandlung über die bestehende GKV-Versorgung und mögliche Alternativen aufgeklärt werden.

Hintergrund: Amalgam in Deutschland

Der tatsächliche Einsatz von Dentalamalgam ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Im Jahr 2022 bestanden nur noch 2,4 Prozent der über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechneten plastischen Restaurationen aus Amalgam (5,8 Prozent in den neuen Bundesländern, 1,6 Prozent in den alten Bundesländern). Die meisten Patienten bevorzugen ohnehin schon lange zahnfarbene Materialien.

Durch erfolgreiche Präventionsmaßnahmen wie die Gruppenprophylaxe in Kindergärten und Schulen nimmt die Anzahl der benötigten Zahnfüllungen insgesamt kontinuierlich ab.

 

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 04 April 2025