Welches Unternehmen will in die Entwicklung
neuer Produkte investieren, wenn nicht klar ist, dass das verbesserte
Produkt auch entsprechend beworben werden kann? Verheerend sind auch
die handwerklichen Fehler, die bei der Festlegung der Richtlinien für
die Prüfung der Werbeaussagen gemacht wurden.
Um die Arbeit der Behörde in Parma zu erleichtern, beschränken
sich die Bewertungsmaßstäbe auf die Wirkung aktiver Substanzen in
Lebensmitteln. Produkte, die aufgrund des Fehlens potentiell
schädlicher Stoffe oder einer vergleichenden Aussage als gesund
beworben werden, fallen nicht in dieses starre System und sollen
deshalb auch nicht zugelassen werden. Dies könnte zu bizarren
Werbeverboten führen, die so sicherlich nicht gedacht waren:
Das bekannte Zahnmännchen-Siegel, das „zahnfreundliche“
zuckerfreie Produkte auslobt, dürfte demnach nicht mehr verwendet
werden. Auch gesundheitsbezogene Angaben, die aus der Reduzierung von
potentiell schädlichen Nährstoffen wie Transfettsäuren resultieren,
gehören dann der Vergangenheit an. Insgesamt stünden Unternehmen, die
mit jahrelanger Forschungsarbeit zum Beispiel in die Entwicklung
verbesserte Technologien oder von Ersatzstoffen investiert haben, vor
dem Ruin.
Die Akteure scheinen das ursprüngliche Ziel der Verordnung aus
den Augen verloren zu haben. Der medizinische Ansatz der EFSA führt zu
einer Bewertung der Lebensmittel nach Arzneimittelkriterien. Die
Kommission ist nicht bereit, diesen Fehler durch die Änderung der
Bewertungskriterien zu korrigieren. Zu allem Überfluss fordern einige
Mitgliedstaaten jetzt auch noch Angaben nach quantitativen Kriterien
wie „reduziert den Bluthochdruck um 20 Prozent“. Tritt diese
Reduzierung nicht ein, könnte die Kommission mit
Schadensersatzforderungen konfrontiert werden. Bleibt nur zu hoffen,
dass wenigstens die Kollegen im Europäischen Parlament einen kühlen
Kopf bewahren und im Rahmen des Komitologieverfahrens die nötigen
Korrekturen einfordern.“
Aktion zahnfreundlich: Health-Claims: Werbezensur statt Verbraucherschutz
Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 06 Januar 2010