Abweichungen vom Standard können nach Ermessen des Arztes/Zahnarztes erfolgen, sollten aber aus forensischen und versicherungsrechtlichen Gründen fachlich und patientenbezogen begründet und dokumentiert werden. Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss des Patientenwillens bei der Wahl der geeigneten Behandlung. Eine Therapieentscheidung gegen den Willen des Patienten zu treffen ist in der Regel für den Arzt/Zahnarzt nicht möglich.
Weicht ein Arzt/Zahnarzt von der klassischen Standardtherapie ab, muss der Patient in jedem Falle darüber aufgeklärt werden. In einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 25.02.2014, Az.: 26 U 157/12) wurde einem Hautarzt ein Behandlungsfehler vorgeworfen, weil er seinen Patienten nicht über die von der Standardtherapie abweichende Therapieentscheidung informiert hatte. Besonders schwer wog beim Richter die Tatsache, dass der Patient sich vor Therapieentscheidung des Arztes für die Standardtherapie entschieden hatte, der Arzt aber bei seiner Ermessensentscheidung für eine andere Art der Therapie den Patientenwillen bewusst missachtet hatte. Ausnahmen dazu bilden dagegen insbesondere lebensbedrohliche Notfälle, die durch einen Unfall oder eine Akuterkrankung bedingt sind, die insofern keinen Aufschub zulassen und bei welchen eine Einbeziehung des Patienten in eine Therapieentscheidung ohnehin nicht möglich ist.
BSG, Urteil v.19.05.2009-B8SO4/08 R-, juris=Soz43500 § 25 Nr. 1, m. Anm. Wahrendorf, juris PR-SozR 3/2010, Anm.5