25. Berliner Zahnärztetag: Die ganze Zahnerhaltung – das ganze Programm


Rund 1000 Teilnehmer, darunter sehr viele angereiste, konnten im Estrel Convention Center begrüßt werden, und der große Andrang sorgte in den Pausen und beim abendlichen Get Together zudem für eine sehr gut besuchte Ausstellung.
Dass sich alle Themen letztlich gut verbanden, sah der wissenschaftliche Leiter, Prof. Dr. Andrej Kielbassa, darin begründet, dass die „Zahnerhaltung ein Eckpfeiler der modernen Zahnheilkunde ist und sehr viele Schnittstellen zu den Nachbardisziplinen hat.“ Die bei der Umfrage ermittelten Wünsche wären daher unter dem Begriff „interdisziplinäre Zahnerhaltung“ zu subsumieren – ein Programm, dass der Jubiläumszahnärztetag von Anfang bis Ende durchzog und das ihm abschließend großen Beifall des Auditoriums einbrachte.

Wissen – und doch nicht alles wissen

Warum Fortbildung nie aufhört, selbst wenn „Karies“ in der Überschrift steht, machte Prof. Dr. Elmar Hellwig/Freiburg mit einem einzigen Satz nachdrücklich klar: „Wenn wir uns vor Augen halten, was wir alles bereits über Karies wissen, dürft es sie eigentlich gar nicht mehr geben – aber offenbar gibt es sie immer noch.“ Es sei der Biofilm, der dem Besiegen der Karies im Wege stehe und der sehr gut in sich „organisiert“ sei. Heute könne man sogenannte „late colonizers“ ganz gut bekämpfen – sei aber machtlos gegenüber den „early colonizers“. Sehr anschaulich beschrieb er, warum die Zahnärzte bisher nicht gewonnen haben: „Der physikalische Kontakt ist leicht zu beseitigen, aber die Keime tauschen sich gegenseitig aus und ducken sich sozusagen gezielt weg, weil sie vorbereitet sind.“ Auch hochkonzentrierte antimikrobielle Spüllösung sei machtlos: „Die erreicht nur die Oberfläche, aber auch das weiß man schon seit über hundert Jahren.“
Der „Fingerabdruck“ der Plaque sei bei jedem Menschen anders: „Man könnte sie sogar anhand ihres Zahnbelags identifizieren.“ Genetische Gründe für erhöhte oder niedrige Kariesaktivität seien vermutlich nicht ausreichend relevant für das individuelle Kariesrisiko, dagegen werde die Rolle des Speichels noch vielfach deutlich unterschätzt. Ein sehr selbstkritisches Resümee: „Vieles, was wir derzeit tun, tun wir für den kurzen Augenblick.“ Was in der Zukunft kommt? Vielleicht eine Nanobeschichtung des Zahnes: „Dann rutschen die Bakterien einfach ab.“

Zu den noch ungelösten Aufgaben in der Zahnmedizin gehöre die Approximalkaries, nahm Prof. Kielbassa in seinem Vortrag diesen Themen-Faden auf, und auch die Frage, ob es tatsächlich eine Remineralisierung gebe: „Eine randomisierte Studie zum Rückgang initialer Läsionen im Approximalbereich liegt nicht vor.“ Unter dem Rasterelektronenmikroskop zeige sich: „Was wie remineralisiert aussieht, erweist sich in Wirklichkeit als Oberflächen-Abradierung.“ Allerdings gebe es eindrucksvolle und sehr verschiedene Ansätze in Wissenschaft, Praxis und Unternehmen, die Hoffnung auf grundsätzliche Erfolge in der Zukunft machten.

So vielfältig und spannend, wie das aktuelle Wissen über die Kariologie vermittelt wurde, so faszinierend war es auch in den anderen Themenbereichen, die stets von Prävention bis Therapie gezogen wurden. Unter den vielen Vorträgen renommierter Experten, die immer wieder auf wissenschaftlich hohem Level unterhaltsam sind wie „Adhäsive Zahnheilkunde“ seitens Prof. Dr. Roland Frankenberger/Marburg oder spannend wie „Endodontie in der täglichen Praxis“ seitens Prof. Dr. Michael Hülsmann/Göttingen fiel eine noch eher selten erlebte Referentin mit einem Beitrag über „Zahnerhaltung nach Trauma“ auf: Für die Aufarbeitung und die Präsentation erhielt Dr. Christine Berthold/Erlangen spontan großen Beifall.

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 22 Februar 2011