15 Jahre Initiative Kiefergesundheit: Aufgaben wandeln sich mit der Gesellschaft


Kaum jemand wusste etwas über die Korrektur von Error! Post not found for word:zahn- und Kieferfehlstellungen. Wenig verwunderlich, dass auch die kieferorthopädische Diagnostik und Frühversorgung viel zu selten wahrgenommen wurde. Es war zudem harte Zeit für die Patienten: Wer eine ‚Spange’ trug, litt oft unter Hänseleien.

Vieles hat sich heute geändert: „Derzeit muss sich die Kieferorthopädie sogar gegen den Vorwurf wehren, ihre Therapiemittel seien Mode-Erscheinungen’“, sagte Mit-Initiatorin Dr. Henriette Dörschug. Brackets, wie sie etwa Tom Cruise oder viele andere Showstars tragen, seien geradezu Trend. Bei einer solch oberflächlichen Betrachtung komme jedoch der Aspekt der medizinischen Notwendigkeit viel zu kurz: „Grund für kieferorthopädische Maßnahmen ist und bleibt die Behebung funktionaler Störungen durch fehlstehende Zähne. Solche Apparaturen trägt man nicht, wenn man nicht muss.“ Nicht behandelte Fehlstellungen könnten später ganzheitliche Beschwerden wie Kopf- und Nackenschmerzen, Rückenbeschwerden und sogar Migräne nach sich ziehen. Zum Thema Trend hat die Initiative Kiefergesundheit eine klare Position: „Wenn Brackets & Co trendy sind, ist das eine immense Erleichterung für die jungen Patienten in ihrer oft besonders sensiblen Altersphase“, meinte Dr. Dörschug. Kontinuität in der Behandlung sei das A und O des Erfolges – wenn dies leichter falle, weil auch Idole heute Brackets tragen und sich damit sehen lassen, sei das für die kieferorthopädische Medizin nur von Vorteil.

Aufgaben heute: mehr Gesundheitserziehung der Eltern

In den letzten 15 Jahren hat sich keineswegs alles nur verbessert: „In jüngster Zeit stellen wir beispielsweise wieder eine Zunahme der Milchzahnkaries fest“, sagte die IKG-Vorsitzende Dr. Ortrun Rupprecht-Möchel. Dafür gebe es vielschichtige Gründe, einer der wesentlichen sei die Unkenntnis vieler Eltern über zahngesundheitliche Zusammenhänge und leider auch das Nachlassen des Aspektes Gesundheitserziehung in der Familie: „Weder Zahnpflege noch Zahnstellung erhalten in vielen Familien die für das Kindeswohl notwendige Aufmerksamkeit.“
Mangelnde Aufmerksamkeit sei oft auch der Grund für erworbene Kieferfehlstellungen im Kindesalter, ergänzte IKG-Sprecherin Dr. Brigitte Blum: Beispiel sei der ständig offene Mund ohne medizinische Gründe wie gestörte Nasenatmung. Der meist aus Nachlässigkeit herunterhängende Unterkiefer schädige nicht nur die Entwicklung des Kieferwachstums, sondern fördere auch Karies und sogar Erkältungskrankheiten. Ein anderes Thema sei der Stress im Kindesalter und die Folgen für Kiefer und Zähne: „Nicht zuletzt Grundschüler arbeiten oft wie die ‚Großen’ ihre Anspannungen und Belastungen oral ab, heißt: Sie kauen auf Stiften, knirschen mit den Zähnen, nuckeln auch in höherem Alter noch am Däumchen.“ Das seien keine Marotten, sondern – zumal wenn sie länger anhielten – ernst zu nehmende Verhaltensweisen mit nachhaltigen Folgen für die Kieferentwicklung. Noch im Erwachsenenalter könnten sich schmerzhafte Nachwirkungen zeigen. Die Initiative Kiefergesundheit weist deshalb in vielen Publikationen, Presseberichten, im Internet und nicht zuletzt mit dem tourenden KROCKY-Mobil auf die Bedeutung gerade stehender Zähne hin sowie auf die Möglichkeiten, Fehlstellungen zu vermeiden.

Die IKG hat seit ihrer Gründung vor 15 Jahren viel geleistet und bewegt – und sie steht vor großen Aufgaben. Der runde Geburtstag ist deshalb kein Anlass für eine Erholungspause, sondern Startpunkt für die nächsten Aktionen.

HINTERGRUND:
Zukunftsaufgaben und Botschafterdienste

Zukunftsaufgabe: Stärkung der Prävention und der Frühbehandlung

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse – zur Prävention ebenso wie zur nachhaltigen Therapie – sollen noch besser für die Bevölkerung, aber auch die Ärzte, Zahnärzte und die Kieferorthopäden selbst in Handlungsempfehlungen umgesetzt werden; mehr Werbung für intensivierte Prophylaxe und Frühbehandlung steht auf der Agenda der IKG. Kinder und Familien mit Migrationshintergrund müssen damit ebenso erreicht werden wie Kinder aus sozial schwachen Familien.
Die Aufgabe der IKG gewinnt damit auch gesundheitspolitisch an Relevanz: Die zahlreichen Sparmaßnahmen in der Versorgung von Kassenpatienten schlagen gerade jüngst wieder vor allem bei den kieferorthopädischen Leistungen zu Buche. Zwischen 1995 und 2006 sind die Gesamt-Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung für diese Behandlungen auf 88 % im Vergleich zu 1995 gesunken. Umso wichtiger ist es, die Eltern aufzuklären, wie „erworbene Fehlstellungen“ verhindert werden können und welche Chancen eine Frühbehandlung zur Vermeidung von Spätschäden bietet.

Botschafterdienste: Schnittstelle zur Bevölkerung

Die Initiative Kiefergesundheit unterstützt den Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden und die wissenschaftliche Fachgesellschaft für Kieferorthopädie als Schnittstelle zur Bevölkerung darin, eine moderne Kieferorthopädie mit qualitativ hochwertigen Verfahren und Materialien für die Behandlung der Kinder und Jugendlichen zu sichern.
Während der Berufsverband dies über den politischen Weg verfolgt und die Fachgesellschaft über die wissenschaftlichen Verfahren, informiert und motiviert die IKG als Botschafter für Kiefergesundheit die Öffentlichkeit, der Bedeutung von Stellung und Funktion der Kiefer mehr Beachtung zu schenken.
Dies erreicht die IKG mit aufsuchender Öffentlichkeitsarbeit: Rund 25.000 Kinder besuchen jedes Jahr das KROCKY-Mobil, den Infobus, der in Kooperation mit Kieferorthopäden und Arbeitsgemeinschaften vor Ort beispielsweise in Schulen und Kindergärten zu Gast ist. In Zusammenarbeit mit der Zeitschrift ELTERN liegen Ratgeber in Kinderarztpraxen aus. Die jüngst frei geschaltete „Milchzahnseite“ (www.milchzahnseite.de) ist ein enorm genutztes Internet-Medium für die Elternaufklärung und führt zu einer regen Diskussion mit Eltern und den Experten der IKG. Nicht zuletzt ist die IKG ein immer öfter gefragter Ansprechpartner für vielfältige Redaktionsbeiträge rund um die Mundgesundheit.

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 20 November 2008