Masseterhypertrophie - eine zu ausgeprägte Kaumuskulatur kann stören
Die Masseterhypertrophie beschreibt eine überstarke Vergrößerung des Kaumuskels (Musculus masseter), die sowohl ästhetische als auch funktionelle Beeinträchtigungen zur Folge haben kann. Diese Erkrankung betrifft den größten und kräftigsten Kaumuskel unseres Kausystems, der normalerweise eine Kraftentfaltung von bis zu 29kg ermöglicht
Was ist eine Masseterhypertrophie?
Bei der Masseterhypertrophie handelt es sich um eine unilaterale (einseitige, asymmetrische) oder bilaterale (beidseitige, symmetrische) Vergrößerung des Musculus masseter. Der betroffene Muskel verläuft vom Jochbein bis zum Kieferwinkel und ist für die Kaubewegungen insbesondere für den Kieferschluss (das Zubeissen) sowie für seitliche Kieferbewegungen verantwortlich. Auch der darunter positionierte Kaumuskel M. temporalis kann bei Vergrösserung den Eindruck der Masseter-Vergrösserung noch steigern.
Die Vergrößerung des Masseter führt charakteristischerweise zu einem kantigen, breiten Erscheinungsbild des Kiefers. Wichtig zu verstehen ist, dass es sich dabei um eine gutartige Zunahme der Muskelmasse, ähnlich dem Muskelzuwachs durch Bodybuilding, handelt, die erhebliche Auswirkungen auf das Erscheinungsbild haben kann. Nicht immer wird eine starke Kaumuskel-Konturierung als störend empfunden. Bei Männern kann eine kantige Physiognomie durchaus zu einem sehr maskulinen Erscheinungsbild beitragen.
Wie kann es zu einer ausgeprägten Kaumuskulatur kommen?
Die Entstehung einer Masseterhypertrophie kann verschiedene Ursachen haben, die sich in mehrere Kategorien unterteilen lassen:
Funktionelle Ursachen
Parafunktionen stellen die häufigste Ursache dar:
- Zähneknirschen (Bruxismus), insbesondere nächtlich
- Zähnepressen (Clenching)
- Intensives Kaugummikauen
- Übermäßiger Konsum harter Nahrungsmittel
Diese mechanische (Über-)Belastung führt im Sinne eines Muskeltrainings zum Wachstum des Kaumuskels.
Anatomische und genetische Faktoren
Bei manchen Patienten liegt eine angeborene Veranlagung zu einem ausgeprägteren Kaumuskel vor. Diese genetische Komponente kann bereits in jungen Jahren zu einer sichtbaren Vergrößerung führen.
Pathologische (krankhafte) Ursachen
- Funktionsstörungen des Kausystems können eine Rolle spielen:
- Temporomandibuläre Dysfunktionen (CMD)
- Okklusale Störungen mit tiefem vertikalem Überbiss
- Kiefergelenksprobleme
Medikamentöse und hormonelle Einflüsse
Der längerfristige Einsatz bestimmter Substanzen kann muskuläre Veränderungen bewirken:
- Anabolika und andere Hormone (Wachstumshormone)
- Bestimmte Medikamente mit muskelstimulierender Wirkung
Symptome und Beschwerden durch eine Masseterhypertrophie
Die Masseterhypertrophie kann unter dem Eindruck völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu erheblichen Beeinträchtigungen in Erscheinung treten.
Ästhetische Veränderungen
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Kantiges, maskulines Gesichtsprofil
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Verbreitertes Untergesicht
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Bei einseitiger Ausprägung: Gesichtsasymmetrie
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Unharmonische Gesichtsproportionen
Funktionelle Beschwerden
- Spannungs- und Druckgefühle im Wangenbereich
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Schmerzen beim Kauen
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Myalgien (Muskelschmerzen)
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Mögliche Beeinträchtigung der Speicheldrüsenfunktion
Begleiterscheinungen ausgeprägter Kiefermuskulatur
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Kopfschmerzen und Verspannungen
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Schlafstörungen bei nächtlichem Bruxismus
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Zahnschäden durch übermäßige Kaubelastung
Diagnostik der Kiefermuskelhypertrophie
Die Diagnosestellung der Masseterhypertrophie erfolgt multimodal:
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Klinische Untersuchung: Inspektion und Palpation des Masseters,
reicht typischerweise für die Diagnosestellung aus -
Bildgebung: Röntgenaufnahmen (a.p.-Schädel), bei Bedarf CT oder MRT (Umfang Differentialdiagnose z.B. bei einseitiger MH)
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Funktionsdiagnostik: Analyse der Okklusion und Kieferfunktion
Moderne Behandlungsansätze der hypertrohen Kaumuskulatur
Konservative Therapie
Die konservative Behandlung zielt auf die Reduktion der Muskelbelastung ab:
- Schienentherapie: Eine individuell angefertigte Aufbisschiene schützt nicht nur die Zähne, sondern entlastet den Masseter nachhaltig. Bei erfolgreicher Therapie kann sich der Muskel durch die reduzierte Belastung zurückbilden.
- Verhaltensmodifikation: Bewusstmachen und Reduzierung von Parafunktionen wie Kaugummikauen oder unbewusstem Zähnepressen.
Botulinumtoxin-Behandlung
Die Injektion von Botulinumtoxin-A („Botox“)hat sich als Therapie der Wahl etabliert:
Das Neurotoxin blockiert die Reizübertragung zwischen Nerv und Muskel, was zu einer gezielten Muskelentspannung führt. Die Muskelaktivität wird reduziert, während die grundsätzliche Funktionstüchtigkeit erhalten bleibt. Dies ist eine übliche nichtchirurgische Behandlung, bei der das Muskelvolumen reduziert wird, indem es zu einer vorübergehenden Lähmung führt. Es wird wegen seines minimalinvasiven Charakters bevorzugt, obwohl mehrere Sitzungen erforderlich sein können, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen
Behandlungsablauf mit Botox
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Ambulante Durchführung ohne örtliche Betäubung
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Präzise Injektion in den hypertrophen Muskel (nahezu schmerzfrei mit minimalen Risiken)
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Behandlungsdauer: 30-45 Minuten
Ergebnisse und Lanzeitwirkung
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Wirkungseintritt nach 1-2 Tagen
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Vollständige Wirkung nach 10-14 Tagen
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Wirkdauer: 4-6 Monate
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Bei regelmäßiger Anwendung können sich die Intervalle verlängern
Operation übergrosser Muskeln
In ausgewählten Fällen kann eine chirurgische Reduktion des hypertrophen Muskels erwogen werden. Diese invasive Methode kommt jedoch nur bei therapieresistenten Fällen oder extremen Ausprägungen zum Einsatz.
Prognose und Langzeitergebnisse
Die Prognose der Masseterhypertrophie ist bei adäquater Behandlung ausgezeichnet. Studien zeigen, dass in allen behandelten Fällen eine deutliche Verbesserung der Gesichtsasymmetrie durch Reduktion der hypertrophen Muskelmasse erzielt werden konnte.
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Komplikationen oder Therapieversagen wurden nicht beobachtet
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Bei regelmäßiger Botox-Behandlung kann der Muskel dauerhaft an Volumen verlieren
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Die Behandlung ist reversibel – bei Therapiestopp kehrt der Muskel langsam zur ursprünglichen Aktivität zurück
Wie kann man vermeiden, dass es zu einer eine Masseterhypertrophie kommt?
Stressmanagement und die Behandlung zugrundeliegender Parafunktionen sind essentiell für die langfristige Erfolgssicherung. Patienten sollten über schädliche Gewohnheiten aufgeklärt und bei der Verhaltensmodifikation unterstützt werden.
implantate.com-Fazit:
Die Masseterhypertrophie stellt eine gutartige Veränderung dar, die oftmals keiner Therapie bedarf. Sie ist aber gut behandelbar, um eine sowohl ästhetische als auch funktionelle Verbesserungen zu erzielen. Die Botulinumtoxin-Therapie hat sich als sichere und effektive Behandlungsoption etabliert, die ambulant und mit minimalen Risiken durchgeführt werden kann. Eine individuelle Diagnostik und auf den Patienten abgestimmte Therapie sind dabei entscheidend für den Behandlungserfolg.
IMPLANTAT-SPEZIALISTEN IN IHRER NÄHE
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