Kostenübernahme von Zahnimplantaten durch die Kasse? Die Ausnahmeindikationen.

Der Zahnersatz auf Implantaten wird über die neue Festzuschuss-Regelung für Zahnersatz bezuschusst. Aber auch Implantate selbst werden in wenigen Ausnahmefällen auf Antrag erstattet, bei den sogenannten Ausnahmeindikationen. Diese haben den Hintergrund, dass unter bestimmten "schicksalhaften" Voraussetzungen, bei besonders schweren Kieferkrankheiten, die gesetzliche Krankenkasse dazu verpflichtet ist, die Implantatkosten als Teil der Behandlung der Erkrankung an sich zu übernehmen. Zu diesen Ausnahmeindikationen gehören u.a. schwere Kieferdefekte durch Unfälle, Krebserkrankungen und das Fehlen von (so gut wie allen) Zähnen durch genetische Nichtanlage. Die vollständige Auflistung mit dem genauen Wortlaut finden Sie weiter unten. Die Grenzen sind schwammig, wann nicht und wann ja und wird letztendlich durch ein Gutachten der Krankenkassen entschieden.

Vorabkommentar von implantate.com: Diese Texte wurden für Sachkundige verfasst und bieten dem Laien zum Teil unverständliche Information! Eine weitergehende Interpretation sollte nur mit Hilfe von Sachkundigen erfolgen!

Leistungen der Krankenversicherung § 28 (Abs. 1 u. 2 hier wiedergegeben)
Ärztliche und zahnärztliche Behandlung

1. Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist.

2. Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist.

Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden.

Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach §92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

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Gutachterlicher Richtlinien

Leitfaden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) als oberster kassenzahnärztlichen Institution zur Begutachtung von Fällen, die implantologische Lesitungen nach den Ausnahmeindikationen erhalten sollen. (PDF KZBV Leitfaden Implantologie).

Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung

Beschluss des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen am 24. Juli 1998 (in Kraft getreten am 22. September 1998)

VII. Ausnahmeindikationen für implantologische Leistungen

28. Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen legt in Richtlinien gem. § 92 Abs. 1 SGB V die seltenen Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle fest, in denen der Anspruch auf implantologische Leistungen einschließlich der Epithesen und/oder der Suprakonstruktionen (implantatgetragener Zahnersatz) im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung gemäß §28 Abs. 2 Satz 9 SGB V als Sachleistung besteht. Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen folgt dabei den Intentionen des Gesetzgebers, dass Versicherte nur in zwingend notwendigen Ausnahmefällen diese Leistungen erhalten.

29. Ausnahmeindikationen für Implantate und Suprakonstruktionen im Sinne von §28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liegen in den in Satz 4 aufgeführten besonders schweren Fällen vor. Bei Vorliegen dieser Ausnahmeindikationen besteht Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen von Satz 4 Buchstaben a) bis c) gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten Zahnersatz nicht belastbar ist.

Besonders schwere Fälle liegen vor

a. bei größeren Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache

  • in Tumoroperationen,
  • in Entzündungen des Kiefers,
  • in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten),
  • in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt,
  • in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten) oder
  • in Unfällen

haben,

b. bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,

c. bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen,

implantate.com-Kommentar: Urteil des Bundessozialgerichts v. 7.5.13: 22 fehlende Zähne nicht ausreichend!
Hier können sie das ganze Urteil des Bundessozialgerichts zu Ausnahmeindikation für Implantate als PDF-Datei herunterladen.

d. bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z.B. Spastiken).

30. Bei extraoralen Defekten im Gesichtsbereich nach Tumoroperationen oder Unfällen oder infolge genetisch bedingter Nichtanlagen ist die operative Deckung der Defekte das primäre Ziel. Ist eine rein operative Rehabilitation nicht möglich und scheidet die Fixierung von Epithesen zum Defektverschluss durch andere Fixierungsmöglichkeiten aus, so ist eine Verankerung von Epithesen durch Implantate angezeigt.

31. Die Krankenkasse muss die in diesen Richtlinien genannten Behandlungsfälle mit dem Ziel begutachten lassen, ob die Ausnahmeindikationen vorliegen. Zahnarzt und Krankenkasse können eine Überprüfung des Gutachtens durch einen Obergutachter bei der KZBV beantragen.

Gutachter und Obergutachter müssen implantologisch erfahrene Zahnärzte sein, die von der KZBV im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen benannt werden. Das Vorschlagsrecht für entsprechende Gutachter und Obergutachter liegt sowohl bei der KZBV als auch bei den Spitzenverbänden der Krankenkassen.

Rundschreiben der KZBV zur Verabschiedung eines Ausnahmekataloges für implantologische Leistungen in Auszügen (Stand: April 2001)

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2. Beschreibung der Ausnahmeindikationen

Der Bundesausschuss hat nach Hinzuziehung von Sachverständigen folgende Ausnahmeindikationen festgelegt:

Besonders schwere Fälle liegen vor

a. bei größeren Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache

  • in Tumoroperationen,
  • in Entzündungen des Kiefers,
  • in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten),
  • in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt,
  • in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten) oder
  • in Unfällen
  • haben,
  • b. bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung
  • c. bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen,
  • d. bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z.B. Spastiken)."


Zu a) Größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte

Voraussetzung für die Einstufung als besonders schwerer Fall sind größere Kiefer- und Gesichtsdefekte, die ihre Ursache in operativen Eingriffen, Entzündungen, angeborenen Fehlbildungen oder Unfällen haben können. Insofern kann von implantologischen Leistungen gesprochen werden, die im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbracht werden. Um klarzustellen, dass ein Leistungsanspruch nur bei größeren Defekten besteht, wurde bei der Operation von Zysten besonders darauf hingewiesen, dass dies nur bei großen Zysten wie z.B. Keratozysten oder großen follikulären Zysten der Fall sein kann.

Haben Defekte ihre Ursache in Operationen infolge von Osteopathien, so sind häufig Implantatversorgungen nicht indiziert. Hierauf wird unter a) noch einmal ausdrücklich hingewiesen.

Liegt ein größerer Kiefer- oder Gesichtsdefekt vor, so kommt eine Implantatversorgung nur dann in Betracht, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung nicht möglich ist. Das ist nur dann der Fall, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgetragenen Zahnersatz nicht belastbar ist.

Zu b) Dauerhaft bestehende extreme Xerostomie

Als besonders schweren Fall bezeichnen die Richtlinien auch eine Befundsituation, bei der eine extreme Xerostomie (Mundtrockenheit) besteht, die nicht durch eine vorübergehende Medikamenteneinnahme ausgelöst, sondern dauerhaft vorhanden und durch therapeutische Maßnahmen nicht behebbar ist.

Implantologische Leistungen unterliegen unter diesen Voraussetzungen nur der Leistungspflicht der Krankenkassen, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung anfallen. Das ist z.B. der Fall, wenn die Xerostomie durch eine Tumorbehandlung verursacht wurde. Daher weist Buchstabe b) beispielhaft auf die Tumorbehandlung hin.

Wie bei den Ausnahmeindikationen unter Buchstabe a) gilt auch hier, dass eine Implantatversorgung zu Lasten der Krankenkassen nur in Betracht kommt, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung nicht möglich ist, weil das Prothesenlager durch einen schleimhautgetragenen Zahnersatz nicht belastbar ist.

Zu c) Nichtanlage von Zähnen

Ein besonders schwerer Fall kann auch vorliegen, wenn eine genetisch bedingte Nichtanlage von Zähnen gegeben ist. Dabei ist mit der Formulierung nicht nur die totale Zahnlosigkeit gemeint, sondern das genetisch bedingte Fehlen der Mehrzahl der Zähne. Auch hier kann von Leistungen im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung gesprochen werden. Die Nichtanlage einzelner Zähne stellt dagegen keinen "schweren" Fall im Sinne der Richtlinien dar.

Wie bei den Ausnahmeindikationen unter Buchstabe a) und b) unterliegen Implantate, die im Zusammenhang mit der genetisch bedingten Nichtanlage von Zähnen erforderlich sind, nur dann der Leistungspflicht der Krankenkassen, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist, weil das rekonstruierte Prothesenlager nicht belastbar ist.

4.2 Atrophie (Kieferschwund) ist keine Keine Ausnahmeindikation

Die Ausnahmeindikationen beinhalten nicht den Fall einer ausgeprägten Kieferatrophie (Kieferschwund), bei dem eine normale Vollprothese ohne Implantate nicht funktioniert. Der Bundesausschuss hat in seinen Beratungen ausdrücklich diese Frage beraten und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gesetz eine Aufnahme der Kieferatrophien in den Ausnahmekatalog nicht zulässt.

Dies wurde durch zwei Urteile des Bundessozialgerichts bestätigt (BSG –19.06.2001, AZ: B 1 KR 4/00 R und B 1 KR 5/00 R).

implantate.com-Kommentar:

Einige Fehlende Zähne für Indikation "Nichtanlage" nicht ausreichend (Urteil Bundessozialgericht zur Ausnahmeindikation f. Implantate 7.5.13: 22 f)

Zu d) Muskuläre Fehlfunktionen

Als besonders schwer wird ein Fall auch dann eingestuft, wenn muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich, die nicht willentlich beeinflussbar sind (z.B. Spastiken) dazu führen, dass schleimhautgetragene Totalprothesen im Munde des Patienten keinen Halt finden. Implantatversorgungen, die aus diesen Gründen erforderlich sind, werden dann im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbracht.

Patienten können in solchen Fällen zu Lasten der Krankenkasse versorgt werden, da eine konventionelle prothetische Versorgung unabhängig von der Belastbarkeit des Prothesenlagers nicht möglich ist.

3.Verankerung von Epithesen

Bei einigen der aufgeführten besonders schweren Fälle liegen extraorale Defekte vor. Dies kann bei Tumoroperationen, Unfällen oder genetisch bedingten Nichtanlagen der Fall sein. Primäres Ziel ist es hierbei, die Defekte operativ zu decken. Eine rein operative Rehabilitation mittels plastischer Chirurgie ist nicht immer möglich. Insoweit muss mittels alloplastischer Materialien eine Wiederherstellung der Gesichtskontinuität erfolgen. Sofern die Fixierung von Epithesen zum Defektverschluss ohne Implantate möglich ist, sind diese Fixierungsarten zu wählen (Befestigung ohne Hilfsmittel unter Ausnutzung günstiger anatomischer Verhältnisse, Halt durch chirurgisch geschaffene Retentionen, Befestigung durch mechanische Verankerungsmittel, Befestigung durch Verwendung von Klebstoffen). Nur soweit eine Verankerung mit diesen Fixierungsmethoden nicht möglich ist, ist eine Verankerung durch Implantate angezeigt.

Literatur

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477)
Leitfaden für den implantologischen Gutachter im System der gesetzlichen Krankenversicherung, KZBV
2. Auflage, 2014, aktualisiert am 01.04.2016

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 13. Februar 2020
     



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