Implantatfreilegung und Zahnfleischformer

Die Wartezeit bis zur Implantateinheilung ist vorbei. Jetzt müssen die unter dem Zahnfleisch ruhenden Implantate freigelegt werden, damit sie mit Zahnersatz versorgt werden können. Dafür wird das Zahnfleisch über dem Implantat betäubt. Nach der Zahnfleischeröffnung mit einem kleinen Schnitt oder eine Stanze wird die Innenschraube (Verschlussschraube) aus dem Implantat herausgedreht und ein Zahnfleischformer (Gingivaformer) eingesetzt. Dadurch bildet sich eine stabile Zahnfleischmanschette und ermöglicht eine schmerzlose Durchtrittsstelle zum Implantat.

 

Bei der Freilegung wird ein Zahnfleischformer eingesetzt

Die Implantatfreilegung ist nur dann notwendig, wenn das Zahnimplantat unter dem Zahnfleisch gedeckt eingeheilt ist (geschlossene Einheilung). Wenn das Implantat nach der Implantation  schon mit einem Zahnfleischformer  versorgt wurde (offene Implantateinheilung) ist eine Freilegung überflüssig. 

Kleiner Schnitt oder Stanze: eine Freilegung geht meist schnell

Das Ziel der Freilegung nach einer geschlossenen Implantateinheilung ist, einen permanenten Zugang zu der Schraubinnenverbindung des Implantats zu bekommen und das Zahnfleisch für das Tragen des Zahnersatzes stabil zu formen. Dafür wird das Zahnfleisch direkt über dem Implantat betäubt und durch einen kleinen Schnitt mit dem Skalpell oder Laser, oder einer Zahnfleisch-Stanze eröffnet. In der Regel wird dann die Verschlussschraube durch einen sogenannten Gingivaformer in der Implantatöffnung ersetzt. Der nun geschaffene Zugang ist für die Abdrucknahme mit einem Übertragungspfosten oder Scan notwendig und ermöglicht das Einsetzen bzw. Austausch von Aufbauteilen (Abutments) für die prothetische Versorgung z.B. mit einer Krone. Manchmal muss das Zahnfleisch wieder vernäht werden.

Ästhetische Verbesserung durch Zahnfleischvermehrung

Die Freilegung kann mit spezieller Schnitttechnik auch dazu genutzt werden, die Zahnfleischmenge am Implantat gezielt zu erhöhen. Das kann ästhetisch gerade im Frontzahnbereich von Bedeutung sein.

 

Mit Schmerzen nach Freilegung ist zu rechnen

Dieser Eingriff ist kurz und durch die Betäubung natürlich schmerzfrei. Allerdings kann es danach zu einem Wundschmerz kommen, insbesondere wenn der Gingivaformer Druck auf das umgebene Zahnfleisch ausübt. Auch sind Zahnfleischentzündungen nach Freilegung beschrieben worden. In den meisten Fällen gibt es jedoch kaum Probleme, die sich nicht mit einer normalen Schmerztablette unter Kontrolle bringen ließen. Unterstützend können auch Mundspüllösungen eingesetzt werden. Bei anhaltenden Schmerzen sollte das Implantat selber noch einmal überprüft werden.
Die Pflege des Zahnfleischs sollte in den ersten Tagen mit einer weichen Zahnbürste erfolgen, da es es sehr empfindlich ist. Stärkeres Bürsten nach und nach
hilft, das Zahnfleisch zu straffen.

Lockerung von Gingivaformern: keine Seltenheit

Zahnfleischformer sollten mittels Schlüssel lediglich fingerfest (nicht mit Drehmomentschlüssel) in Implantate eingedreht werden, da:
  • kein dauerhafter Verbleib geplant ist
  • keine wesentlichen Belastungen auszuhalten sind
  • er für Zahnersatz-Maßnahmen leicht entfernbar sein soll
  • zu starkes Festziehen ein Risiko für das Implantat darstellen kann.
Das hat allerdings zum Nachteil, dass sich Gingivaformer lockern und raus fallen können. Lockerungen führen durchaus zu Schmerzen, und wenn Zahnfleischformer rausfallen, kann das zum erneuten Überwachsen des Zahnfleischs (erneute Freilegung erforderlich) oder zu Entzündungen führen. Also: Bei Lockerungen oder Verlust des Zahnfleischfomers: sofort zum Behandler!
Frisch eingebrachter Zahnfleischformer: man beachte das blasse Zahnfleisch durch den Druck.

Wie fest und belastbar ist das Implantat eingeheilt?

Die Einheilung sorgt für ein sicher belastbares Implantat. Aber wie kann man da sicher sein? Zunächst einmal, kann man davon ausgehen, dass nach 6-8 Wochen problemloser Heilphase ein Implantat vom Knochen verankert wurde (Osseointegration).Ein Klopftest mit einem Instrumentengriff auf den Implantatkopf (oder Zahnfleischformer) sollte durch eine hellen Klopfschall von einem stabilen Implantat zeugen. Auch das obligate Röntgenbild kann bei einer homogener Knochenstruktur um das Implantat zeigen, dass alles in Ordnung ist. Objektiver und sichere sind Messmethoden, die die tatsächliche Stabilität des Implantats anzeigen. Hierzu eignen sich der Periotest oder noch besser: die Resonanz-Frequenz-Analyse, mit der man klare Zahnlen für die Festigkeit erhält.

Rauchen und Implantateröffnung

Wenn man so leicht auf das Rauchen verzichten könnte, wäre es hier kein Thema. Es ist hinreichende bekannt, dass Rauchen ein höheres Risiko für die Einheilung der Implantate und für den langfristigen Implantaterfolg mit sich bringt. Bei der Implantatfreilegung betrifft die Operation nur das Zahnfleisch und hat keinen direkten Einfluss auf die knöcherne Heilung. Allerdings können hier Wundheilungsstörungen, die man bei Rauchern häufiger sieht, zu vermehrten Schmerzen und einer Entzündung des Gewebes um das Implantat führen. Ein Knochenverlust wäre damit möglich. Versuchen Sie also den Niktinkonsum auch bei der Freilegung so weit es geht einzuschränken.

Wie geht es nach der Freilegung weiter?

Technisch ist ein Abdruck (Abdruckpfosten) oder Scan (mit sogenannten Scan-Abutments) für den Implantat-Zahnersatz direkt im Anschluss an die Freilegung möglich. Allerdings dürfte es vorteilhafter sein, wenn man dem Zahnfleisch ca. 1 Woche Zeit gibt, um einen stabilen Zahnfleischring um den Zahnfleischformer auszubilden, und erst dann den Abdruck zu nehmen oder zu scannen.

Wie lange bleibt der Zahnfleischformer?

Wenn der Gingivaformer direkt bei der Implantation eingesetzt wird (offene Einheilung), bleibt er von Anfang bis Ende (Fertigstellung des Zahnersatzes), also meist 8 -16 Wochen.

Wenn er nur für die Zahnfleischformung nach Freilegung (geschlossene Einheilung) eingesetzt wird, wird er für 1-4 Wochen benötigt, je nach ästhetischer Aufgabe. Dazu kommt noch die Zeit zwischen Abdrucknahme/Scan und Fertigstellung z.B. der Implantatkrone: ca. 2-3 Wochen.

 


Weiter geht es mit: Abdrucknahme oder Scan der Implantate

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Literatur

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Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 20. April 2023