Bei chronischem Stress wird z.B. neben Adrenalin und Noradrenalin auch vermehrt Cortison ausgeschieden, Tanja, und die Immunreaktion herabgesetzt. Möglicherweise läuft die erhöhte Bereitschaft, in dieser Situation eine Parodontitis zu entwickeln über diesen Mechanismus ab.
Stress wird ja definiert als „Die Diskrepanz zwischen einer Anforderung, die es zu bewältigen gilt, und der Kompetenz, diese zu bewältigen“, was ja nichts anderes bedeutet als dass man mit einer bestimmten Situation nicht so ohne Weiteres fertig wird. Jaonna hat diese Situation ja sehr schön am Beispiel einer Scheidungssituation dargestellt. Die sogenannte „Managerparodontitis“ ist ein anderes Beispiel.
Darüber hinaus fördert Stress die Ausübung schlechter Gewohnheiten (zB. Knirschen, Pressen, Zungenpressen, usw.). Der Volksmund hat das schon seit tausend Jahren durchschaut und spricht von „Probleme Durchkauen“, „Sich Durchbeißen“, „Zähne zusammen beißen“, „Verbissen oder Zerknirscht ein“, usw.
Wenn diese beiden Komponenten (durch Reduktion der Immunabwehr entzündeter Zahnhalteapparat UND schlechte Gewohnheiten eventuell noch kombiniert mit einer dieser Situation nicht angepassten Mundhygiene) zusammentreffen, dann ist das sozusagen der „Supergau“ für den Zahnhalteapparat.
Die Menschen sind von der Natur her sehr unterschiedlich ausgestattet, und was des einen Zahnhalteapparat nicht kratzt kann für den anderen das Fass zum Überlaufen bringen.
Gerade die Parodontitis hat wie alle großen Krankheitsbilder nicht „DIE Ursache“, sondern ist multifaktoriell bedingt mit im Einzelfall unterschiedlicher Gewichtung der unterschiedlichen möglichen Ursachen.
Eine der möglichen Ursachen für eine Parodontitis, gegen die kein Kraut gewachsen ist (Therapieresistenz), ist auch die, dass sich die körpereigene Abwehr gegen den eigenen Zahnhalteapparat richtet, also quasi eine „Autoimmunerkrankung“ wie beim Rheuma. Ich habe in 20 Jahren 3 Fälle gesehen, bei denen man beobachten konnte, wie der Körper trotz aller ergriffener Massnahmen die eigenen Zähne im Laufe von Jahren regelrecht abgstoßen hat. Zum Glück sind diese Fälle zumindest in dieser extremen Form ausgesprochen selten. Zwei von diesen Patienten habe ich (nach sorgfältiger Aufklärung über mögliche Risiken) mit Implantaten versorgt. Keiner von beiden hat eine Periimplantitis im Sinne einer Parodontitis an einer künstlichen Wurzel entwickelt. Das ist in meinen Augen schon ein deutlicher Hinweis dass das eigentliche Problem in diesen beiden Fällen die Existenz eines Zahnhalteapparat war, den der Körper nichtn ertragen konnte.
Insgesamt gilt natürlich, dass eine an die Umstände angepasste Mundhygiene (je schlechter die Ausstattung desto mehr muss man den Köper in seiner Tendenz zur Selbstheilung unterstützen) den Verlauf in jedem Fall ausgesprochen günstig beeinflusst und das zugrundeliegende Problem in der Mehrzahl der Fälle löst.
Herzliche Grüße
Osswald