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Kurze Implantate – wann auf der sicheren Seite?
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- Dieses Thema hat 10 Antworten sowie 10113 Teilnehmer und wurde zuletzt vor vor 14 Jahren, 6 Monaten von troed aktualisiert.
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zahediAdministrator
Man kriegt ja mittlerweile jede Menge Bilder und Studien von erfolgreichen, kurzen Implantaten präsentiert. Das Attribut „kurz“ halte ich dabei für nicht ausreichend. Kaum jemand würde doch auf die Idee kommen, ein Implantat von 6 mm Länge und 3,5mm Durchmesser zum Ersatz eines 6ers mit 14mm Aufbau/Kronenlänge zu verwenden, oder? Osseointegrationsfläche ist sicher ein Punkt. Also dürfte ein Implantat mit 5-6mm Durchmesser ganz anderes Potential haben. Ich sehe bei mir, dass Implantate von 8mm Länge gut Ergebnisse liefern können. Hat jemand noch weitergehende Erfahrungen? Was funktioniert mit hinreichender Sicherheit, bzw. von was sollte man die Finger lassen?
Grüsse
B. Zahedi -
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Dr. Frank MaierTeilnehmer
Kurze Implantate funktionieren bei achsialer Belastung uneingeschränkt. Eine übermäßiges Missverhältnis zwischen prothetischem Hebel und osseointegrierter Oberfläche wird bei lateral wirkenden Kräften zur Gefahr. Implantate von 6 mm Länge funktionieren problemlos als Hilfsimplantate in verblockten Konstruktionen mit anderen Implantaten. Bei sehr guter Knochenqualität sind die Kurzen ebenfalls erfolgreich und es kann mitunter ein Sinuslift oder Knochenblock vermieden werden. Ich rate von kurzen Implantaten ab bei gleichzeitiger marginaler Augmentation, Implantatsystemen mit starkem initialen Knochenabbau, Bruxismus und Einzelzahnimplantate mit großem prothetischen Hebel.
Viele Grüße,
F. Maier
Dr. Stefan KönigGastIch möchte mit einer Gegenfrage beginnen: „Was sind kurze Implantate?“
Oder anders gefragt: „Wo beginnt kurz, wo endet lang?“ Denken wir zurück in die Anfänge der 90er Jahre, so haben wir versucht, uns wann immer möglich zwischen 15 und 20 mm zu bewegen. 13mm oder gar 11 mm haben wir als kurz empfunden, 10 oder gar 8 mm waren gar grenzwertige Längen. Dennoch haben wir sie verwendet, z. B. bei hochgradig atrophierten Kiefern gemäß des Branemarkkonzepts der 5 interforaminalen Implantate, die mit den „Hochwasser“- oder „Stelzbau-„ Brücken versorgt wurden. Und heute, 15 Jahre später funtionieren diese Brücken genau so gut, wie diejenigen Hochwasserbrücken, die auf „langen“ 15 – 20 mm Implantaten aufgebracht wurden. Knochenabbau am Interface Implantat – Abutment: Fehlanzeige! Im Gegenteil, der Knochen wuchs über die Jahre an den überlangen Abutments in die Höhe, trotz fehlenden Platformswich und der alten Flach- zu Flachverbindung über den heute so ungeliebten Außenhex.Aber sind das wirklich die kurzen Implantate, um die es heute geht, wenn wir über kurze Implantate sprechen?
Ich meine NEIN!Wir fragen uns heute, können Implantate, die unterhalb der 8mm angesiedelt sind, langfristig funktionieren oder bergen sie ein erhöhtes Risiko? Wirkliche Langzeitstudien zu dieser Frage existieren nicht, wir können nur vergleichende Überlegungen anstellen, um uns auch nur halbwegs wissenschaftlich orientiert einer Antwort zu nähern.
Beginnen wir mit Sinuslifts über alloplastisches Material: betrachtet man die neuesten Ergebnisse zu allogenen und xenogenen Knochenersatzmaterialien aus der Wiener Schule um Prof. Watzek, so werden diese Knochenersatzmaterialien provokativ unter dem Begriff „Junk“ (Sondermüll) subsummiert. Dennoch sind die inserierten Implantate fest und in Funktion, wenngleich eine Osseointegration innerhalb der Knochenersatzmaterialien laut den histologischen Aufarbeitungen niemals stattgefunden hat. Wo finden also diese Implantate ihren Halt, ihre Osseointegration? Das kann nur im verbliebenen geringen Knochenangebot der basalen Kieferhöhlenbegrenzung erfolgen. Ich frage mich: Stehen wir hier vor einer riesigen Feldstudie, die das Funktionieren kurzer Implantate, auch im qualitativ schlechteren Knochen des Oberkiefer-Seitenzahnbereichs über Jahre bereits bewiesen hat?
Eine weitere Untergliederung bei der Bewertung von Funktion oder Misserfolg ist die Frage der primären Verblockung. Haben die 8 mm Branemark-Schrauben mit ihren immensen Stelzbauten maßgeblich deswegen funktioniert, weil sie primär verblockt waren?
Ich meine: JA.Die primäre Verblockung ist ein wesentlicher Aspekt der Einleitung physiologischer Kräfte auf den Knochen, da die bei extraaxialen Belastungsmomenten wirkenden Kippkräfte in Translatationskräfte umgewandelt werden. Wo liegt der Unterschied? Bei Kippkräften haben wir ein Kraft-Vektor-Gefälle, das die größten Kraftvektoren an der crestalen Plattform und am Apex des Implantats hat und zum Zentrum der Implantatlänge gegen Null geht. Dieser Kraft-Vektor-Gradient des Einzelzahnimplantats ohne Verblockung wird durch die Verblockung aufgehoben: nunmehr wirken alle Kraftvektoren auf einer Seite des Implantats und sind daher bei gleicher Gesamtkraftsumme erheblich kleiner. Gleichzeitig verringert die Verblockung selbst diese Gesamtkraftgröße weiter.
Was ist die Folge?
Die crestal in der Transversalen (der Kauvorgang ist im wesentlichen ein transversales Reiben!) einwirkenden Kräfte sind erheblich geringer, als dies beim unverblockten Implantat der Fall ist. Also haben wir eine geringere Belastung gerade dort, wo der Knochen am dünnsten, somit am „kortikalsten“ und somit am schlechtesten durchblutet ist. Also genau dort, wo er gegen Überlastungen am anfälligsten ist. Deshalb sehen wir bei den verblockten Stelzbauten von Per-Ingvar Branemark hier keine erhöhten Abbauvorgänge.Ich persönlich würde im Schluss folgenden Thesen nachhängen:
Solange wir Implantate über eine trigonale Unterstützungsfläche primär verblocken, spielt die Implantatlänge keine Rolle.
Einzelzähne auf 6 oder 4 mm langen Implantaten empfinde ich als erhöhtes Risiko.
8mm Implantate sehe ich aus meinem heutigen Verständnis heraus nicht mehr als „short implants“ an.borrmannTeilnehmerWir verwenden in unserer Praxis schon seit Jahren kurze Implantate und beobachten die gleichen Erfolgsquoten wie bei Implantaten von 10mm Länge und mehr.
Wir setzen kurze Implantate unterschiedlicher Anbieter mit Längen von 6,0mm,7,5mm und 8,0mm, vorwiegend im distalen Bereich des Alveolarfortsatzes sowohl im Unterkiefer als auch im Oberkiefer.Wir wählen den größt möglichen Durchmesser und verblocken immer um günstige biomechanische Verhältnisse zu bekommen.
Wichtig ist mir, dass ein adäquates Knochenangebot in transversaler Richtung vorliegt ,und die kurzen Implantate achsengerecht gesetzt werden können.
Ausserdem sollten Augmentationen nur mit autologem Knochen durchgeführt werden.
Besonders wichtig ist mir,dass die Implantat-Abutmentverbindung bei kurzen Implantaten durch einen langen internen Konus realisiert wird, um dem periimplantären Knochenabbau vorzubeugen.Gruß
BorrmannparschauTeilnehmer[b]Dr. Stefan König schrieb:[/b]
[quote]
Ich persönlich würde im Schluss folgenden Thesen nachhängen:
Solange wir Implantate über eine trigonale Unterstützungsfläche primär verblocken, spielt die Implantatlänge keine Rolle.
Einzelzähne auf 6 oder 4 mm langen Implantaten empfinde ich als erhöhtes Risiko.
8mm Implantate sehe ich aus meinem heutigen Verständnis heraus nicht mehr als „short implants“ an.[/quote]Das sehe und handhabe ich genauso. Die Verblockung wird häufig unterschätzt, ist aber meines Erachtens gerade in solchen Fällen von erheblichem Mehrwert. Es gibt übrigens auch sehr gute Untersuchungen von Anitua aus Spanien, worin er feststellt, daß ein Implantat „nach“ dem die Einheilphase abgeschlossen ist nur auf den oberen 5mm überhaupt eine Belastung bei Scherkräften erfährt; ergo die Länge (sofern min. 5mm) egal ist. Hierbei wäre lediglich zu diskutieren, inwieweit ein über die Jahre auftretender vertikaler Knochenverlust am Implantat zu berücksichtigen wäre! Vielleicht sollte man einen Sicherheitsabstand hinzurechnen… 😉
Was für kurze Implantate verwenden Sie bei sich? Setzen Sie kurze platformgeswitchte Implantate trotzdem subcrestal?Grüße aus dem Norden,
Marcus Parschau.
ohugoTeilnehmerWir haben vor über 12 Jahren begonnen, im Unterkiefer-Seitenzahnbereich kurze Implantate zu setzen: Es handelte sich dabei um Straumann Implatate der Länge 6mm, die eigentlich für kieferorthopädische Verankerungen konzipiert waren (sollten im Gaumendach platziert werden). In allen Fällen haben wir dabei verblockte Suprakonstruktionen eingeliedert. In unserer persönlichen Analyse schneiden auch über längere Beabachtungszeiträume die kurzen Implantate in keiner Betrachtung schlechter ab als ihre regulären und längeren Geschwister (bei insgesamt 155 Implantaten mit max 8.5mm Länge, haben wir 11 Verluste; mehr als die Hälfte der Implantate sind zwischen 5 und 13 Jahre in situ).
Aufgrund der vorliegenden Finite-Element-Analysen ist die Problematik der Belastung nach der Einheilung offensichtlich weniger hoch einzuschätzen. Ich sehe bei kurzen Implantaten eher eine größere Gefahr von Frühverlusten, da bei ungünstiger Implantatgeometrie Mikrobewegungen leichter die kritische Grenze überschreiten können, als bei langen Implantaten. Daher sehe ich insbesondere im weichen Knochen bei kurzen Implantaten eine Indikation von Schraubendesigns, die hohe Drehmomente und viel Primärstabilität aufbauen können (NobelActive, auch Kompressionsschrauben anderer Hersteller). Beim NobelActiv erziele ich regelmäßig Eindrehmomente von mehr als 50Ncm auch bei 8.5mm Implantaten, was eine gute Basis für die Einheilung darstellt.
Eine Betrachtung erscheint mir wichtig: Selbst wenn die Literatur ein einheitlich positives Bild der Erfolgsquoten von kurzen Implantaten liefert: Sie dürfen die Erfolgsquoten von kurzen Implantaten fairerweise nur mit den Erfolgsquoten von Implantaten nach vertikaler Kieferaugmentation im Unterkiefer und nach Sinusbodenaugmentation im Oberkiefer vergleichen. In der Tat setzt niemand kurze Implantate bei hervorragenden Knochensituation, sondern nur, wenn es gilt, eine komplizierte Augmentation mit der aus ihr resultierenden Risikoerhöhung zu vermeiden.Quelle:
Esposito M, Grusovin MG, Felice P, Karatzopoulos G, Worthington HV, Coulthard P.The efficacy of horizontal and vertical bone augmentation procedures for dental implants – a Cochrane systematic review. Eur J Oral Implantol. 2009 Autumn;2(3):167-84.Conclusion:
Short implants appear to be a better alternative to vertical bone grafting of resorbed mandibles. Complications, especially for vertical augmentation, are common.Viele Grüße
Oliver Hugo
parschauTeilnehmerDas freut mich zu hören, deckt es sich doch wie gesagt mit meinen Erfahrungen. 🙂 Ich gebe aber zu, daß mir anfangs nicht immer ganz wohl war… aber es war schlicht manchmal die einzige Möglichkeit. Der Umstand mit der geforderten guten bis sehr guten Primärstabilität ist sicherlich ganz ganz wichtig. Ich verwende hierfür die BoneTrust Plus Implantate mit 6,5 mm länge; gibt es allerdings erst ab 4,0mm Durchmesser. Bei noch dünneren hätte ich aber wahrscheinlich doch wieder etwas Angst! 😉 Die sind auf jeden Fall gerade bei der Primärstabilität, die auf jeden Fall ca. 50 N/cm erreichen sollte sehr hilfreich. @ohugo: wie lange lassen Sie im UK SZ Bereich dann einheilen? Genauso lange, wie bei „normal-langen“ Implantaten?
Grüße,
Marcus Parschau.
ohugoTeilnehmerWas die Knochenheilung anbelangt, so passiert nach ca. sechs bis acht Wochen schon nicht mehr viel. Warum sollte man also länger warten? Wir legen – sofern keine Augmentationen erforderlich waren – grundsätzlich nach 3 Monaten frei und formen eine Woche später ab. Diese beiden Termine werden übrigens bereits am Tage der Implantation fest augemacht.
Grüße
Oliver Hugo
ohugoTeilnehmerHallo Herr König,
Danke für Ihre interssanten Ausführungen. Bzgl. der Feldstudie mit alloplastischen Materialien in der Kieferhöhle eine Anmerkung: Wieviel Knochen brauchen wir eigentlich in der Kieferhöhle? Wenn wir uns mal ansehen, wie die Natur gesunde Molaren subantral verankert, dann sehen wir sehr oft nur eine dünne Knochenschicht um jede Molarenwurzel. offensichtlich sollte das Ziel unserer Bemühungen das Etablieren einer dünnen Knochenschicht um das Implantat herum sein. Dazu braucht es eigentlich nur einen Hohlraum um die Titanoberfläche herum, der lange genug offen gehalten wird, mithin würde das Einstellen eines Zeltpflocks zur dauerhaften Elevation des respiratorischen Epithrls ausreichen, um die Neubildung von Knochen sicherzustellen. Deshalb sind nach meiner Auffassung die alloplastischen Materialien eine gute Alternative bei subantralen Restknochenangeboten von mehr als ca. 4mm. Sie funktionieren aber nur selten, wenn nahezu kein Knochen mehr vorhanden ist. Hier braucht es autologen Knochen, allogenes Material oder wenigstens xenogenes Material mit autologen Anteilen.Grüße
Oliver Hugo
ohugoTeilnehmerZum Thema noch eine aktuelle Studie aus dem JOMI:
Urdaneta, R. A., Rodriguez, S., McNeil, D. C., Weed, M., and Chuang, S. K. 2010. The Effect of Increased Crown-to-Implant Ratio on Single-Tooth Locking-Taper Implants. Int J Oral Maxillofac Implants. 25, 4, 729-743.
Conclusion: Larger C/IR was associated with a significant increase in prosthetic complications but had no significant effect on crestal bone levels on single-tooth locking-taper implants. Int J Oral Maxillofac Implants 2010;25:729-743.
troedTeilnehmerEs gibt grundlegende biologische FAKTEN, die – wenn beherzigt – den Langzeiterfolg von Implantaten 6-8mm nicht schmälern.
Bereits vor 20 Jahren konnte Axel Kirsch sehr einfach berechnen, wie gross der Oberflächenunterschied der Verankerung von Implantaten verglichen mit natürlichen Zähnen ist, wobei das fehlende Parodontalligament das Risiko von Überlastungsresorptionen erhöht.
Wie bei allem in der Medizin muss die „safe zone“ der Belastung eingehalten werden. Ob dies über prothetische Gestaltung der Kronenkontaktpunkte, einer höheren Anzahl von Implantaten oder der Vermeidung von Seitschubkontakten erfolgt ist dem Knochen letztlich „egal“.
Kritisch zu betrachten sind „Presser“ und pflegeresistente Patienten. Ein kurzes parodontitisches Implantat kann oft nicht mehr gerettet werden, ein längeres (ab 10mm) vielleicht schon (sofern der Patient „rechtzeitig“ erscheint).
Bei Knirschen und Pressen sollte man den Kompromiss eingehen, nur sehr wenige und zarte Kontakte zuzulassen, die Kaufläche eher eben zu gestalten und Seitschubkontakte zu vermeiden („geschützte Occlusion“)
In Bezug auf BoneGrafting (Sinuslift, Kammverbreiterung etc.) muss ich dem Kollegen entschieden widersprechen, denn es hat mit der biologischen Realität rein gar nichts zu tun WELCHEN Platzhalter man in das Augmentationsgebiet einbringt (man bedenke die verschiedenen Augmentationstechniken bei denen GAR KEIN Transplantat eingesetzt wird !)
Die biologische Realität ist (und das ist bereits seit mehr 30 Jahren in der gesamten Medizin bekannt): intaktes Periost in Kombination mit einem stabilen Blutkoagel generiert Knochen und NICHTS anderes !
Bewegt man sich ein paar Meter von der Uni-Zahnklinik Wien weg Richtung Kieferchirurgie (Ewers) oder nach Graz (Lorenzoni) bzw. weltweit, WEISS man mittlerweile, dass tote autologe Knochentransplantate (sofern nicht GEFÄSSGESTIELT !, denn nur dann wird vitaler Knochen transplantiert) nicht besser sind als jedes beliebige synthetische BoneGraft.
Vielmehr wird international diskutiert ob die nur partielle Resorption von synthetischen Ersatzmaterialien nicht langfristig bessere Ergebnisse bringt, da eine Stützmatrik möglicherweise den physiologischen Knochenabbau verhindert oder verzögert. Aus diesem Grund wird allseits wieder HA dem b-TCP beigefügt um eben diesen Effekt zu erzielen.
Hier von „Junk“ zu reden löst ein massives Kopfschütteln von HNO-Ärzten, Orthopäden, Traumatologen usw. aus ob der Ignoranz in Bezug auf gesicherte physiologische Tatsachen, die in jenen Fächern zum grundlegenden Allgemeinwissen gehören.
Die Meinung der Uni Zahnklinik Wien ist somit widerlegt und obsolet und eben nur eine Meinung.
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AutorAntworten