Grundsätzlich ist zu sagen, Melanie, dass die Veränderungen, die Sie gegenüber Ihrer früheren Biss-Situation zu bemerken meinen, an der technischen Ausführung der Brücke liegen können, die Sie bekommen haben, und in diesem Falle auch grundsätzlich über eine andere Brücke zu lösen sein können und nicht zwangsläufig eine Implantation erfordern.
Gehen tut natürlich vieles.
Was auch mit Implantaten nicht zu ändern ist, ist die Tatsache, dass die Zähne, die für die Brücke überkront wurden, überkront bleiben werden, es sei denn, dass Sie sich noch drei Zähne ziehen lassen wollen, um sie dann durch Implantate zu ersetzten.
Auf der anderen Seite hören sich Ihre Ausführungen für den Fachmann nicht völlig schlüssig an. Die Position iner Brücke ist prinzipiell in einem sehr weiten Rahmen durch die Position der Pfeiler bestimmt, die Sie tragen. Natürlich ist es möglich, dass die einzelnen Kronen und Brückenglieder zu groß ausgeführt sind. Auch ist es möglich, dass sie zur Lippe hin zu wuchtig geraten sind, so dass Sie das Gefühl haben, „dass die Zähne zu weit vorne sind“. Die Lippen sind sehr sensibel und vergrößern stark, so dass ein kleiner Unterschied in der Dicke schnell als goßer Unterschied empfunden wird.
Was mich an Ihrer Beschreibung allerdings etwas irritiert, ist, dass ja der zur Lippe verschobene Schneidezahn entfernt wurde und es nur sehr schwer vorstellbar ist, dass die Brücke jetzt weiter in Richtung Lippe steht als vormals der vorgeschobene Schneidezahn.
Noch überraschender ist Ihre Schilderung, dass Sie die gesamte Brücke, also auch den inneren Teil, als „zu weit vorne“ schildern. Das ist aus dem Grunde nur schwer nachvollziehbar, weil die Brücke neben den Eckzähnen ja auch von dem verbliebenen mittleren Schneidezahn getragen wird, der ja seine Position nach dem Beschleifen verändert haben müßte, damit die Brücke insgesamt weiter in Richtung Lippe rücken kann, was aber zur Folge hätte, dass die Brücke gar nicht mehr hätte eingegliedert werden können, weil sich die Position der Pfeiler zwischen Abdrucknahme und Eingliederung verändert hätte.
Ich will in keinem Fall bestreiten, dass Sie das Gefühl, das Sie beschreiben, wirklich haben. Aus Erfahrung weiß ich jedoch, dass es Patienten gibt, die sich schneller an eine veränderte Bisssituation gewöhnen und andere, die sich schwerer damit tun. Oftmals haben Patienten auch die Erwartung durch solche Maßnahmen „endlich das perfekte Gebiss“ zu erlangen, ein Wunsch, der jedoch aufgrund der besonderen Umstände jedes Einzelfalles häufig gar nicht zu erfüllen ist. Die Enttäuschung darüber, nicht das Ergebnis erreicht zu haben, was man sich erträumt hat, hilft natürlich nicht gerade dabei, dass man sich an die neue Situation besonders schnell gewöhnt. Auf der anderen Seite sind 10 Monate eine lange Zeit.
Was Ihre Überlegungen betreffend einer Lösung durch Implantate betrifft, so ist grundsätzlich zu sagen, dass Implantate im Frontzahnbereich nicht eine Garantie für ästhetischen Gewinn sind. In der Regel werden ja Implantate als „ultima-ratio-Behandlung“, also als letzte Möglichkeit gesetzt, um festsitzenden Zahnersatz eingliedern zu können. Man läßt sich ja auch nicht ohne Notl ein neues Hüftgelenk einsetzen, solange man mit dem alten noch so einigermaßen und ohne gravierende Beschwerden laufen kann. Und wenn es darum geht, ob man jemanden den herausnehmbaren Zahnersatz erspart oder ihm eine wackelige Vollprothese durch eine komfortable, im eingegliederten Zustand sehr fest sitzende herausnehmbare Prothese ersetzt, spielen ästhetische Gesichtspunkte eine eher sekundäre Rolle.
Eine ästhetische Verbesserung, oder sogar ein ästhetisch optimales Ergebnis durch Implantationen im Frontzahnbereich zu erzielen, die das Ergebnis, das mit einer konventionellen Brücke, wie Sie sie jetzt tragen deutlich übertrifft, stellt in jedem Falle die hohe Schule der Implantologie und der anschließenden prothetischen Versorgung da, wie sie nur sehr wenige Zahnärzte weltweit beherrschen. Natürlich sieht man in Werbebroschüren und in Veröffentlichungen nur solche Photos mit ästhetisch nahezu perfekten Ergebnissen. Aber wer würde schon zu Werbezwecken freiwillig Photos mit seinen schlechteren Ergebnissen publizieren? Die ästhetische Realität implantatgetragenen Zahnersatztes sieht aber häufig sehr viel anders aus.
In diesem Sinne würde ich Ihnen empfehlen, sich diesmal sehr genau zu informieren bevor Sie noch weitreichendere Entscheidungen treffen als Sie sie schon mit einem in Ihren Augen unbefriedigenden Ergebnis getroffen haben.
Viel Glück und Grüße
Osswald