Hallo Herr Dr. Osswald,
danke einmal für die Antwort.
Ich habe Sie schon verstanden – es handelt um mein Fachgebiet (es gibt ja nicht bloß die Zahnmedizin :D)
Also die erste Sache mit der schlechten Diabetes-Einstellung, das wäre eine Störvariable, die ließe sich an sich recht leicht herausrechnen. Schleißig, wenn dies nicht gemacht wurde.
Das zweite, wenn ich Sie richtig verstanden habe, hieße, dass Diabetes auch bei guter Einstellung grundsätzlich eine nachteiligen Schleimhausbesiedelung fördert, die wiederum grundsätzlich Karies fördert – das wäre dann schon ein statistisch erhöhtes Kariesrisiko, da darf man nicht „Patientenrisiko“ und „Patientenverhalten“ durcheinanderbringen.
Es fragt sich jetzt natürlich, ob das irgendjemand gescheit gewichtet und besagte schlechte Einstellung herauskalkuliert hat.
Unabhängig davon besteht die Frage, ob bei optimaler Pflege das Kariesrisiko genauso gut minimiert werden kann wie für den Nichtdiabetiker – solche Zusammenhänge müssen nicht linear sein, es kann eine Gleichschaltung bei guter Vorsorge aber ebensogut kann ein unüberwindbarer „Kariessockel“ für Diabetiker herauskommen.
Was mich an der Sache jetzt irrsinnig verwundert und was ich wirklich wissen möchte: der gut eingestellte Diabetiker lebt praktisch zucker- und kohlehydratfrei. Der müsste völlig kariesfrei sein – ab Diät, versteht sich.
Da hat es was, weil wir wissen, dass der Diabetiker es nicht lange machen wird, wenn er sich nicht streng an die Diät hält. Also müsste die größere Zahl an Diabetikern, die sich diätisch schon einigermaßen „hält“, sich statistisch deutlicher niederschlagen.
Das zucker- und kohlehydratarme Essen müsste sich kariesmäßig also sehr stark für den Diabetiker auswirken, der praktisch so leben muss, wie ein Eskimo, der ebenfalls angeblich ernährungsbedingt überhaupt kein Risiko hat.
Da gibt es nur folgende Möglichkeiten.
Entweder die Statistik wurde mehr oder weniger erfunden, vielleicht aus falsch verstandener präventivmedizinischer Absicht bzw. ist sie furchtbar schleißig, womöglich hat man unentdeckte und behandelte Diabetes in einen Topf geworfen oder ähnliches. Dann besteht praktisch kein erhöhtes Kariesrisiko für den Diabetiker mehr, weil wenn er sich nicht hielte, würde er den Verfall seiner Zähne nicht lange genug überleben, um sich in großer Zahl in der Statistik niederzuschlagen.
Wenn die Statistik aber stimmt, und es gibt tatsächlich ein erhöhtes Kariesrisiko selbst bei guter Einstellung und statistisch durchschnittlicher Hygiene, dann fällt das gesamte zahnmedizinische Theoriengebäude über den Haufen.
Viele Grüße, Martin Hummelbrunner