Sommersymposium des MVZI: Eindrucksvolles Rundumprogramm zur modernen Implantologie
Eine derartige Vielfalt an Information, Austausch und fachlichem Upgrade bei einer vergleichsweise kurzen Zweitagesveranstaltung in einem einzigen Hörsaal ist fast nicht zu überbieten. Den Teilnehmern in Erinnerung bleiben wird nicht zuletzt die musikalische Eröffnung: Paul Even Bäcker (Leipzig), 10- jähriger Schüler der Musikschule „Johann Sebastian Bach“, berührte mit instrumentalen und gesanglichen Soli.
Von Chirurgie über Design und Rechtsaspekte bis zur GOZ
Die Symposiumsteilnehmer erhielten kompakt Tipps und Tricks plus wissenschaftliche Positionierung zu weitgehend allen wesentlichen Stichworten in der implantologischen Praxis und wurden eindrucksvoll zu kritischen Nachdenken rund um medizinische und technische Vorgehensweisen aufgefordert. Tagungspräsidentin PD Dr. Ingrid Peroz (Charité/Berlin) charakterisierte die Implantologie als wertvollen Bestandteil zahnärztlicher Therapiestrategien – wies aber auch darauf hin, dass es sich um ein Vorgehen mit hoher Therapiesensibilität handele. Dabei spielt die Biologie eine offenkundig wachsende Rolle – nicht zuletzt hinsichtlich der Vergrößerung des Wissens über die Periimplantitis. Sie besser zu verstehen erweitert das Spektrum der Praxis, derartige Entzündungen zu vermeiden bzw. erfolgreich zu behandeln. Prof. Dr. med. Dr. h.c. Peter Gängler (Witten) legte dazu mit einem eindrucksvollen Vortrag über die Pathomechanismen im oralen System die Grundlage – machte aber auch deutlich, dass noch längst nicht alle Antworten gefunden sind und sich hier ein wichtiges Aufgabengebiet für die zahnmedizinische Wissenschaft stellt.
Entsprechenden Raum nahm der Bereich Parodontitis unter den Vorträgen ein, mit Blick auf die demografische Entwicklung und Prävalenz parodontaler Erkrankungen in der älter werdenden Bevölkerung eine Thematik, die tatsächlich dringlich in den Fokus der Implantologie gehört. Dem MVZI-Vorsitzenden Dr. Thomas Barth (Leipzig) ist es gelungen, mit dem Symposium dazu eine wichtige aktuelle Standortbeschreibung zu vermitteln. Ohnehin lag der Fokus der Vorträge weniger auf den Möglichkeiten technischer Verfahren denn auf den Chancen solcher Verfahren mit Blick auf die vielfältig unterschiedlichen Voraussetzungen der Patienten. Dies ließ eindringlich deutlich werden, dass „Schema-F“-Vorgehen lediglich als Empfehlung sinnvoll ist, der behandelnde Zahnarzt in jedem Einzelfall aber die Behandlung auf den individuellen Patienten abstimmen muss. Ein prägnantes Beispiel dafür lieferte beispielsweise der Vortrag von Prof. Dr. Reiner Biffar (Greifswald), der über strategische Pfeilervermehrung mittels Implantaten im reduzierten Lückengebiss referierte und dabei ein Konzept vorstellte, das ohne Maximalaufwand unter Berücksichtigung der regionalen, individuellen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des Patienten wertvolle Dienste leiste. Auch PD Dr. Dr. Michael Stiller (Berlin) verwies mit spannenden Beispielen auf vielfältige Zusammenhänge, die den Behandlungserfolg in der Implantologie mitbestimmen: Er nannte hier beispielsweise die Faktoren Alter, Geschlecht, Rauchgewohnheiten, Ernährung und Übergewicht. Im Einzelfall könnten solche Aspekte Auslöser problembehafteter klinischer Verläufe sein. Dass dabei auch die dentale Situation des Patienten beachtet werden muss, machte PD Dr. Peroz in ihrem Vortrag deutlich: Ein implantologischer Behandlungserfolg bedinge, dass die geplanten Implantate in ein schlüssiges Okklusionskonzept eingebunden würden. Implantate leisteten bei Stützzonenverlust auch bei korrespondierenden CMD-Beschwerden wertvolle Dienste, vor falschen Hoffnungen aber warnte sie: „Bruxismus ist durch Implantate nicht heilbar!“
In vielen weiteren Vorträgen wurden Themen wie Augmentation, Implantatdesign, kieferorthopädische Assistenz-Verfahren, Knochenresorption, 3D-Diagnostik und Probleme bei Keramik-Versorgungen vorgestellt – ergänzt um einen wichtigen Beitrag aus einer Überweiserpraxis (Dr. Dr. Martin Keweloh, Mutlangen) zu den sorgfältig erhobenen und dokumentierten Informationen, die der operierende Zahnarzt von den überweisenden Praxen zwingend benötige. Den praxisrelevanten Abschluss bildeten Rechts- und Abrechnungsfragen.
Ein spannendes Abbild der Vielfalt der verschiedenen Vorgehensweisen lieferte die von Fakten und Emotionen begleitete Vorstellung dreier Fall-Lösungen, die zur Diskussion gestellt wurden. Hochschulvertreter aus Chirurgie, Prothetik und Kieferorthopädie sowie Zahnärzte aus der Praxis verglichen ihre eigenen Therapieprinzipien mit denen der Kollegen aus anderen Bereichen und Praxen und führten eine ebenso lebendige wie spannende kontroverse Debatte. Insgesamt wurde deutlich: Sogenannte Paradigmen gehören immer wieder auf den Prüfstand – wie Professor Gängler das Ergebnis der zweitätigen Veranstaltung zusammenfasste. Die von der youvivo GmbH reibungslos organisierte Veranstaltung bot, wie es Dr. Barth abschließend zusammenfasste, neben der Vielzahl an fachlichen und praktischen Informationen auch ein ausführlich genutztes Forum für den zwanglosen kollegialen Austausch. Es wird nicht leicht werden, das wurde aus den Meinungen der Teilnehmer deutlich, das Programm des diesjährigen Sommersymposiums für die Gestaltung des Jubiläumskongresses „20 Jahre MVZI“ am 20. – 22. Juni 2013 in Leipzig noch zu überbieten.