Sofortversorgung zurück in die fachliche Diskussion

Wenn der anhaltende Schlussapplaus allerdings als Wegmarke gewertet werden kann, ist der von Prof. Dr. Wolfgang Freesmeyer, stellvertretender BBI-Vorsitzender, eingeladene „Unbekannte“, Prof. Rudolf Fürhauser/Wien, als erstklassiger Referent begeistert angekommen. „Der beste Vortrag seit langem überhaupt“ – das einheilige Kompliment der Teilnehmer beim anschließenden Get-Together hatte sicher viele Gründe, wobei die leicht wienerisch-charmante Tonart des Referenten sicher noch ein Tüpfelchen auf das i gesetzt hat. Ganz unbekannt ist der Name in der DGI allerdings nicht – unter anderem leitet Prof. Fürhauser den Baustein „Sinuslift“ beim DGI-Masterstudiengang Orale Implantologie.

„Zugegeben, wir sind manchmal etwas exotisch…“

Mit deutlicher Positionierung – gelegentlich auch gegen den Strich der aktuellen Diskussionen in der Implantologie – sprach Prof. Fürhauser in seinem Beitrag unter dem Titel „Implantologische Sofortversorgung aus prothetischer Sicht“ mit Schwerpunkt auf standardisiertes Vorgehen offenbar vielen Teilnehmern aus der Seele. „Ist man vom Thema Sofortversorgung nicht eigentlich schon wieder weg?“, fragte er Richtung Auditorium – um nach einer Serie eindrucksvoller Beispiele sofortversorgter Lösungen dagegenzuhalten: „Da fragt man sich doch, warum das Thema auf der fachlichen Ebene nicht mehr wirklich diskutiert wird!“ Es sei doch klar, dass die Praxis hier Informationen suche – das Verfahren bringe, wo es möglich sei, viele Vorteile und sei auch den Patienten sympathisch. Der spontane Beifall des Auditoriums unterstützte dies. Für die Kollegen, die dem Vorgehen bisher zurückhaltend gegenüberstanden, empfahl er: „Der obere Vierer ist der ideale Zahn zum Ausprobieren der Sofortversorgung.“ Dabei baute er gleich ein zweites Dogma ab, die herausragende Rolle des Biotyps: „Zugegeben, wir sind in Manchem etwas exotisch. Der Biotyp hat für uns keine Bedeutung. Wir haben unsere Vorgehensweise und sehen die Notwendigkeit für eine Verdickung des Gewebes jedenfalls nicht standardisiert.“ Wichtig sei die richtige Implantatposition, die keineswegs immer identisch sei mit der ehemaligen Zahnposition, und das Vorhandensein einer ausreichend starken bukkalen Lamelle. Prof. Fürhausers Haltung zu 3D: „Navigation heißt doch zu wissen, wo ich bin, nicht, wo ich hin will.“ Ein 3D-Bild sage viel über die Biologie, nichts dagegen über den Patienten aus. Zum Planen brauche man „einen Fotostatus und ein Ausgangsmodell – das ist bei uns heilig!“ Wenn Kieferorthopäden in der Lage seien, einen „Patienten standardisiert zu fotografieren und vorzugehen, dann müssen wir das auch schaffen.“ Hinsichtlich der Prothetik bevorzuge er Teleskopversorgungen, obwohl „die Ästhetik bei Teleskopen immer ein bisschen zweifelhaft ist und mit der Abnehmbarkeit nicht jeder Patient gut zurechtkommt.“ Patienten würden am liebsten aussehen wollen wie vorher, um ihre Individualität zu erhalten – er stimme seine Planung daher entsprechend ab: „Will der Patient seine eigenen Zähne wieder, gefällt er sich also, wie er war, und wenn er dann auch mir gefällt, also alles funktional ist, dann können wir den Patienten kopieren – und diese Kopie dann standardisiert umsetzen.“ Aufgabe und Herausforderung der modernen Zahnmedizin sei es eben nicht, Neues zu schaffen, sondern bei allen Maßnahmen die Persönlichkeit des Patienten zu bewahren.

Letzte Aktualisierung am Montag, 01. Februar 2010