Rechtsgutachten zur Dienstleistungsfreiheit vorgestellt

Berlin – Auch Ärzte und Zahnärzte genießen für die grenzüberschreitende
Ausübung der Heilkunde Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 ff des
EG-Vertrages. Insofern ist die Herausnahme von
Gesundheitsdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der "Richtlinie
über Dienstleistungen im Binnenmarkt" – zumindest juristisch – schwer
nachvollziehbar. Diese Auffassung vertritt der ehem. Generalanwalt am
Europäischen Gerichtshof, Rechtsanwalt Prof. Dr. h. c. Siegbert Alber
in einem Gutachten zur Geltung der Dienstleistungsfreiheit im
Gesundheitsbereich, das er auf Einladung des Europaabgeordneten Dr.
Andreas Schwab (EVP) heute in Brüssel vorstellte. Alber weist darauf
hin, dass der Gerichtshof aktuell in der Rechtssache C-372/04 zum
wiederholten Male bekräftigt, dass "entgeltliche medizinische
Leistungen in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über den Freien
Dienstleistungsverkehr" fallen, "ohne dass danach zu unterscheiden
wäre, ob die Versorgung in einem Krankenhaus oder außerhalb eines
solchen erbracht wird" (Rd.Ziff. 86). Auch Zahlungen der Krankenkassen,
selbst wenn sie pauschal erfolgen, stellen durchaus eine
wirtschaftliche Gegenleistung dar, so der Europäische Gerichtshof.
Nachdem das EP im Rahmen der 1. Lesung der Dienstleistungsrichtlinie
beschlossen hat, die Gesundheitsdienstleistungen aus dem
Anwendungsbereich dieser Rahmenrichtlinie herauszunehmen, geht es nach
Einschätzung der Bundeszahnärztekammer nun darum, die geplanten
Maßnahmen der Kommission zu den Gesundheitsdienstleistungen positiv zu
beeinflussen. Gerade der Gesundheitsmarkt sei einer der wichtigsten
europäischen Wachstumsmärkte und bedürfe dringend weniger Regulierung.
Nur so könnten vorhandene Arbeitsplätze gesichert und neue
Arbeitsplätze geschaffen werden. Wer – wie die Deutsche Bundesregierung
– mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem und eine Mobilität der Patienten
wolle, dürfe die europäischen Grundfreiheiten aus Sorge um den
Fortbestand der Gesetzlichen Krankenkassen als öffentlich-rechtliche
Körperschaften nicht ausklammern. Im Rahmen einer eigenständigen
Richtlinie über Gesundheitsdienstleistungen, müsse das Europäische
Vertragsrecht strikte Anwendung finden.
Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit dürfe es, so der
EU-Abgeordnete Schwab gegenüber der Bayerischen Landeszahnärztekammer,
weder aus Sicht der Gesundheitsberufe noch aus Sicht der Patienten
geben. "Dies wäre ein Rückschritt, der mit dem europäischen
Primärrecht, einen wirklich "freien" Dienstleistungsverkehr in der
Union zu schaffen, nicht vereinbar ist."

Pressekontakt: Mary van Driel, Tel.: 0032 / 2 / 7328415 ; info@bzak.be

Letzte Aktualisierung am Montag, 29. November 1999