Protrusionsschiene & Schnarchschienen – wirksame Waffe gegen Schnarchen

Obstruktive Schlafatemstörungen bei Kindern sind gesondert zu behandeln. Es gelten spezielle Diagnosekriterien und Therapieansätze. Liegen polygraphisch nachgewiesene Schlafatemstörungen bei Kindern zusammen mit kranio-fazialen Anomalien vor, können kieferorthopädische Maßnahmen angezeigt sein. Das kieferorthopädische Behandlungskonzept ist in der Abfolge der Grundkrankheit anzupassen.

Die vorliegenden beiden Übersichtsarbeiten fassen den gegenwärtigen wissenschaftlichen Stand dieser Therapieform bezüglich der Effektivität, der Patientenmitarbeit und der dentalen Nebenwirkungen zusammen.

Einführung

In der Internationalen Klassifikation von Schlafstörungen (ICSD-2) der American Academy of Sleep Medicine (AASM) werden für den Kieferorthopäden drei relevante Schlafstörungen aufgelistet. Diese sind das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (II) bei a) Erwachsenen und bei b) Kindern und schlafbezogene Bewegungsstörungen (VI). Zum letzteren wird der Schlaf-Bruxismus gezählt. Unterkieferprotrusionsschienen haben sich bei umschriebener Indikation als eine mögliche Behandlungsmethode des obstruktiven Schlafapnoesyndroms (OSAS) etabliert. Im Wesentlichen verhindert eine Vorverlagerung des Unterkiefers im Schlaf ein Zusammenfallen der Atemwege in den unterschiedlichen Schlafphasen, indem der Pharynx aufgespannt und so der Atemwegswiderstand reduziert wird. Es treten weniger Turbulenzen bei der Inspiration auf, was die Schnarchhäufigkeit und die Schnarchfrequenz reduziert; gleichzeitig werden die Atemwegsobstruktionen beseitigt.

Verschiedene Metaanalysen, als höchste Form der Evidenz, bestätigen die Effektivität bei der nächtlichen Anwendung einer Protrusionsschiene bei leichtem bis mittelgradigen OSAS (1, 2). Ob für die Anwendung der Schienen ebenfalls bei einer schwerer OSAS eine Indikation besteht, ist derzeit wissenschaftlich umstritten (3, 4). Die angewandten Schienen haben sich historisch aus funktionskieferorthopädischen Apparaturen abgeleitet. Mangelnde Zuverlässigkeit, geringere Effektivität, häufige Nebenwirkungen und ein reduzierter Komfort der kieferorthopädischen Apparaturen haben zu einer Weiterentwicklung der Apparaturen bezüglich der Konstruktion und der verwendeten Materialien geführt. Mittlerweile lassen sich „Schnarchschienen" als eine eigenständige Gerätegruppe zusammenfassen, die spezifische konstruktive und materialtechnische Ansprüche erfüllen. Die Schienen verlagern den Unterkiefer nach anterior und sperren den Biss; Um den Unterkiefervorschub im Schlaf dauerhaft zu gewährleisten, sind die Schienen an den Zahnbögen retentiv stabilisiert. Vor der Anpassung einer Schiene sind verschiedene zahnmedizinische Anforderungen am Patienten fachgerecht abzuklären, damit eine effektive und dauerhafte Anwendung der Schienen gewährleistet werden kann. Die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) hat sich dem Thema aktuell angenommen und für die konkrete Indikationsstellung der Schienen Empfehlungen veröffentlicht (5). Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die Erkrankung und die verschiedenen Therapieformen des OSAS. Insbesondere wird auf die Möglichkeit der Behandlung mit Protrusionsschienen eingegangen.

Historischer Abriss
Die Fortschritte sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie schlafbezogener Atemstörungen (SBAS) in den letzten 40 Jahren waren gewaltig. 1965 wurde zum ersten Mal die Trachotomie als eine kausale Behandlung bei dem Vorliegen eines schweren OSAS beschrieben, in den 80er-Jahren führte Sullivan die CPAP-Behandlung („continuous positve airway pressure") als ein nicht-invasives Therapieverfahren ein. Bei dieser Therapie wird der Pharynx mittels einer Luftdrucksäule, die über eine Gesichtsmaske über die Nase appliziert wird, stabilisiert und so vor dem wiederholenden Kollabieren im Schlaf bewahrt. Waren diese Geräte früher relativ laut, kompakt und die Masken häufig unbequem, wurden die CPAP-Geräte seit der Erfindung technisch enorm weiterentwickelt, dies betrifft gleichfalls die Maskentechnik. Für die meisten Patienten ist die Anwendung bequem, effektiv und komfortabel. Mittlerweile werden soviele verschiedene Masken angeboten, dass für die meisten Patienten eine optimal passende Maske ausgewählt werden kann. Die CPAP-Anwendung stellt derzeit die Therapie der Wahl zur Behandlung des mittelschweren bis schweren OSAS dar. Die Zeit, die der Patienten CPAP verwendet wird im CPAP-Apparatur registriert. Leider ist die Complaince einer CPAP-Anwendung stark reduziert und zahlreiche Patienten wünschen sich eine alternative Behandlungsmethode (6).

Fast parallel zur CPAP Entwicklung wurde von Frau Cartwright ein intraoral angepasster Zungenretainer vorgestellt. Dieser verlagerte die Zunge im Schlaf nach anterior und öffnete den pharyngealen Luftraum. Die Zunge wird über einen Vakuumbalg in der Nacht anterior gehalten. Ein Jahr später untersuchte Meyer-Ewert die Wirkung einer Unterkieferprotrusionsschiene zur Behandlung des OSAS. Hierbei handelte es sich lediglich um einen Monoblock, der sog. Esmarch-Orthese, aus Methymethacrylat ohne jegliche dentale Retention. Meyer-Ewert konnte zeigen, dass Patienten mit OSAS durch eine Unterkiefervorverlagerung eine subjektiv und klinisch objektivierbare Verbesserung der Gesamtsituation erfahren (7). Er griff mit dieser Schiene die angewandte Praxis auf, über eine Manipulation am Kiefer dem Schnarchen beizukommen (8).

Die Unterkieferprotrusionsschienen wurden seitdem vielfältig modifiziert. Waren es früher Monoblockapparaturen aus hartem Kunststoff oder modifizierte funktionskieferorthopädische Apparaturen, wie modifizierte Aktivatoren, Bionatoren oder Fränkel-Apparaturen, bestehen moderne Protrusionsschienen aus zwei Schienen, die jeweils den gesamten Zahnbogen umfassen und mit einer Protrusionsvorrichtung den notwenigen Unterkiefervorschub gewährleisten. Die Schienen sind aus dauerstabilen hart-weichen Verbundmaterialien gefertigt. Neue Informationen zur Adjustierung der Schienen, den dentalen Nebenwirkungen, der Therapiecompliance und der Wirksamkeit der zahnärztlichen Hilfsmittel bezüglich respiratorischer und kardiovaskulärer Leitparameter wurden erhoben. Neben den nicht-invasiven Therapieformen haben sich invasive Verfahren etabliert, die von Seiten der HNO-Ärzte (9) und der Kieferchirurgie (10) durchgeführt werden. Für die einzelnen Therapieverfahren wurden die Indikationen präzisiert, diese orientieren sich nach dem Schweregrad der Erkrankung, der Begleiterkrankungen, dem Leidensdruck, den anatomischen Gegebenheiten und verschiedenen individuellen Parameter, die von den einzelnen operativen Therapieformen spezifisch gefordert werden. Die operativen Verfahren betreffen Eingriffe an der Nase, der Gaumenmandeln, der Adenoide, des weichen Gaumens, der Zunge und des Hypopharynx.

Schlafbezogene Atemregulationsstörungen
Das primäre Schnarchen stellt für den Patienten selbst keine Gesundheitsgefährdung dar. Das OSAS gilt als Gesundheitsrisiko und ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko, einer erhöhten Unfallrate, einer reduzierten Lebensqualität und bei schwerer Ausprägung mit einer höheren Letalität assoziiert.

Charakteristisch für die OSAS sind rezidivierende komplette (Apnoen) und inkomplette (Hypopnoen) Obstruktionen der oberen (extrathorakalen) Atemwege im Schlaf. Eine Apnoe/Hypopnoe dauert mindestens 10 Sekunden, kann aber auch länger als eine Minute betragen. Repetitive Apnoe- bzw Hypopnoephasen führen zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut; beendet werden diese jeweils durch eine kurze Weckreaktion (Arousal). Wiederholende Weckreaktionen fragmentieren das physiologische Schlafprofil.

Leitsymptome des Erwachsenen sind Schnarchen, beobachtete oder berichtete Atemaussetzer und eine exzessive Tagesschläfrigkeit, mit eingeschränkter Lebensqualität unabhängig von der Schlafdauer. Eine Symptomsteigerung nach einer Gewichtszunahme und nach Alkoholgenuss wird klinisch beschrieben. Das OSAS zeigt sowohl in der Nacht als auch am Tage proatherogene Effekte auf die Blutgefäße mit einer starken Assoziation zu kardiovaskulären Erkrankungen, wie eine systemische arterielle Hypertonie. Koronare Herzerkrankungen, Apoplex, pulmonale Hypertonie, Herzrhythmusstörungen und metabolische Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) werden im Zusammenhang mit der Erkrankung beschrieben.

Das OSAS tritt in allen Altersgruppen bevorzugt jedoch im mittleren und höheren Lebensalter auf. Während die Prävalenz des primären Schnarchens bei ca. 20 % liegt, wird für das OSAS eine Prävalenz von 4% bei Männern und von 2% bei Frauen in der Altersgruppe der 30 – 60-Jährigen im den westlichen Kulturkreis geschätzt (11).

Pathophysiologisch ist die Einengung der extrathorakalen Atemwege im Schlaf multifaktoriell. So sind die extrathorakalen Atemwege bei Patienten mit OSAS neben entsprechenden kraniofazialen Anomalien häufig auf der Ebene des weichen Gaumens, der Zunge und der lateralen Pharynxwände durch Weichgewebe eingeengt. Im Schlaf führt die physiologische Erschlaffung der dilatatorisch wirkenden Pharynxmuskel zusätzlich zu einer weiteren Lumeneinengung des Pharynx und zu einem nachfolgenden Kollaps der Atemwege. Führt die Lumenverengung lediglich zu Schnarchen mit einer Erhöhung der Atemarbeit, ohne das Vollbild eines OSAS, jedoch mit einer Fragmentierung der Schlafstruktur durch vermehrte Arousals und exzessiver Tagesschläfrigkeit, wird dieses als Upper Airway Resistence Syndrom bezeichnet, welches als eine Form des OSAS zu geordnet ist.

Aus der Pathophysiologie lassen sich Risikofaktoren für das Auftreten einer OSAS zusammenstellen: Dieses ist das männliche Geschlecht, ein fortgeschrittenes Alter, Übergewicht und der Konsum von Alkohol. Nach der Menopause ist die Prävalenz der Erkrankung bei Frauen gleich hoch wie bei Männern. Weibliche Hormone wirken direkt auf den Pharynx stabilisierend und protektiv gegen das OSAS.

Anatomisch sind der Pharynx und die Zungenmuskulatur über den Bandapparat und der Muskulatur mit dem Hyoid und dem Unterkiefer verbunden. Ziel der Unterkieferprotrusion ist die Erweiterung und die Stabilisierung des pharyngealen Lumens. Ein im Schlaf eingeengtes Lumen der extrathorakalen Luftwege führt zu einer Erhöhung des lamillären Luftstromes und zu Turbulenzen. Es resultiert eine Erhöhung der pharyngealen Kollapsneigung im Sinne des Bernoulli-Effekts. Abgeleitet vom Hagen-Poiseuille-Gesetz, welches den Widerstand einer Flüssigkeit in einem Rohr in einer Gleichung beschreibt, führen Veränderungen des Radius in einem Rohr zu beträchtlichen Veränderungen des Strömungswiderstandes. Der Radius ist umgekehrt proportional zur vierten Potenz in Beziehung zum Atemwegswiderstand, d.h. kleine dimensionale Veränderungen des Radius können dramatische Veränderungen im Atemwegswiderstand hervorrufen.

Die Anwendung von Protrusionsschienen ist Bestandteil des Therapiespektrums des OSAS: Hierzu zählen Verhaltensmaßnahmen, wie eine Gewichtsreduktion, Vermeiden von Alkohol, Schlaflagetraining, verschiedenste operative Verfahren und die CPAP-Behandlung. Die Behandlungskaskade von erwachsenen Patienten mit OSAS hat kürzlich durch vergleichende klinische Studien eine Neubewertung durch verschiedene medizinische Gesellschaften erfahren (1, 3). Unterkiefer-protrusionsschienen werden bei primärem Schnarchen, bei leichten Formen des OSAS mit klinischer Symptomatik und bei Therapieversagern mit dem Standard der CPAP-Anwendung empfohlen. Eine schlafmedizinische Diagnose- und Indikationsstellung für die Behandlung, sowie eine polygraphische Überwachung der Wirkung der Schienen durch einen auf dem Gebiet der Schlafmedizin fortgebildeten Mediziner, ist angezeigt.

Schienensysteme
Wurden in der Vergangenheit häufig Monoblockapparaturen wie modifizierte Aktivatoren, Bionatoren und Positioner angewandt, haben sich derzeit Zweischienensysteme durchgesetzt. Hierbei handelt es sich um jeweils eine den gesamten Zahnbogen umfassende Schiene im Ober- und Unterkiefer und ein Protrusionsmechanismus, welches die Unterkiefervorverlagerung im Schlaf garantiert.

Um den Unterkiefervorschub in der Nacht zu gewährleisten, muss eine maximale Verankerung der Schienen an den Zähnen gewährleistet sein. Die Schienen sollen die durch den Unterkiefervorschub hervorgerufenen reziproken Kräfte auf den gesamten Zahnbogen verteilen und ableiten. Je nach Protrusionsmechanismus wird dieser anterior, lateral, oral und interokklusal angebracht.

Für Schienen mit anderen Wirkungsansätzen, wie z.B. Zungenretainer, Gaumenplatten oder auch Schlucktrainingsgeräte liegen gegenwärtig in der Literatur lediglich Fallberichte vor, so dass eine wissenschaftliche Bewertung schwierig ist. Andere Schienen haben sich in klinischen Studien nicht bewährt (12).

Für die Effektivität und den Tragekomfort der Schienen ist die Einstellbarkeit der Unterkieferposition bei einer gleichzeitigen limitierten Bewegungsfreiheit von Bedeutung. Bei der individuell einzustellenden Protrusion ist der für die Effektivität notwendige Vorschub den dadurch zu erwartenden dentalen Nebenwirkungen entgegenzustellen. Die unterschiedlichen Schienenkonstruktionen erlauben eine Adjustierung der Unterkieferposition von 3 bis ca. 20 mm. Ist die Adjustierung der Unterkieferposition über den Mechanismus limitiert, ist die Protrusionsschiene entsprechend eines am Patienten angefertigten Konstruktionsbisses anzufertigen.

Eine trotz eingesetzter Schiene umschriebene Bewegungsfreiheit des Unterkiefers berücksichtigt die im Schlaf bei zahlreichen Patienten vorkommenden Unterkieferbewegungen, wie z.B. atemsynchrone Öffnungs- und Schließ-bewegungen oder Parasomnien (Knirschen und Pressen). Bei Schienen aus hartem Material, die zusätzlich über Retentionsklammern an den Zähnen fixiert werden und den Unterkiefer in einer starren Position im Schlaf halten, wie z. B. der Georg-Aktivator oder die modifizierte Esmarch-Orthese, sind vermehrt Nebenwirkungen am Kiefergelenk und Muskelschmerzen beschrieben worden (13). Mit denen im Raum dreidimensional beweglichen Zweischienensystemen werden wesentlich weniger Kiefergelenkssymptomatiken beklagt (14, 15).

Therapiebewertung
Die Wertigkeit einer regelmäßigen Anwendung einer Protrusionsschiene bei leichtem bis mittelgradigem OSAS wurde in zahlreichen vergleichenden Studien und Metaanalysen bestätigt (1, 3, 16, 17). Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer OSAS ist das CPAP-Verfahren im direkten Vergleich deutlich effektiver als die Schienentherapie (18-20). Die respiratorischen Parameter werden mit den Schienen signifikant verbessert und die Schläfrigkeit der Patienten wird reduziert. Das klinische Ziel ist es den Apnoe/Hypopnoe Index mit der Behandlung auf einem Wert unter 5/h bzw. bei einigen Patienten unter 10/h einzustellen.

Zusätzlich wurde in einer klinischen Studie gezeigt, dass bei einer kontinuierlichen Anwendung einer Protrusionsschiene sowohl der diastolische als auch der systolische Blutdruck im Tagesprofil klinisch relevant signifikant gesenkt wird (21). Das Schnarchgeräusch wird in der Frequenz und der Lautstärke mit einem Unterkiefervorschub reduziert (22). Eine vollständige Beseitigung des Schnarchgeräusches kann mit einer Unterkiefervorverlagerung nicht in allen Fällen erreicht werden, insbesondere bei einer Lageabhängigkeit des Schnarchgeräusches und bei anatomischen Auffälligkeiten im Bereich der nasalen Atemwege, wie einer Nasenseptumdeviation, vergrößerten Choanen und der strukturellen Veränderung der pharyngealen Schleimhäute. Vom Patienten wird das Tragen der Schienen zu Beginn subjektiv positiv beurteilt. Dieses wurde mit unterschiedlichen Fragebögen eruiert (23).

Für eine erfolgreiche Therapie sind die Schienen strikt nach der oben beschriebenen Indikation einzusetzen, bei Patienten außerhalb der festgelegten Indikationskriterien, wie bei schwerer OSAS, sowohl zentralen als auch obstruktiven Ereignissen oder REM-Schlaf assoziierte OSAS, ist der therapeutische Effekt nicht im Voraus abzuschätzen (15). In diesen Fällen ist eine polygraphische, idealerweise eine polysomnographische Kontrolle des Effektes angezeigt. Werden Protrusionsschienen beim UARS angewandt, ist zuvor das Ausmaß der Tagesschläfrigkeit abzuklären und der therapeutische Effekt ist engmaschig zu kontrollieren (24). Obwohl zur Behandlung des UARS Protrusionsschienen empfohlen werden (3), sind klinische Daten zur Therapieeffektivität dieser spezifischen Diagnose derzeit nicht vorhanden.

Da es sich um eine mechanische Behandlung mit einem Hilfsmittel handelt, sind Protrusionsschienen im Schlaf dauerhaft anzuwenden. Bei konstantem Köpergewicht und unverändertem Zahnstatus des Patienten bleibt der initial erreichte respiratorische Effekt auch in einer Langzeitbewertung über 5 Jahre bestehen (25). Der Effekt, bezogen auf die subjektiven Parameter Schnarchen und Tagesschläfrigkeit, ist in einer Langzeitbewertung eher rückläufig. Bei einer Langzeitanwendung der Schiene ist die exakte Passung der Schiene bezüglich der Retention und des Vorschubes regelmäßig zu überprüfen (26). Bei Retentionsverlust ist die Schiene neu anzupassen bzw. zu erneuern.

Zuverlässige diagnostische Methoden zur vorherigen Bestimmung der Effektivität einer Protrusionsschiene existieren derzeit nicht. Insbesondere die Fernröntgenseitenanalyse des Gesichtsschädels liefert weder diagnostische noch prognostische Informationen zur Anwendung der Schienen beim OSAS (27-29). Dem Wunsch der Patienten nach einer einfach einzusetzenden, preiswerten Schiene zur vorherigen Austestung folgend, wurden sogenannte halbkonfektionierte „boil and bite" Geräte auf den Markt gebracht. Diese Schienen reduzieren das Schnarchgeräusch häufig, die respiratorischen Parameter werden jedoch weniger zuverlässig reduziert. Für einen dauerhaften Einsatz sind „boil and bite" Schienen nicht geeignet. Es ist wissenschaftlich umstritten, ob die verwendeten Geräte die medizinischen Ansprüche, die an eine Testschiene gestellt werden, erfüllen (30-32). Nachteilig ist neben der häufig nicht exakten Passung eine mangelnde, dauerhafte Retention der Schienen an den Zähnen, dadurch ist der Unterkiefervorschub im Schlaf nicht dauerhaft gewährleistet.

Dentale Voraussetzungen und Nebenwirkungen
Protrusionsschienen sind rein dental abgestützt. Die Verankerung an den Zähnen erfolgt in der Regel über Klammern oder über elastische Kunststoffschienen. Häufig werden als Basis Kunststoffschienen aus hart-weichem Verbundmaterial angewandt, die alle Zähne umfassen und zur Retention den gesamten Zahnkranz einschließen. Grundvoraussetzungen für den dauerhaften Einsatz einer Protrusionsschiene sind hinreichende Verankerungseinheiten und parodontal gesunde Zähne. Herausnehmbarer Zahnersatz und unilaterale Freiendsituationen, die keine suffiziente Retention gewährleisten, stellen Kontraindikationen für eine Protrusionsschiene dar. Bei reduzierten Verankerungseinheiten können Implantate die Voraussetzungen für einen Einsatz der Schienen erhöhen (33). Zwei europäische Studien haben aufgezeigt, dass bei ca. 30% der Patienten, die nach eine Behandlung fragen, aufgrund von mangelnden dentalen Retentionsmöglichkeiten eine Kontraindikation für einen dauerhaften Einsatz der Schienen besteht (24, 34).

Durch die dauerhafte Verlagerung des Unterkiefers im Schlaf werden reziproke Kräfte auf das stomatognathe System übertragen, die bei einer regelmäßigen Anwendung Zahnstellungsänderungen hervorrufen können. Diese sind eher gering und klinisch nicht auffällig, in Einzelfällen können jedoch klinisch relevante Veränderungen in der Okklusion auftreten (35). Wichtiger Parameter für das Auftreten von dentalen Nebenwirkungen ist die Anwendungsdauer, je länger die Schienen getragen werden, desto mehr treten dentale Nebenwirkungen auf. Patienten mit einem tiefen Biss, einer retralen Unterkieferposition und einem horizontalen Gesichtsschädelaufbau entwickeln weniger dentale Nebenwirkungen als Patienten mit knappen Überbiss und einem vertikalen Gesichtsschädelaufbau (36). Potentielle Zahnstellungsanomalien sind eine palatinale Kippung der Oberkieferfrontzähne und eine distale Kippung der Oberkieferseitenzähne, eine labiale Kippung der Unterkieferschneidezähne und eine mesiale Kippung der Unterkieferseitenzähne, ein lateral offener Biss und eine Reduktion des sagittalen und vertikalen Überbisses in der Front. Werden die Schienen dauerhaft getragen und kommen vorwiegend harte Materialien zur Anwendung, können auch Intrusionen im Bereich der Seitenzähne auftreten. Dieses kann zur Aufhebung der approximalen Kontaktpunkte im Seitenzahnbereich führen. Derzeit wurde noch keine Studie durchgeführt, welche die Reaktionen des Zahnhalteapparates bei einem regelmäßigen Gebrauch der Schienen untersucht haben. Klinische Hinweise sprechen dafür, dass insbesondere in der Unterkieferfront vermehrt ein vertikaler Knochenabbau zu beobachten ist. Sind dentale Stellungsanomalien aufgetreten, ist die Schiene in Absprache mit dem Patienten und den Schlafmediziner abzusetzen. Meist reicht eine Schienenkarenz ggf. in Kombination mit funktionellen Übungen von 2 – 3 Monaten aus und die dentalen Nebenwirkungen sind rückläufig. Vermieden werden sollte eine umgehende, aufwendige prothetische oder kieferorthopädische Rehabilitation.

Um das Auftreten von Nebenwirkungen zu reduzieren, wird empfohlen, am Tage hartes Kaugummi zur funktionellen Beanspruchung der Zähne zu kauen. Werden dentale Nebenwirkungen klinisch beobachtet, ist die Schiene in Rücksprache mit dem Patienten und den Schlafmediziner abzusetzen. Skelettale Veränderungen, die durch das Tragen der Schiene hervorgerufen wurden, sind bisher noch nicht bekannt; Schmerzen in der Region der Kiefergelenke und der Kaumuskulatur wurden bei den Monoblockapparaturen häufig beschrieben, mit den Zweischienensystemen, die eine limitierte dreidimensionale Bewegung des Unterkiefers erlauben, treten diese äußerst selten auf.

Patientenmitarbeit
Da es sich um eine mechanische Therapie mit einem Hilfsmittel handelt, ist die Beständigkeit der Anwendung im Schlaf ein wichtiger Parameter für die Effektivität. Die Bereitschaft, eine Protrusionsschiene dauerhaft im Schlaf einzusetzen, nimmt mit der Zeit ab. Nach einem Jahr beträgt diese noch ca. 60 – 80%, nach mehr als fünf Jahren tragen noch 30 – 60% der Patienten die Schiene regelmäßig (25, 37). Die Mitarbeit der Patienten ist abhängig vom verwendeten Gerät, von der Anzahl der parodontal gesunden Zähne im Oberkiefer und Unterkiefer und vom Body-Mass-Index (37).

Schlussfolgerung
Die Anwendung von Unterkieferprotrusionsschienen stellen eine Nicht-CPAP Therapie bei der obstruktiven Schlafapnoe dar. Mit der Anwendung werden die respiratorischen Parameter der obstruktiven Schlafapnoe verbessert, die subjektiven Tagesleistungen gesteigert und das störende Schnarchgeräusch reduziert.

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Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 21. Januar 2010