Prof. Deppe im Interview: „Sehe die DGZI außerordentlich gut aufgestellt“

Gleichzeitig freut er sich auf ein spannendes und hochkarätig besetztes Kongressprogramm. Insgesamt fällt seine Einschätzung der ältesten zahnärztlich implantologischen Fachgesellschaft positiv aus: „Ich sehe die DGZI mit ihrem Fokus auf die in eigener Praxis niedergelassenen implantologisch tätigen Kolleginnen und Kollegen und einem stetigen Auge auf  Wissenschaft und medizinische Ethik außerordentlich gut aufgestellt“, erklärt dazu im Interview. 

Der 45. ist gleichzeitig erste DGZI-Jahreskongress, in den Sie mit entsprechendem Vorlauf als Präsident der DGZI gehen. Mit welchen Erfahrungen und Erwartungen fahren Sie nach Wiesbaden?

Prof. Deppe: „In den ersten Monaten meiner Präsidentschaft habe ich gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen zahlreiche Veränderungen angestoßen. Dies betrifft unsere Kommunikation mit den Hochschulen, den niedergelassenen Zahnärzten und auch der Bundeswehr. So konnten auch neue Referenten für das Curriculum gewonnen werden wie etwa Professor Dr. Dr. Schlegel. Auch die Öffentlichkeitsarbeit konnte von Dr. Bach ausgeweitet werden, etwa durch Interviews mit  großen deutschsprachigen Nachrichtenmagazinen und Standesorganen. So bin ich gespannt, ob sich diese Aktivitäten in der Fläche ausgewirkt haben und sich hoffentlich auch in der Teilnehmerzahl niederschlagen.“

Zum ersten Mal finden Doppel-Referate von Zahnmedizinern und Zahntechnikern statt. Diese Zusammenarbeit ist in der Praxis oft nicht unproblematisch. Sind hierbei auch Kontroversen zu erwarten?

Prof. Deppe: „Grundsätzlich kommt wissenschaftlichen Kontroversen und Disputen eine förderliche Wirkung zu, sie haben eine lange Tradition – denken Sie an die Leipziger Disputation zwischen Luther und Eck. Gerade in der Erörterung der für den Patienten optimalen Lösung müssen prothetische, chirurgische und zahntechnische Aspekte im Detail zur Sprache kommen. So können unterschiedliche Standpunkte über die Implantatpositionierung und die Zahnersatzkonstruktion aus mehreren Blickwinkeln erlebt werden. Am Schluss muss immer der Konsens stehen, um den Wünschen des Patienten bestmöglich gerecht zu werden. Manchmal gelingt es erst im Team, gemeinsam mit dem Patienten zu einer realistischen Einschätzung zu kommen.“ 

Sie selbst werden in Ihrem Vortrag eine In-vitro-Studie vorstellen, die sich mit Implantat-bedingten Frakturen in der unbezahnten Mandibula beschäftigen. Worum geht es im Kern?

Prof. Deppe: „Unter dem Generalthema der Zusammenarbeit mit der Zahntechnik scheint mir dieser Vortrag sehr gut geeignet zu sein, prothetisch-zahntechnische Fragen wie die Stegverbindung von Implantaten – ja oder nein – einmal auf dem chirurgischen Hintergrund des Frakturrisikos zu beleuchten. Die Fraktur der Mandibula ist eine zwar seltene, aber schwerwiegende postoperative Komplikation nach der Insertion dentaler Implantate. Betroffen sind zumeist ältere Patienten mit stark atrophem Unterkiefer. Diese in vitro Studie untersuchte den Effekt unterschiedlicher Implantatversorgungen auf die Kieferstabilität. Im Ergebnis zeigte sich in allen Anordnungen eine hochsignifikante Schwächung der Frakturstabilität. Ohne Stegverblockung zeigte sich die geringste Frakturgefahr bei zwei kurzen und dicken Implantaten. Unter Stegverblockung erzielten vier lange und dünne Implantate die geringste Bruchgefahr. In Anbetracht der ungünstigen Heilungsbedingungen der frakturierten Mandibula könnten diese Pilotergebnisse Grundlage weiterer systematischer Untersuchungen sein, um eine gesicherte Datenbasis für das klinische Vorgehen  zu erstellen.“  

Es ist dem Kongressleiter Prof. (CAI) Dr. Hille gelungen, gemeinsam mit DGZI-Vizepräsidenten Prof. (CAI) Dr. Rolf Vollmer ein internationales Referententeam zu gewinnen. Auf welchen dieser Vorträge freuen Sie sich besonders?

Prof. Deppe: „Auch das diesjährige Programm bietet einen hervorragenden Überblick über das Kongressthema. Kollegen Hille gebührt großer Dank für seinen Einsatz für den Kongress und – zusammen mit Kollegen Vollmer – auch für die Gewinnung der japanischen Referenten. Wir sollten uns bewusst sein, dass die Partner aus Fernost eine Reise um den halben Globus auf sich nehmen, um auf der DGZI-Jahrestagung Präsenz zu zeigen. Wer die japanische Mentalität kennt, weiß die damit für die DGZI zum Ausdruck kommende Wertschätzung richtig einzuordnen. Selbstverständlich bieten aber auch die von weniger weit her angereisten Referenten wertvolle Beiträge zum Kongressthema.“

Ein Wort zur Lage der DGZI im nationalen und internationalen Vergleich. Wo steht die DGZI zur Zeit? 

Prof. Deppe: „Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich als Präsident der DGZI nach meinem ersten Amtsjahr ausgesprochen wohl fühle. Grund hierfür ist mein persönlicher Gradmesser, und das ist die Arbeit einer Fachgesellschaft, ihre Aktivitäten und die Art, wie sich die Fachgesellschaft positioniert und ihre Philosophie lebt. Und hier sehe ich die DGZI mit ihrem Fokus auf die in eigener Praxis niedergelassenen implantologische tätigen Kolleginnen und Kollegen und einem stetigen Auge auf  Wissenschaft und medizinischer Ethik außerordentlich gut aufgestellt.Die DGZI hat derzeit 4000 nationale Mitglieder und über 14.000 assoziierte internationale Mitglieder. Welche Gesellschaft in Deutschland kann ein solches Netzwerk über alle Kontinente verteilt  an internationalen Kontakten bieten?“

Welche Bereiche innerhalb der Implantologie spielen bei der DGZI in der nahen Zukunft eine besondere Rolle? Der Kongress nimmt ja thematisch auch die Möglichkeiten der „digitalen Revolution“ mit auf. 

Prof. Deppe: „Anlässlich meiner Wahl hatte ich darauf hingewiesen, dass die DGZI nicht neu erfunden werden muss. Sie hat ein solides Fundament, sowohl bei den niedergelassenen Kollegen als auch in den Hochschulen. Gerade unsere Förderung junger Wissenschaftler wird nach meiner Wahrnehmung sehr positiv gesehen. In der Vergangenheit lag bei den Projektförderungen sicher ein Schwerpunkt in der Osseointegration. Die von Ihnen angesprochene digitale Revolution wollen wir dabei nicht unter-, aber auch nicht überschätzen. Wir werden uns mit den neuen dreidimensionalen Möglichkeiten der präimplantologischen Analyse und Navigation auseinander setzen, aber eben auch mit den Entwicklungen in der Werkstoffwissenschaft. Gemeinsam mit unseren geschätzten Kollegen der anderen Fachgesellschaften wollen wir dafür Sorge tragen, dass den implantologisch tätigen Kollegen nur wissenschaftlich zweifelsfrei abgesicherte Konzepte angetragen werden. Die Beteiligung fachlich höchst renommierter Kollegen aus unseren Partnergesellschaften bestätigt diese gemeinsame Bemühung eindrücklich.“

Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 17. Juni 2015