Offener Brief zum DAK-Selektivvertrag im Rahmen des dent-net-Netzwerkes

Den Vertragsabschluß zwischen der DAK und Indento (Imex) könnte man zu
den „verzweifelten Marketinggags" der vom Gesetzgeber gegängelten
Krankenkassen zählen, von denen Sie selber erst kürzlich kritisch
gesprochen haben. Er könnte aber auch von wesentlich größerer Tragweite
sein.
Bei nur 450 Zahnärzten im Netzwerk „dent-net" kann das Angebot von DAK
und Indento gegenwärtig nur für einen verschwindend geringen Teil der
Patienten überhaupt Realität werden und hat deswegen nur die Qualität
eines Marketinggags. Allerdings muss man befürchten, dass bei massiver
Werbung von Seiten der DAK die Patienten ihre Zahnärzte wechseln werden
oder ihre Zahnärzte beeinflussen, diesem Netzwerk beizutreten. Es
werden sich vermutlich auch Zahnärzte von sich aus dem Netzwerk
anschließen, weil sie auf die Zuweisung von Patienten durch die DAK
hoffen.
Das Angebot „Zahnersatz ohne Zuzahlung" ist wirklich nur ein
Marketinggag, da es beschränkt ist auf die Regelversorgung mit dem
Bonus für 10jährige ununterbrochene Vorsorgeuntersuchungen. Die
Regelversorgung ohne Zuzahlung kann nur erbracht werden, wenn das
Dentallabor seine üblichen Preise deutlich absenkt. Um diese Absenkung
auszugleichen, werden vermutlich im Rahmen einer Mischkalkulation die
anderen Preise so berechnet, dass dieser Verlust wieder ausgeglichen
werden kann. Die Preise für Zahnersatz außerhalb des Angebotes
„Zahnersatz ohne Zuzahlung" liegen bei Ihrem Partner Imex bereits heute
deutlich über den Preisen anderer Anbieter für importierten Zahnersatz.
Preiswerten Zahnersatz können Ihre Versicherten auch jetzt schon bei
jedem Zahnarzt erhalten, der bereit ist, importierten Zahnersatz
einzugliedern.
Es ist auch zu befürchten, dass den Zahnärzten, wenn sich aufgrund
gezielter Werbemaßnahmen erst eine dafür ausreichende Zahl
zahnärztlicher Praxen im Griff des Indento-Netzwerkes befindet, eine
Honorarabsenkung nicht nur für die Zahnreinigung abverlangt wird,
sondern auch für den Zahnersatz. Somit kann sich ein Marketinggag zu
einer gefährlichen Abwärtsspirale für die zahnärztliche Honorare
entwickeln.
Die Zahnärzte des Netzwerkes müssen sich verpflichten, die
„Professionelle Zahnreinigung" (PZR) zu einem Festpreis von 50 Euro zu
erbringen, unabhängig von der Anzahl der vorhandenen Zähne und dem
jeweils erforderlichen Zeitaufwand. Dieser Preis ist im voll bezahnten
Gebiss im Allgemeinen nicht kostendeckend. Die PZR dürfte zu diesem
Preis, da eine reine Werbemaßnahme, gar nicht erbracht werden. Sie
bringen die Kollegen hiermit in eine berufsrechtliche Konfliktsituation.
Der Vertrag DAK-Indento (Imex) beendet in einem wichtigen Bereich die
Therapiefreiheit des Zahnarztes, da dieser bei den „Netzwerkpatienten"
ein bestimmtes Dentallabor empfehlen muss. Der Vertrag greift außerdem
in seine Honorargestaltung (PZR) ein.
Die freie Arztwahl der Patienten wird von Ihrer Seite tendenziell
eingeschränkt, weil sie von der DAK für eine Versorgung mit günstigem
Zahnersatz zum Eintritt in das Netzwerk aufgefordert werden, dem nur
bestimmte Zahnärzte angehören. Bestehende, auf guter
Versorgungsqualität und Vertrauen beruhende Arzt-Patienten-Beziehungen
werden auf diese Weise mit Blick auf einen unsicheren wirtschaftlichen
Vorteil gefährdet.
Das Marketinginteresse der DAK, verbunden mit dem kommerziellen
Interesse eines großen Dentallabors, hilft mit, die Axt an das System
der ambulanten Behandlung durch niedergelassene Zahnärzte in
freiberuflicher Berufsausübung zu legen.
Ob dieses Verhalten im langfristigen Interesse Ihrer Versicherten ist,
darf bezweifelt werden. Die Versicherten in ein Netzwerk zu treiben, in
dem eine profitorientierte Managementgesellschaft die Zahnärzte über
Verträge steuert („Strukturverträge zur Steuerung der beteiligten
Leistungserbringer"), damit sie Zahnersatz bei einem bestimmten
Dentallabor anfertigen lassen, missbraucht letztlich das Vertrauen der
Versicherten gegenüber ihrer Krankenkasse. Während die Zahnärzte von
der Firma Indento (Imex) gesteuert werden, werden die Versicherten von
der DAK gesteuert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Celina Schätze

Stellv. DAZ-Vorsitzende


Letzte Aktualisierung am Sonntag, 04. Oktober 2009