Geistlich nimmt Stellung zu Kritik an bovinem Knochenersatzmaterial

Stellungnahme der Fa. Geistlich im Originallaut zum Artikel von Herrn
Dr. Engels in der aktuellen Ausgabe des BDIZ konkret
(Erscheinungsdatum: 14. Juni 2004):

In dem Artikel „Knochenersatz bovinen Ursprungs: eine Neubewertung!“
vertritt der Autor Helmut Engels die Ansicht, dass die Verwendung von
bovinen Materialien als Knochenersatzmaterial nicht zu vertreten sei.
Er argumentiert, dass bovine Knochenersatzmaterialien Restproteine
enthielten. Somit könnten auch die für BSE und die Creutzfeld-Jakob
Erkrankung verantwortlichen Prionen in diesen vorhanden sein.

Wissenschaftliche Studien zeigen keine Proteinrückstände in Bio-Oss®

In seiner Argumentation stützt sich der Autor auf die Publikationen von
Hönig et al. 1999 1, Schwartz et al. 2000 2 und Taylor et al. 2002 3.
In den zitierten Studien fehlten allerdings essentielle
Kontrollexperimente und die Ergebnisse und Schlussfolgerungen basierten
auf methodischen Fehlern und Missinterpretationen, wie Studien,
Berichte und Publikationen anderer Arbeitsgruppen zeigten 4, 5.
Experimente, die wissenschaftlich korrekt und mit validierten,
hoch-sensitiven Methoden durchgeführt wurden, belegen, dass keine
Proteinrückstände in Bio-Oss® nachweisbar sind 4, 6.

Bereits bei Erscheinen der Artikel vor drei Jahren wurde bekannt, dass
die in den zitierten Artikeln publizierte Proteinbestimmung fehlerhaft
durchgeführt worden waren. Die Arbeitsgruppe von H. Möhler vom
Pharmakologischen und Toxikologischen Institut der Universität Zürich
wiederholte deshalb die Tests von Schwartz et al. 2 und führten
zusätzliche Kontrollexperimente durch 4. Diese Untersuchungen zeigten,
dass die Resultate von Schwartz et al. auf Artefakte zurückzuführen
waren und dass den verwendeten Methoden kein Restprotein in Bio-Oss®
detektierbar ist. Essentielle Kontrollexperimente fehlen ebenfalls im
Artikel von Taylor et al. 3. Zudem wurden Messmethoden herangezogen,
die für eine Proteinbestimmung ungeeignet sind.
Wie Lang et al. 5 aufzeigen konnten, sind die angewandten Methoden in
der Publikation von Hönig et al. 1 nicht geeignet, um Rückschlüsse auf
den Proteingehalt eines Materials zu ziehen. Die Interpretation,
Bio-Oss® enthalte Proteine, ist aufgrund dieser Experimente nicht
zulässig.
In einer Reihe von Untersuchungen, in den neun verschiedene
hochsensitive Verfahren verwendet wurden, konnten keine
Proteinrückstände detektiert werden 4. Diese Ergebnisse werden in dem
Artikel von Herrn Dr. Engels allerdings nicht erwähnt.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass ein hohes Maß an Kompetenz und
Sachkenntnis notwendig ist, um proteinbiochemische Analysen und deren
Artefaktanfälligkeit , wie z.B. Antigen-Antikörperreaktionen in
Western-blot Analysen zu bewerten.

Auch klinische Sicherheit ist von Bedeutung

Der Artikel versäumt, anhand aktueller Literatur die unterschiedlichen
Knochenersatzmaterialien miteinander zu vergleichen. Denn Sicherheit
für den Patienten bedeutet auch klinische Sicherheit und zuverlässige
Prognose der Behandlung. Grundlage für die klinische Eignung eines
Materials ist die wissenschaftliche Untersuchung in klinischen Studien.
Besonders die evidenzbasierten, kontrollierten und randomisierten
Studien belegen die Prognose eines Materials. Eine aktuelle
Literaturrecherche ergab, dass Bio-Oss® das mit 197 Publikationen in
der Medline-Datenbank mit Abstand am besten dokumentierte
Knochenersatzmaterial ist 7. 32 Publikationen werden in der
Medline-Datenbank für das am zweithäufigsten dokumentierte
Knochenersatzmaterial angegeben. Viele synthetische Materialien haben
nur eine geringe klinische Dokumentation.
Strenge Auflagen und regelmäßige Kontrollen

Der Autor rät dem Anwender in seinem Artikel, sich gegen bovines
Material und für synthetische Materialien zu entscheiden. Er
postuliert, synthetische Materialien seien frei von jeglichen Risiken.
Diese Aussage ist sicher nicht korrekt, da jedes Material Risiken birgt
– sei es das Risiko von Fremdkörperreaktionen, von allergischen
Reaktionen auf die Abbauprodukte oder chemischen Rückstände oder gar
ungenügender Prognose der Knochenregeneration. So fanden zwei
Arbeitsgruppen beispielsweise eine unzureichende Osteokonduktivität bei
einem synthetischen Bioglas in der parodontologischen Anwendung 8, 9,
während sie in vergleichbaren Defekten mit dem natürlichen
Knochenersatz Bio-Oss® eine gute Knochenregeneration feststellten 8, 9.

Im BDIZ-Artikel wird die europäische Richtlinie 2003/32/EG erwähnt. Der
Autor fordert den Hersteller von bovinem Knochenersatzmaterial auf,
seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen: Der Hersteller solle
aufrufen, die Verwendung des Materials in Bezug auf den Nutzen für die
Patienten und im Vergleich mit synthetischen Materialien zu
rechtfertigen. Diese Formulierung ist missverständlich und verdreht die
Gesetzeslage. Die erwähnte Richtlinie fordert, dass Hersteller den
zuständigen Behörden und benannten Stellen gegenüber begründen sollen,
weshalb sie Materialien tierischer Herkunft verwenden.
Die außerordentlich gute Osteokonduktivität von Bio-Oss® ist auf den
natürlichen Ursprung des Materials und seine hohe Ähnlichkeit zum
menschlichen Knochen zurückzuführen. Aufgrund wissenschaftlicher
Studien und Literatur konnte belegt werden, dass Bio-Oss® nicht durch
synthetische Produkte ersetzt werden kann. Die zuständige Prüfstelle
hat diese Argumentation vollumfänglich akzeptiert und damit die
Zulassung von Bio-Oss® bestätigt.

Die Herstellung von Bio-Oss® wird nach internationalen Standards und
den Richtlinien des Medizin-Produkte-Gesetzes mindestens einmal
jährlich in Inspektionen kontrolliert. Das natürliche Material ist
wegen seiner Herkunft, dem Ausgangsmaterial und der
Inaktivierungsmethoden während der Herstellung als unbedenklich
eingestuft worden. Die Sicherheitsanforderungen des BfArM wurden
hierbei deutlich übertroffen 7. Die Herstellungsprozesse wurden auf
ihre Kapazität, potentielle Prionen zu inaktivieren evaluiert. Aus den
Ergebnissen wurde gefolgert, dass die Verwendung von Bio-Oss® kein
Risiko einer Übertragung von BSE auf den Patienten beinhaltet. Die
behördlich benannte Prüfstelle hat sich dieser Schlussfolgerung
angeschlossen 7. Somit erfüllt Bio-Oss® alle Anforderung an die
Sicherheit eines Medizinproduktes. Jede einzelne Charge Bio-Oss wird
mit validierten Analysen und sensitiven Methoden auf mögliche
Proteinbestandteile überprüft.

Weiter erwähnt der Artikel, dass bovines Material prinzipiell die
Potenz besäße, allergische Reaktionen auszulösen. Bio-Oss® ist seit
1986 umfangreich klinisch und tierexperimentell getestet und bei
mittlerweile über 1,5 Millionen Patienten eingesetzt worden. Die gute
immunologische Verträglichkeit des Materials ist immer wieder belegt
worden. Die wissenschaftlichen Studien und die permanente
Marktüberwachung zeigen keinerlei Hinweise auf ein potentielles Risiko
allergischer Reaktionen auf Bio-Oss®.
Zusammenfassung

Eine sachliche Diskussion zur Sicherheit von Knochenersatzmaterialien,
die sich an den wissenschaftlichen und juristischen Fakten orientiert,
ist jederzeit zu begrüßen und sicherlich hilfreich für den Anwender.
Herr Dr. Engels baut aber durch seine einseitige, lückenhafte und
teilweise falsche Darstellung der Fakten ein einfaches aber gefährliche
Schema auf: Rind böse – synthetisch gut.
Gerade die Erfahrung der letzten Jahre mit neuen oder so genannten
neuen synthetischen Materialien hat gezeigt, wie wichtig ausgiebige
klinische Tests sind.
Die Darstellung von Herrn Dr. Engels stellt weder eine Neubewertung dar, noch ist sie hilfreich für Anwender und Patient.

Referenzen:

1. Honig JF, Merten HA, Heinemann DE. Plast Reconstr Surg. 1999 Apr;103(4):1324-5
2. Schwartz Z, Weesner T, van Dijk S, Cochran DL, Mellonig JT, Lohmann
CH, Carnes DL, Goldstein M, Dean DD, Boyan BD. J Periodontol. 2000
Aug;71(8):1258-69
3. Taylor JC, Cuff SE, Leger JP, Morra A, Anderson GI. Int J Oral Maxillofac Implants. 2002;17(3):321-30
4. Benke D, Olah A, Möhler H, Biomaterials 2001;22: 1005–5
5. 1012Lang NP, Hammerle C, Oesch B, Schenk RK. Plast Reconstr Surg. 2000;105(6):2273
6. Wenz B, Oesch B. Horst M. Biomaterials 2001;22: 1599-1606
7. Wenz B & Koch J. Dent Implantol 2004; 8 (1) 6-12
8. Schmitt JM, Buck DC, Joh SP, Lynch SE, Hollinger JO. J Periodontol. 1997;68(11):1043-53
9. Nevins ML, Camelo M, Nevins M, King CJ, Oringer RJ, Schenk RK,
Fiorellini JP. Int J Periodontics Restorative Dent. 2000;20(5):458-67

Letzte Aktualisierung am Montag, 29. November 1999