Die Ziele des neuen Nobel-Biocare-Chefs Domenico Scala

Der frischgebackene Konzernchef des Klotener Zahnimplantate-Herstellers
Nobel Biocare , Domenico Scala, weiss genau, was die vordringlichste
Aufgabe in seinem neuen Wirkungskreis sein wird: «Wir müssen die
Tonalität etwas anders treffen», erklärte er, wenige Tage bevor er
Anfang September die operative Leitung des weltweit dominierenden
Zahntechnikers übernommen hatte und zur Einweihung der ersten
Fabrikationsstätte in Asien nach Japan verreiste. Der 42-jährige Basler
spricht dabei das ab und zu forsche und manchmal überheblich wirkende
Auftreten des Unternehmens an, das im Umgang mit staatlichen
Zulassungsgremien für böses Blut sorgte und Neider auf den Plan rief.

Dem neuen Konzernchef, der das Zepter von Heliane Canepa übernommen
hat, ist es ein Anliegen, dass in Zukunft die Erforschung und die
Entwicklung neuer Produkte wissenschaftlich stärker untermauert sein
müssen, damit der Zulassungsprozess glatt über die Bühne geht.

Aus seiner früheren Tätigkeit in der Pharmaindustrie hat Scala die
nötige Kenntnis und das Feingefühl, wie man mit regulatorischen
Monopolisten umgeht. Diese Fähigkeit wird immer wichtiger, denn die
Zahnimplantate-Industrie entwickelt sich zunehmend in Gebiete, in denen
zulassungspflichtige Biomaterialien eingesetzt werden oder in denen es
um politisch heikle Themen wie die Nanotechnologie geht.

Nach dem Abschluss des Wirtschaftsstudiums an der Universität Basel
ging der Italo-Schweizer zum Bankverein in die
Private-Equity-Abteilung, dann zum Nahrungsmittelmulti Nestlé in die
interne Revision. Danach war er für Panalpina als Finanzchef in Mailand
tätig. Als 30-Jähriger wechselte er in die Finanzabteilung des
Pharmakonzerns Roche, für den er acht Jahre lang als Controller und
zuletzt als Group Treasurer arbeitete. Von 2003 bis 2007 hatte Scala
das Amt des Finanzchefs des Agrochemie-Konzerns Syngenta inne und gute
Chancen, zum CEO gewählt zu werden. Als er im Frühjahr spürte, dass ein
anderer den Vorzug erhalten würde, liess er den Verwaltungsrat von
Nobel Biocare – dem er seit 2006 angehört – wissen, dass er sich nach
einer neuen Herausforderung umsehe.

Damit wurde er zum Kronfavorit, der die nächste Wachstumsphase von Nobel Biocare einläuten soll.
Produktemässig hält Scala an der von seiner Vorgängerin verfolgten –
und von ihm als Nobel-Biocare-Verwaltungsrat mitgetragenen – Strategie
fest. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, will er das Unternehmen
noch stärker als Lösungsanbieter positionieren, der nicht nur
Implantate, Brücken und Laminate herstellt, sondern die gesamte
Behandlung anbieten kann. Das könne zu ergänzenden Übernahmen führen,
mit denen neue Technologien eingekauft werden.

Der Erwerb eines direkten Konkurrenten sei indes «nicht sinnvoll», denn
es gebe keine offensichtlichen Löcher in der Produktepalette von Nobel
Biocare. Das heisst aber nicht, dass Scala keine geografisch breitere
Abstützung sieht, denn das Unternehmen ist seiner Ansicht nach zu wenig
in Lateinamerika und Asien präsent.

Zuerst wartet auf den kräftigen Zwei-Meter-Mann aber vor allem
Hausarbeit. Im Gegensatz zu früher, als die flamboyante Canepa das
alleinige Aushängeschild des Unternehmens war, will Scala künftig mit
«mehreren Gesichtern» nach aussen auftreten und weniger personenbezogen
agieren. Dazu seien neue interne Strukturen erforderlich, denn Nobel
Biocare ist dank seinem Erfolg deutlich gewachsen. Unter Canepas Ägide
hat sich der Umsatz in knapp sechs Jahren mehr als verdoppelt und wird
in diesem Jahr die Milliardenschwelle überschreiten.

Die internen Abläufe würden nicht auf den Kopf gestellt, verspricht
Scala, sondern evolutionär angepasst, was ein bis drei Jahre dauern
werde. Dabei wird er ausreichend Gelegenheit haben, zu beweisen, dass
der als ehrgeizig geltende «number cruncher» auch die menschlichen
Führungseigenschaften mitbringt, die einen erfolgreichen Konzernchef
auszeichnen. Als begeisterter Mannschaftssportler (Handball, Fussball)
wird ihm das nicht schwerfallen. Die Zeichen stehen gut, dass Scala aus
der «One-Woman-Show» ein internationales Vorzeigeunternehmen macht,
dessen Ruf wieder so gut wie sein Marktanteil ist. «Wir müssen als
Unternehmen wieder einen Bonus haben», fordert Scala, denn die
Reputation von Nobel Biocare habe jüngst etwas gelitten.

Quelle: nzz.ch

Letzte Aktualisierung am Montag, 29. November 1999