Angestellte Zahnärztinnen: 20 Jahre Urteil „Berufsverbot“ bei Schwangerschaft
Seither werden in den Zahnarztpraxen schwangere angestellte Zahnärztinnen mit Blick auf das Mutterschutzgesetz weitgehend grundsätzlich von der Arbeit freigestellt. Das hat Folgen für die Praxen: Eine schwangere bzw. schwanger werdende angestellte Kollegin führt, gerade bei kleineren Praxen, zu einer "Störung" des Praxisbetriebes und stellt die Praxisinhaber vor deutliche Herausforderungen. Von jetzt auf gleich fallen Behandlungstermine weg, und eine adäquate Vertretung ist selten in kürzester Frist zu finden. Dies wiederum hat versorgungspolitische Konsequenzen. Während vor 20 Jahren der Anteil der Frauen im Berufsstand im kleinen zweistelligen Bereich lag und zeitlich begrenzte Ausfälle vom Gesamtberufsstand gut kompensiert werden konnten, ist in Kürze jeder zweite Zahnarzt eine Frau und: Der berufliche Nachwuchs ist überwiegend weiblich, zudem im Familiengründungsalter. Nicht zuletzt mangelt es, Umfragen des Dentista Clubs zufolge, mittlerweile an ausreichender Anzahl qualifizierter "Schwangerschaftsvertretungen" für die Zahnarztpraxen.
Nicht nur aus Sicht der Arbeitgeber in den Praxen und der Versorgungspolitik, sondern auch für die Zahnärztinnen selbst, die eine Familiengründung anstreben oder ungeplant schwanger sind, müssen sinnvolle Lösungen gefunden werden: Nicht selten führt der an sich erfreuliche "Umstand" einer schwangeren Kollegin zu juristisch und persönlich nicht unproblematischem Verhalten, wie die vielen Anfragen und "Sorgentelefonate" beim Dentista Club zeigen. Nicht realistisch sind derzeit Wünsche von jungen Zahnärztinnen wie auch von Arbeitgebern, der herausfordernden Situation mit mehr Flexibilität zu begegnen und die Entscheidung über Teilzeit-Tätigkeit und Teil-Berufsausübung zwischen Praxis und schwangerer Zahnärztin selbst auszuhandeln: Die Verantwortung für mögliche Gesundheitsschäden bei Mutter und Kind obliegt ausschließlich dem Arbeitgeber und ist nicht teilbar.
Da an den gesetzlichen Bestimmungen nicht gerüttelt werden kann und soll, sieht der Dentista Club nur die Möglichkeit, der Entwicklung mit konstruktiven Angeboten sowohl für die Arbeitgeber in den Praxen als auch für die schwangeren Kolleginnen zu begegnen. Während der Zahnärztinnenverband derzeit praxisnahe und juristisch untermauerte Lösungen erarbeitet, die den "Stress-Moment" in den Zahnarztpraxen reduzieren helfen, wird gleichzeitig in Zusammenarbeit mit der Bundeszahnärztekammer ein umfangreicher Ratgeber entwickelt, der für Arbeitgeber/innen und schwangere Arbeitnehmerinnen gleichermaßen hilfreiche Informationen vermittelt.
Da sich zeigt, dass das Wissen um Regularien rund um die Schwangerschaft sowie mögliche, auch finanzielle Konflikte mit dem Arbeitgeber bei vielen jungen Zahnärztinnen unterentwickelt ist, empfiehlt der Dentista Club, die Frage "Anstellung – oder doch Sozietät bzw. Niederlassung mit Kolleginnen?" neu zu überdenken: Je nach persönlichem Naturell kann eine Niederlassung und damit verbundene weitgehende Selbstbestimmung durchaus eine interessante Alternative zur Festanstellung sein. Auch an unterstützenden Lösungen für die Praxisausfälle bei schwangeren Praxisinhaberinnen wird seitens des Dentista Clubs gearbeitet. Dass eine Schwangerschaft statt zu Freude in nicht wenigen Zahnarztpraxen eher zu Sorgen und Konflikten führt, ist zwar nicht von den Zahnärzten zu verantworten – der Berufsstand sollte es aber schaffen, so der Dentista Club, Hürden und Stolperfallen mit eigenen Kräften zu überwinden. Erste konkrete Vorschläge wird der Zahnärztinnenverband voraussichtlich im 4. Quartal 2013 vorstellen.