27. Weltkongress des ICOI und 7. Internationaler Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Orale Implantologie bot ein hochkarätiges Programm
Damit war den beiden wissenschaftlichen Leitern Prof. Dr. Hom-Lay Wang, USA, und DGOI-Präsident Dr. Georg Bayer, Landsberg a.L., ein anspruchsvolles Programm gelungen. Die fünf Themenbereiche „Digitale Planung für die exakte Implantatpositionierung“, „Komplikationen und Problemmanagement“, „Innovationen in der Implantat Therapie“, „Wachstumsfaktoren für die vorhersagbare Knochenregeneration“ und „Vorhersagbare Ästhetik – Konzepte für den Erfolg“ sprachen die jeweils aktuellen Fragen der modernen Implantologie an.
Die Atmosphäre spiegelte den typischen „DGOI-Spirit“ wider: Aktuelles Wissen auf höchstem Niveau, vermittelt in freundschaftlicher und internationaler Atmosphäre. Dr. Kenneth Judy als Co-Chairman des ICOI betonte, dass die enge Verbindung zwischen dem weltgrößten Verband ICOI und der DGOI in Hamburg weiter gestärkt worden sei.
Auf in die vierte Dimension
Los ging es mit einem systematischen Überblick über die zwei- wie dreidimensionalen Diagnosemöglichkeiten und den auf dem Markt befindlichen Systemen für die computergestützte Navigation. Der Nutzen der dreidimensionalen Diagnostik wurde umfassend aufgezeigt. Mit ihrer Hilfe kann sowohl die Knochenbreite wie auch die
-qualität gemessen werden, sodass die Ausgangssituation genau darstellbar ist. Allerdings müssen die dreidimensionalen Bilder richtig interpretiert werden. Dafür ist zusätzlich zu den anatomischen Zusammenhängen die Zeit als vierte Dimension zu berücksichtigen. Biologische Prozesse, die während und nach einer Implantatinsertion im Hart- und Weichgewebe ablaufen, müssen in Zukunft noch besser verstanden und im Therapieplan berücksichtigt werden.
Probleme vermeiden
Welche Komplikationen können während der Implantatinsertion, im ersten Jahr post OP und später auftreten? Hierüber erhielten die Teilnehmer einen systematisch aufbereiteten Überblick. Klar wurde, wie wichtig die präoperative Planung im Hinblick auf das Vermeiden von Komplikationen ist. So habe beispielsweise eine Implantatfraktur ihre Ursache oftmals in einer falschen Positionierung. Interessant waren auch die Ausführungen über die mechanischen Aspekte, die für einen Implantatverlust entscheidend sind. Je größer der Druck und der Stress auf ein Implantat sind, desto eher kann es brechen – in manchen Fällen erst nach vielen Jahren.
Die aktuellen Erkenntnisse rund um die Periimplantitis wurden ebenfalls diskutiert. Der Biofilm als entscheidender Faktor für Periimplantitis entwickelt sich sofort nach der Insertion an den Implantaten. Wichtig ist zudem, dass sich die Bakterien, die sich rund um den natürlichen Zahn in den Zahntaschen bewegen, auch um ein Implantat auftreten. Das alles spricht für die absolute Notwendigkeit der regelmäßigen Nachsorge von Implantatpatienten. Als Therapie wurde eine Kombination aus mechanischer Debridementbeseitigung, Antibiotika und Antiseptika empfohlen.
Neues rund um das Hartgewebe
Hochkarätig und interessant waren die Einblicke in die aktuelle wissenschaftliche Forschung über die verschiedenen Wachstumsfaktoren für die Knochen- und Weichgeweberegeneration. Vorgestellt wurden die Fortschritte in der allgemeinen regenerativen Medizin, beispielsweise die aktuellen Resultate wissenschaftlicher Untersuchungen mit PDGF (Platelet-derived growth factor), einer Familie von vier Wachstumsfaktoren. Im Bereich der Membranen verspricht der Blick in die Zukunft Materialien, welche die Knochen- wie auch die Weichgewebsregeneration anregen können.
Auf großes Interesses stieß das Thema allogene Knochenblöcke. Klinische Untersuchungen zeigen eine gute Adaption der allogenen Knochenblöcke, wenn das Material sachgemäß verwendet und die optimale Operationstechnik angewandt wird. Die Prognose für die Zukunft lautet: Komplizierte Splittechniken können vermieden und in vielen Fällen eine erfolgreichen Alternative zum heutigen Goldstandard Beckenkammtransplantation angeboten werden.
Sicherer zur Ästhetik
Eine große Herausforderung ist die Ästhetik im Frontzahnbereich, speziell des Weichgewebes. Deshalb ging es um die Risikofaktoren in dieser Region. Deutlich wurde, dass überwiegend die Fallplanung über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Ein wichtiger Aspekt in der Planungsphase ist zum Beispiel die Bestimmung des individuellen Biotyps hinsichtlich der Weich- und Hartgewebestruktur des Patienten. Von den individuellen Bedingungen des Patienten hängen zahlreiche Entscheidungen ab, wie die Wahl der Methode für den Knochenaufbau, die Maßnahmen für die Weichgewebschirurgie und ein ein- oder zweizeitiges Vorgehen.
Wenn es um die Sofortimplantation als Prävention geht, dann muss in ausgewählten Situationen noch einmal umgedacht werden. Aufgezeigt wurden die Möglichkeiten für die Wahrung und Wiederherstellung der faszialen Knochenlamelle. In diesem Bereich ist präventiv noch Einiges möglich, jedoch benötigt der Operateur viel Routine.
Rund um das Mainpodium
Zum ersten Mal fanden am Donnerstagabend Table Clinics statt. Über den gesamten Kongresszeitraum zeigte eine Ausstellung Posterpräsentationen. Hieran hatten sich auch deutsche Implantologen und Zahntechniker beteiligt. Die besten Präsentationen prämierte die Jury der DGOI. Die Preisträger dürfen sich auf die Teilnahme am nächsten Wintersymposium in Zürs freuen. Den Jungen Implantologen gab die DGOI am Samstagmorgen ein Forum. Großen Zuspruch fand auch das Podium für die Fachassistenz mit rund 40 Teilnehmerinnen, die den ersten Teil des 8. Curriculum Implantologische Fachassistenz „2+1“ absolvierten.
Annähernd 80 Dentalunternehmen waren in der Ausstellungshalle anzutreffen. In den Pausen war es der ideale Ort für fachliche und kollegiale Gespräche. Am Freitagabend feierten zahlreiche Teilnehmer auf dem Dreimaster Rickmer Rickmers – dem Wahrzeichen des Hamburger Hafens.
Fazit und Ausblick
„Es war der bisher erfolgreichste Kongress der DGOI“, so Dr. Georg Bayer, Präsident der DGOI und weiter: „Wir wollen den positiven Zuspruch nutzen und bis zum nächsten Kongress vom 15. bis 17. September 2011 in München das 2000ste Mitglied in Deutschland begrüßen.“
Die Referenten des Mainpodiums: Dr. Erika Benavides, USA; Dr. Stefan Beuer, Passau; Prof. Dr. Hugo De Bruyn, Belgien; Dr. Pablo Galindo-Moreno, Spanien; Dr. Scott Ganz, USA; Dr. Ricardo Gapski, Brasilien; Dr. William Giannobile, USA; Dr. Henry Greenwell, USA; Dr. Gintaras Juodzbalys, Littauen; Dr. Niklaus Lang, Schweiz; Dr. Mauricio Marincola, Italien; Dr. Carl Misch, USA; Prof. Dr. Georg-H. Nentwig, Frankfurt a.M.; Dr. Zeev Ormianer, Israel; Prof. (NYU) Ady Palti, Baden-Baden; Dr. Michael Reddy, USA; Dr. Mario Rodriguez, Mexiko; Dr. Maurice Salama, USA; Dr. Markus Schlee, Forchheim; Dr. Dong-Seok Sohn, Korea; Dr. Marius Steigmann, Neckargemünd; Prof. Dr. Tolga Tozum, Türkei; Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner, Mainz; Dr. Hom-Lay Wang, USA; Dr. Paul Weigl, Frankfurt a.M.; Dr. Michael Weiss, Ulm; Dr. Shih-Cheng Wen, RC; Dr. Natalie Wong, Kanada; Prof. Dr. Murat Yildirim, Aachen.